Holzwirtschaft | w.news 06.2016
06.2016 | Wirtschaftsmagazin der IHK Heilbronn-Franken. Themen: • Holzwirtschaft • Bildungsmessen • Advertorial B4B Themenmagazin
06.2016 | Wirtschaftsmagazin der IHK Heilbronn-Franken. Themen: • Holzwirtschaft • Bildungsmessen • Advertorial B4B Themenmagazin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
R E C H T + R AT<br />
Die Reform der Anfechtungsvorschriften<br />
soll unter anderem für eine Entlastung<br />
des Wirtschaftsverkehrs vor unverhältnismäßigen<br />
und unkalkulierbaren Risiken<br />
aus der Vorsatzanfechtung sorgen.<br />
Insbesondere bei Gewährung von Zahlungserleichterungen<br />
an später insolvente<br />
Kunden und Erhalt einer Zahlung<br />
kurz nach der Leistung soll sich die<br />
Situa tion für die leistenden Unternehmen<br />
verbessern. Die für die Vorsatz -<br />
anfechtung wichtigsten Eckpunkte der<br />
Reform sind die Folgenden:<br />
æ Die Anfechtungsfrist wird auf grundsätzlich<br />
vier Jahre – statt bisher zehn<br />
Jahre – reduziert.<br />
æ Bei gewöhnlichen und unverdächtigen<br />
Zahlungen werden die Anforderungen<br />
im Hinblick auf die vom Insolvenzverwalter<br />
nachzuweisenden Kenntnisse<br />
der Beteiligten von der Liquiditätslage<br />
erhöht.<br />
æ Die Vereinbarung von Ratenzahlungsvereinbarungen<br />
und sonstigen Zahlungserleichterungen<br />
führt nicht grundsätzlich<br />
dazu, dass hieraus die schädlichen<br />
Kenntnisse desjenigen hergeleitet<br />
werden können, der zuvor die<br />
Zahlungserleichterung gewährt hat.<br />
æ Die bestehende Privilegierung bei unmittelbarem<br />
Austausch von Leistungen<br />
an späteren Insolvenzschuldner<br />
einerseits und dessen Zahlungen hierauf<br />
an den Lieferanten anderseits wird<br />
gesetzlich normiert und ausgebaut.<br />
æ In den verbleibenden Fällen wird die<br />
Verzinsungspflicht für zu erstattende<br />
Zahlungen eingeschränkt.<br />
Die Reform wird die Anfechtungsmöglichkeiten<br />
der Insolvenzverwalter<br />
zwar einschränken und die Risiken<br />
reduzieren. Allerdings werden nicht alle<br />
als problematisch erachteten Fälle gelöst<br />
und die Auslegung der Neuregelungen<br />
durch den Bundesgerichtshof ist noch<br />
offen. Die Rechtsunsicherheit für die<br />
Betroffenen wird somit durch die Reform<br />
nicht vollständig beseitigt.<br />
Risikominimierung weiter ratsam<br />
Von der für leistende Unternehmen<br />
positiven Reform werden nur solche Fälle<br />
erfasst, bei denen das Insolvenzverfahren<br />
nach ihrem Inkrafttreten eröffnet wird.<br />
Auch sind die Auswirkungen der Reform<br />
”Sind beim<br />
Kunden erste<br />
Krisenanzeichen<br />
ersichtlich,<br />
ist ein straffes<br />
Forderungs -<br />
management<br />
erforderlich.<br />
“<br />
im Einzelnen noch unklar. Warenkreditversicherer<br />
bieten ihren Kunden seit einiger<br />
Zeit spezielle Anfechtungsversicherungen<br />
an, die für Lieferanten sinnvoll<br />
sein können. Allerdings ist der Schutz<br />
für den Warenlieferanten mit zusätzlichen<br />
Kosten verbunden; auch sind nicht<br />
alle Risiken versicherbar.<br />
Alle leistenden Unternehmen sind da -<br />
her gut beraten, die aktuell bestehenden<br />
Möglichkeiten zur Risikominimierung<br />
durch eine rechtzeitige und vorsorgende<br />
Gestaltung zu nutzen. Bereits vor<br />
einer wirtschaftlichen Krise des Kunden<br />
sollte die Möglichkeiten einer wirksamen<br />
Besicherung von Forderungen<br />
durch die üblichen Sicherungsrechte wie<br />
den einfachen Eigentumsvorbehalt genutzt<br />
werden. Sind beim Kunden erste<br />
Krisenanzeichen ersichtlich, ist ein straffes<br />
Forderungsmanagement erforderlich<br />
und muss durchgehalten werden. Insbesondere<br />
wenn es neben Anfragen zu<br />
Ratenzahlungen oder Stundungen weitere<br />
Hinweise auf Liquiditätsprobleme<br />
gibt, ist auch künftig Vorsicht geboten.<br />
Die Vereinbarung von Vorkasse oder<br />
kurzen Zahlungszielen mit geeigneten<br />
Tilgungsbestimmungen bezüglich der<br />
neuen Lieferungen oder Leistungen können<br />
zusätzliche Sicherheit bringen. Wenn<br />
der Kunde sich erkennbar in einem fortgeschrittenen<br />
und länger andauernden<br />
Krisenstadium befindet und die Geschäftsbeziehung<br />
dennoch fortgesetzt werden<br />
soll, kann die Vorlage eines Sanierungsgutachtens<br />
helfen. Von Finanzierern wird<br />
ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept<br />
für die Bereitstellung finanzieller<br />
Mittel in einer Sanierungsphase ohnehin<br />
regelmäßig gefordert.<br />
DIE AUTOREN<br />
Karsten Kiesel ist Rechtsanwalt bei der<br />
Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft<br />
in Stuttgart und berät Unternehmen<br />
unter anderem bei der Vermeidung und Abwehr<br />
von Insolvenzanfechtungsansprüchen.<br />
Dr. Dietmar Haffa ist Rechtsanwalt, Fachanwalt<br />
für Insolvenzrecht, Dipl.-Betriebswirt (BA)<br />
und Insolvenzverwalter bei Schultze & Braun<br />
an den Standorten in Heilbronn und Stuttgart.<br />
62 w.<strong>news</strong> JUNI 2016