FLUG REVUE 01/2017
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Fotos: Airbus, Steinke (6)<br />
bis zwei Monaten ist das Kritischste.“<br />
Bei diesen Hochgeschwindigkeitstests<br />
erfliegt die A350 im Sturzflug ihre absolute<br />
Maximalgeschwindigkeit, direkt an<br />
der Bruchgrenze. Danach muss das Flugzeug<br />
erst mal zur Strukturinspektion.<br />
„Wir machen das schrittweise bei vier<br />
bis sechs Flügen. Wir sind keine Cowboys.<br />
Wir gehen so langsam vor, dass bei<br />
den schwierigen Themen eigentlich<br />
nichts Unerwartetes mehr passiert“, sagt<br />
du Ché. „Überraschungen kommen dann<br />
eher aus den Bereichen, aus denen man<br />
sie nicht mehr erwartet hat, das lehrt jedenfalls<br />
die Erfahrung.“<br />
BODENSTATIONEN AUCH<br />
IN BREMEN UND HAMBURG<br />
Damit während der Testflüge schon<br />
kleinste Abweichungen sofort bemerkt<br />
werden, misst MSN059 ständig 600 000<br />
Flugdaten, die an 3300 Messpunkten, zu<br />
denen 120 Kilometer Kabel an Bord verlegt<br />
wurden, gewonnen werden. Bis zu<br />
15 Videokameras zeigen auch den Telemetrieräumen<br />
in Toulouse, Bremen,<br />
Hamburg und Filton in Echtzeit die Lage<br />
an Bord. Durchschnittlich 100 Mbit Daten<br />
pro Sekunde überträgt das Testflugzeug<br />
an den Boden.<br />
Bis zu drei Flugtestingenieure und<br />
höchstens zwei Triebwerksspezialisten<br />
sind in der Kabine. Sie können hier alle<br />
Cockpitanzeigen, Systemdaten und Aufzeichnungen<br />
abrufen. Auf Knopfdruck<br />
können außerdem 60 jeweils vorbereitete<br />
Testszenarien ausgelöst werden. Dabei<br />
greifen die Ingenieure tief in die<br />
Bordcomputer des Flugzeugs ein, etwa<br />
um gezielt Schwingungen einzuleiten,<br />
welche die Flugzeugstruktur anschließend<br />
dämpfen muss. Hinter der Ingenieurstation<br />
befinden sich die typischen<br />
Ballasttank-Fässer mit zehn Tonnen<br />
Wasser-Glykol-Gemisch. Durch Umpumpen<br />
kann man die Schwerpunktlage<br />
in nur vier Minuten um bis zu zehn Prozent<br />
verändern, was sich direkt auf die<br />
Flugeigenschaften auswirkt. Ganz hinten,<br />
im Heck der kargen, unverkleideten<br />
Kabine lassen sich bei Bedarf auch noch<br />
51 Passagiersitze einbauen. Hier können<br />
Techniker mitfliegen, wenn der Prototyp<br />
auf entlegenen Außenstationen betreut<br />
werden soll.<br />
Nach vier Stunden und 18 Minuten<br />
schwebt die A350-1000 wieder in Toulouse<br />
ein und landet sanft. „Wir haben<br />
alle Ziele erreicht. Das wird ein großartiges<br />
Flugzeug!“, sagt Testpilot Hugues<br />
van der Stichel direkt nach dem Flug.<br />
Airbus-Chef Fabrice Brégier klingt kämpferischer:<br />
„Die A350-1000 hat die Boeing<br />
777-300ER gekillt. Boeing musste<br />
die 777-9 starten, schon lange vor unserem<br />
Erstflug. Mehr Sitze hat die 777-9<br />
nur, damit sie bei den Kosten pro Sitz<br />
wettbewerbsfähig ist, nicht weil der<br />
Markt diese Sitze nachfragt. Was wir<br />
wollten, haben wir erreicht.“<br />
In der zweiten Jahreshälfte 2<strong>01</strong>7 soll<br />
Qatar Airways die erste A350-1000<br />
übernehmen. Sie ist der größte Kunde<br />
mit Bestellungen für 37 Flugzeuge. Airbus<br />
hat bisher 195 A350-1000 an elf<br />
Kunden verkauft.<br />
FR<br />
Airbus A350-1000<br />
Zweistrahliges Langstrecken-Verkehrsflugzeug<br />
für 366 Passagiere bei Dreiklassenbestuhlung<br />
oder maximal 440<br />
• Länge: 73,78 m, Höhe: 17,08 m,<br />
Spannweite: 64,75 m<br />
• Rumpfverlängerung: 6 Spante vorne,<br />
5 Spante hinten; Hauptfahrwerk mit<br />
je sechs Rädern, vertiefte Flügelhinterkante,<br />
verstärkte Struktur<br />
• Triebwerke Rolls-Royce Trent XWB-<br />
97; höherer Luftdurchsatz, adaptives<br />
Kühlsystem für die Startphase<br />
• Leermasse: 220 t, max. Startmasse:<br />
308 t, Reichweite: 14 800 km<br />
• Listenpreis: 355,7 Mio. Dollar<br />
Testflugzeug MSN059<br />
Schwere Testausrüstung. Testumfang: 600 Flugstunden.<br />
Erstflug, Erschließung des Flugbereichs,<br />
Festlegung der Konfiguration, Systemtests,<br />
Triebwerkstests, Modifikationstests nach der<br />
Zulassung<br />
Testflugzeug MSN071<br />
Schwere Testausrüstung. Testumfang: 500 Flugstunden.<br />
Leistungstests, Systemtests, Triebwerkstests,<br />
Kältetests, Höhentests, Hitzetests<br />
Testflugzeug MSN065<br />
Leichte Testausrüstung. Testumfang: 500 Flugstunden.<br />
Kabinenentwick lung und Zulassung,<br />
ETOPS-Zulassung, Streckenflugerprobung,<br />
Lärmtests<br />
Im Netz<br />
http://www.a350xwb.com<br />
Messstreifen auf der<br />
Außenhaut melden Daten<br />
an die Bordcomputer.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 39