SchlossMagazin Fuenfseenland November 2016
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18 | region | Kreativtour<br />
Wertstoff- und Recyclinghöfe oder Asylunterkünfte für die Kunst und Kultur. Sie ist<br />
immer wieder auf der Suche nach neuen Räumen, Räumen, die sonst für die Kunst<br />
verschlossen sind, aber oft hohen Reiz haben. Ihre Aktivitäten haben somit auch einen<br />
ganz starken soziokulturellen Aspekt.<br />
Film- und Jazzfeste, Wochen der klassischen Musik, Kunstausstellungen, Ateliertage.<br />
Für die Fünfseenregion ist die vielfältige Arbeit der Kulturschaffenden ein ungemeiner<br />
Imagegewinn, der sich nur schwer in absoluten Zahlen ausdrücken lässt. „Jede<br />
Gemeinde kann sich glücklich schätzen, wenn es solche Aktivitäten gibt. Das hat dann<br />
eine ganz andere Außenwirkung als eine neue Ampel oder ein neuer Zebrastreifen",<br />
war sich der Leiter des Fünf Seen Filmfestivals, Matthias Helwig, sicher. Die Attraktivität<br />
einer Region steige durch das kulturelle Angebot vor Ort. Und Unternehmen tun<br />
sich dann viel leichter, Mitarbeiter anzulocken“, betonte Helwig weiter, machte aber<br />
auch deutlich, wie schwer es für Veranstalter immer wieder ist, von den Gemeinden<br />
die entsprechende Förderung zu erhalten.<br />
Daniela Tewes von der Gesellschaft zur Förderung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung<br />
im Landkreis Starnberg (gfw) ergänzte: „Kultur und Kreative wirken<br />
wie Magnete. Sie machen einen Ort erst richtig attraktiv.“ Es sei eine unheimliche<br />
Leistung, dass die gesamte so genannte „Guckbranche" sich mittlerweile zu<br />
einem wichtigen Standortfaktor entwickelt habe. Sie sei aber ähnlich wie die „schöne<br />
Landschaft und Natur“ nur ein weicher Standortfaktor. „Wo Kreative leben und<br />
wirken herrscht eine andere Willkommenskultur. Da siedeln sich dann auch gerne<br />
Start-Up-Unternehmen an“, betonte Tewes.<br />
Matthias Helwig steht für ein mittlerweile auch weit über die Grenzen der Region in der<br />
Branche und beim Publikum viel beachtetes Filmfestival. Vor zehn Jahren startete er<br />
dieses ehrgeizige Projekt, das heute mit einem Etat von rund 260.000.- Euro und fast<br />
20.000 Besuchern zum nicht unbedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden ist. „Nicht nur<br />
wir beschäftigen Personal. Von uns profitiert auch die lokale Gastronomie, Hotellerie<br />
und der Einzelhandel“, erläutert Helwig. So ein Festival sei allerdings kein Selbstläufer:<br />
„Es ist immer wieder eine große Herausforderung, ein harter Job, Publikum anzulocken.“<br />
Auch wenn die direkte Wirkung kultureller Aktivitäten nur schwer messbar ist, so<br />
belegt eine aktuelle Studie ihre steigende Bedeutung. Für die Metropolregion München<br />
legte Jürgen Enninger vom Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft jetzt<br />
aktuelle Zahlen vor. Danach habe diese sehr kleinteilige und vielfältige Branche, zu<br />
der auch die Film-, Musik-, Rundfunk und Werbewirtschaft sowie die Software- und<br />
Gameindustrie zähle, in der Region mittlerweile eine herausragende Bedeutung. So<br />
seien in diesem Sektor bereits mehr Menschen tätig als beispielsweise im Tourismus,<br />
Maschinenbau oder im Finanzgewerbe. Fast 190.000 Beschäftigte zählte die Branche<br />
2014. Sie setzten im Kernbereich schätzungsweise 22,8 Milliarden Euro um. Die Zahlen<br />
dürften aber nicht über die finanzielle Situation vieler einzelner Akteure hinwegtäuschen.<br />
„Immer noch werden Kreative viel zu oft mit einem ‚Kannst du nicht mal<br />
kurz‘ regelrecht ausgenutzt. Gefälligkeiten bringen aber auf Dauer keine Sicherung<br />
der Existenz“, hob Enniger hervor. Die Einkommenssituation mit einem Jahresumsatz<br />
von weniger als 17.500.- Euro lege nahe, dass der Haupterwerb der Mini-Selbständigen<br />
in anderen Bereichen stattfinden muss. Enninger sprach von einem oft schwierigen<br />
Spagat, der von Künstlern und Kreativen ein besonderes Maß an Kraft, Durchhaltevermögen,<br />
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erfordere. #<br />
Link zum Film www.gfw-starnberg.de/aktuelles/