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Fritz + Fränzi

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Erziehung & Schule<br />

Kristina Calvert:<br />

«Ich möchte<br />

Kinder ein<br />

Stück weit<br />

erschüttern.»<br />

>>> Welche Themen besprechen<br />

Sie denn mit Kindern?<br />

Ich orientiere mich dabei an den vier<br />

Fragen, mit denen Kant die Philosophie<br />

definiert: Was kann ich wissen?<br />

Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?<br />

Was ist der Mensch? Ich stelle<br />

den Kindern auch sehr abstrakte<br />

Fragen wie «Was ist Glück?». So<br />

etwas interessiert schon die ganz<br />

Kleinen. Die Jüngsten, mit denen ich<br />

philosophiere, sind viereinhalb Jahre<br />

alt. Die beschäftigen sich zum<br />

Beispiel auch gerne mit der Frage<br />

nach dem Tod und dem, was nach<br />

dem Tod kommt. Ähnlich interessante<br />

Themen sind Angst, Mut oder<br />

Tapferkeit.<br />

Ist das nicht ein bisschen schwere<br />

Kost?<br />

Das sind die Fragen, die die Kinder<br />

interessieren. Darüber denkt ein<br />

Kind im Alter von fünf, sechs Jahren<br />

nach. Und wenn es niemanden hat,<br />

der mit ihm gemeinsam darüber<br />

nachdenkt, dann belässt man es in<br />

einem engen Raum. Philosophieren<br />

ermöglicht es dem Kind, da ein Stück<br />

weit herauszukommen und sich auszudrücken.<br />

Philosophieren hilft ihm,<br />

mündig zu werden und die Welt zu<br />

verstehen. Es stellt fest, was es alles<br />

kann, wenn es alles, was es im Kopf<br />

hat, einsetzen und entwickeln kann.<br />

Wirkt das Philosophieren auch über<br />

Ihre Philosophiestunde hinaus?<br />

Auf jeden Fall. Ich möchte die Kinder<br />

ein Stück weit erschüttern in<br />

dem, was sie als vermeintlich sicher<br />

annehmen. Es ist ungeheuer wichtig,<br />

dass die Personen, die sich mit Bildung<br />

beschäftigen, nicht einfach<br />

Traditionswissen an die Kinder herantragen.<br />

Sie sollten ihnen stattdessen<br />

lieber Sicherheit in Beziehungen<br />

geben, sodass sich ein Kind traut,<br />

Fragen zu stellen und Wege zu finden,<br />

diese Fragen für sich fruchtbar<br />

zu machen.<br />

Kann man auch ohne Ausbildung mit<br />

Kindern philosophieren?<br />

Unbedingt! Fangen Sie mit einmal<br />

die Woche für zehn Minuten an. Eine<br />

«Philosophieren<br />

hilft Kindern, die<br />

Welt zu verstehen.»<br />

grosse offene Frage als Impuls formulieren<br />

und sich dann aufs Zuhören<br />

einstellen. Gut ist es auch, ein<br />

Phänomen und gleich eine Frage<br />

mitzunehmen. Zum Beispiel einen<br />

Stein hinzulegen und zu fragen:<br />

Können Steine glücklich sein? Als<br />

70 November <strong>2016</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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