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SPORTaktiv Februar 2017

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EISKLETTERN<br />

Annäherung ans Eis im größten Eiskletterpark Österreichs. Mit professioneller Unterstützung und jeder Menge Equipment.<br />

nadischen Eispark, in dem vom Anfänger<br />

bis zum Profi alles unterwegs<br />

war. In Osttirol begannen sie 2015 mit<br />

dem Planen, dem Überspringen bürokratischer<br />

Bewilligungshürden, dem<br />

Anzapfen von EU-Fördergeldern, der<br />

Gründung eines eigenen Betreibervereins<br />

(Bergsport Osttirol) – und letztlich<br />

der Umsetzung.<br />

Eine halbe Stunde Fußmarsch<br />

vom Matreier Tauernhaus einen<br />

Forstweg entlang braucht es, um den<br />

Eispark zu erreichen. Der einfache Zustieg<br />

ließ die Besucherfrequenz während<br />

der Saison zwischen Dezember<br />

und März schnell ansteigen.<br />

DER „PAMPERS-FAKTOR“<br />

Auf insgesamt gut 200 Metern Breite<br />

bauen sich heute in zwei Abschnitten<br />

bis zu 60 verschiedene Routen sämtlicher<br />

sieben Schwierigkeitsgrade auf.<br />

Für diese Kategorisierung sind Steilheit,<br />

Absicherbarkeit und Eisqualität<br />

maßgeblich. Ab WI (kurz für „WaterIce“)<br />

5 klettert man beispielsweise zu<br />

80 Prozent senkrecht und die Eisschrauben<br />

sind nicht mehr einwandfrei<br />

in die Wand zu setzen.<br />

Bei WI 7 wird es „moralisch“, sagt<br />

Wurzer. „Sehr schlechte Sicherungsmöglichkeiten,<br />

Grenze des Machbaren“,<br />

fällt dem Alpenverein in seiner<br />

Charakterisierung dazu ein. „Da<br />

kommt der Pampers-Faktor dazu“,<br />

sagt Wurzer. Und man braucht fundiertes<br />

Wissen und feinste Technik.<br />

TECHNIK UND KRAFT<br />

Fehlt beides, steckt man auch bei einer<br />

kurzen 4er-Passage schon hilflos<br />

fest. „Ausspreitzen! Gemma!“, kriecht<br />

Matthias Wurzers Anfeuerung die<br />

Wand herauf. Wenn das so einfach<br />

wäre. Für den Rookie gilt die alte Kletterweisheit:<br />

Fehlt die Technik, fehlt –<br />

schneller als einem lieb ist – auch die<br />

Kraft.<br />

Theoretisch klingt das ja alles<br />

recht einfach: Drei-Punkt-Stand, also<br />

immer drei der vier Eiszacken-„bewaffneten“<br />

Extremitäten fest im Eis verankern,<br />

schulterbreit stehen, 80 Prozent<br />

des Gewichts auf die Füße, Knie weg<br />

vom Eis, Fersen nach unten. Aus Schulter,<br />

Ellenbogen und dem Handgelenk<br />

heraus runde Schlagbewegungen im<br />

Radius des ergonomisch geformten Pickels,<br />

ihn am letzten Stück sich selbst<br />

ins Eis fressen lassen. Und mit einer<br />

leichten „Hoch-runter“-Bewegung wieder<br />

aus dem Eis lösen. Dabei aber nur ja<br />

nicht den Oberkörper verdrehen. Ja eh.<br />

Praktisch wird das Ganze zu einem<br />

handfesten Gerangel mit dem<br />

gefrorenen Element Wasser. Gefinkelterweise<br />

präsentiert es sich in seinen<br />

unterschiedlichsten Varianten:<br />

entweder weich, hart, „saftig“, unterspült,<br />

knollig, spröde oder trocken<br />

(bei permanentem Wind).<br />

BEGEGNUNG MIT STEVE HOUSE<br />

„Eis ist ein ,fluid medium‘“, versucht<br />

Steve House eine Erklärung der Faszination<br />

und Schönheit des Mediums<br />

Eis. Steve ist eine Ikone der Szene.<br />

Reinhold Messner adelte House nach<br />

dessen Durchsteigung der Rupalwand<br />

am Nanga Parbat (8.125 Meter)<br />

– einer 4.500 Meter hohen Steilwand<br />

aus Fels, Eis, Schnee – als „besten Höhenbergsteiger<br />

der Gegenwart“. Das<br />

war 2005. 2010 stürzte House am<br />

Mount Temple in den kanadischen<br />

Rockies 25 Meter ab. Kollaps des rechten<br />

Lungenflügels, doppelter Beckenbruch,<br />

sechs Rippen in 20 Stücke gebrochen,<br />

die Wirbelsäule an fünf<br />

Stellen angerissen.<br />

Heute sitzt House in der Stube des<br />

Matreier Tauernhauses, erzählt von<br />

Mentorenprojekten für junge Bergsteiger<br />

und schwärmt von der Osttiroler<br />

Bergwelt, die ihm zu einer zweiten<br />

Heimat geworden ist. Sieht man<br />

House zu, wie er die Eiswand elegant<br />

hinaufjagt, könnte man meinen, die<br />

Gesetze der Schwerkraft seien für einen<br />

Moment außer Kraft gesetzt.<br />

„Wenn es geht, ist es brutal geil – aber<br />

da muss alles passen“, beschreibt<br />

dann auch Matze Wurzer die Magie<br />

solcher Augenblicke in eisigen Höhen.<br />

FOTOS: Eisfestival/Riepler<br />

180<br />

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