Cruiser im Dezember 2016 (Doppelnummer Winter)
Cruiser in GOLD! Aber nicht nur das Cover ist hübsch, auch der Inhalt! Alles rund ums Reisen, LGBT Gruppen in Osteuropa und: Warum sind wir eigentlich schwul?
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6<br />
Thema<br />
WARUM SIND WIR SCHWUL?<br />
In antiken Schriften der Griechen war Homosexualität absolut normal.<br />
Später dann wurden Gays das 3. Geschlecht.<br />
Laysan-Albatrossen auf Oahu, der Hauptinsel<br />
Hawaiis, dass ein Drittel der Paare aus<br />
zwei weiblichen Vögeln bestand. Insgesamt<br />
geht man davon aus, dass Homosexualität<br />
bei rund zehn Prozent der Tiere vorkomme,<br />
so Pascale Wapf, Veterinärmedizinerin des<br />
Zürcher Zoos, in dem auch Führungen zum<br />
Thema «Homosexualität <strong>im</strong> Tierreich» angeboten<br />
werden (siehe www.watson.ch vom<br />
7. Juni 2015).<br />
Sex zum Spass, statt zur Arterhaltung<br />
Sollte die weit verbreitete Homosexualität<br />
<strong>im</strong> Tierreich die Haltung früherer Mediziner<br />
und heutiger religiöser Fundamentalisten<br />
nicht eindeutig widerlegen, die gleichgeschlechtliches<br />
Begehren als unnatürlich<br />
verurteilten beziehungsweise das <strong>im</strong>mer<br />
noch tun? Andererseits drängt sich die Frage<br />
auf, warum die Natur homosexuelles<br />
Verhalten hervorbringt, und welchen Sinn<br />
es aus evolutionärer Sicht machen kann.<br />
Nach Charles Darwin ist die Evolution ein<br />
reiner Kampf ums Dasein, der sich vor allem<br />
<strong>im</strong> Drang zur Fortpflanzung manifestiert.<br />
Sexualität dient nach seiner Auffassung<br />
lediglich der Arterhaltung durch<br />
Weitergabe der Gene an die Nachkommen.<br />
Dass sich best<strong>im</strong>mte Spielarten der Sexualität<br />
nur entwickeln, weil sie Spass machen,<br />
war für ihn <strong>im</strong> Kontext der Sexualethik des<br />
Viktorianischen Zeitalters undenkbar. Homosexuelle,<br />
die ja nicht unmittelbar zum<br />
CRUISER <strong>Winter</strong> <strong>2016</strong> | 2017<br />
Fortbestand der menschlichen Spezies beitragen,<br />
verhalten sich also gewissermassen<br />
antidarwinistisch. Wenn Homosexualität<br />
durch fehlende Nachkommenschaft aber<br />
nicht weiter vererbt werden kann, warum<br />
hat sie dann Bestand und verschwand nicht<br />
einfach <strong>im</strong> Lauf der Evolution?<br />
Wenn Homosexualität<br />
widernatürlich wäre,<br />
warum ist sie dann<br />
nicht ausgestorben?<br />
Diese Frage führte Wissenschaftlicher<br />
jahrzehntelang zu der Annahme, dass sie<br />
nur erworben sein kann und demzufolge<br />
auch veränderbar, also therapierbar sein<br />
muss. Schon in einer antiken griechischen<br />
Schrift heisst es, dass die gleichgeschlechtliche<br />
Neigung entstehe, wenn sich der pubertierende<br />
Knabe an die <strong>im</strong> alten Griechenland<br />
durchaus gängige Praxis des passiven<br />
Geschlechtsverkehrs gewöhne. In späteren<br />
Jahrhunderten versuchte man, den «unnatürlichen<br />
Trieb» mit zu häufigem Masturbieren<br />
oder dem Verabreichen von Klistieren<br />
in der Kindheit zu erklären. Sigmund<br />
Freud schliesslich, der Begründer der Psychoanalyse,<br />
machte zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
eine zu enge Mutterbindung für<br />
ausschliesslich homosexuelles Empfinden<br />
verantwortlich. Im Gegensatz zu früheren<br />
Erklärungsversuchen sah Freud Homosexualität<br />
allerdings durchaus als eine natürliche<br />
Variante menschlicher Sexualität an,<br />
die aufgrund der grundsätzlich bisexuellen<br />
Veranlagung eines jeden Menschen auch<br />
gewählt werden kann und nicht zwangsläufig<br />
therapiert werden muss. 1864 hatte<br />
bereits der deutsche Jurist Karl Heinrich<br />
Ulrichs eine Theorie veröffentlicht, in der er<br />
den Schwulen als «Urning» bezeichnete<br />
und vermutete, dass dieser Mensch zwar <strong>im</strong><br />
Körper eines Mannes geboren sei, aber eine<br />
weibliche Seele habe. Er ging also von einer<br />
Art «drittem Geschlecht» neben Mann und<br />
Frau und einem angeborenen gleichgeschlechtlichen<br />
Begehren aus, womit er vor<br />
allem homosexuelle Handlungen entkr<strong>im</strong>inalisieren<br />
wollte. Diesen Ansatz nahm der<br />
deutsche Sexualforscher Magnus Hirschfeld<br />
auf, der in seinem 1919 in Berlin gegründeten<br />
Institut für Sexualwissenschaft<br />
vor allem über die Ursachen der Männerliebe<br />
forschte und sich ebenfalls für deren<br />
Straffreiheit einsetzte. Mit der Machtergreifung<br />
der Nationalsozialisten wurden<br />
seine Bemühungen allerdings um Jahrzehnte<br />
zurückgeworfen. Nach dem Ende<br />
der Diktatur sollte es noch mehr als zwei<br />
Jahrzehnte dauern, bis der von den Nazis