Der Pilzfreund - Ausgabe 4
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Unter einem Hut<br />
Sobald man sich bei der Gattungserkennung sicher ist,<br />
kann man sich damit beschäftigen, wie man giftige von<br />
ungiftigen Champignons unterscheidet.<br />
Die häufigste giftige Art bei uns ist der Karbolegerling<br />
(Agaricus xanthodermus). Nach dieser Art sollte man gezielt<br />
auf die Suche gehen. Er kommt gerne in urbanen<br />
Bereichen vor, oft in Parks, Gärten, an Weg- und Straßenrändern.<br />
Es lohnt sich, diese Art zu kennen und einige<br />
Male bestimmt zu haben, da der Karbolegerling nicht nur<br />
sehr häufig, sondern auch in der Ausprägung seiner Merkmale<br />
sehr variabel ist.<br />
Es gibt eine Reihe weiterer Arten, die ebenfalls kritisch zu<br />
beurteilen oder sogar bekannt giftig sind. Allerdings sind<br />
diese Arten weitaus seltener – und alle giftigen Champignons<br />
teilen sich ein paar auffällige Merkmale:<br />
• Auffälliger Geruch nach Krankenhaus, Desinfektionsmittel,<br />
Wundpflaster, Apotheke, Karbol, Jod: Bei trockener<br />
Witterung kann dieser Geruch aber fast fehlen, ebenso<br />
bei kaltem Wetter oder alten Fruchtkörpern. Es gibt aber<br />
ein paar Tricks, um Pilzen ihre Gerüche zu entlocken. Bei<br />
Champignons sollte man mit dem Finger kräftig am Stiel<br />
reiben, idealerweise im unteren Stieldrittel. Das vergrößert<br />
die Oberfläche, führt gleichzeitig Wärme hinzu, auch<br />
vorheriges Anhauchen in der hohlen Hand kann nützlich<br />
sein (Wärme + Feuchtigkeit).<br />
• Schräg angeschnittene Stielbasis läuft innen gelb an:<br />
Auch diese Reaktion ist nicht immer gut zu beobachten,<br />
funktioniert aber gerade bei jungen, frischen Fruchtkörpern<br />
meist ganz gut.<br />
Im Zweifel lässt man lieber ein paar Pilze stehen, als eine<br />
Verwechslung zu riskieren.<br />
Die essbaren Champignons lassen sich in drei Gruppen<br />
einteilen:<br />
• Gilbende und zudem nach Marzipan riechende Arten<br />
• Rötende Arten (mit Geruch nach „Zuchtchampignon“)<br />
• Gar nicht verfärbende Arten (ebenfalls mit unbedeutendem<br />
Geruch nach „Zuchtchampignon“)<br />
Merkmale der ersten Gruppe sind mehr oder weniger gilbende<br />
Fruchtkörper in Kombination mit marzipanartigem<br />
Geruch (siehe „Tricks zum Gerüche entlocken“). Das Gilben<br />
(= Gelbfärbung der Fruchtkörper nach oberflächlicher Verletzung)<br />
muss nicht immer deutlich ausgeprägt sein oder<br />
kann sehr langsam auftreten. In dieser Gruppe gilben vor<br />
allem die Hut- und Stieloberflächen, auch die Stielbasis<br />
kann gilben aber nur außen, nicht im Schrägschnitt wie<br />
bei Karbolchampis. Und es muss immer der entsprechende<br />
Geruch dabei sein, damit man auf der sicheren Seite ist.<br />
Ist nur der Geruch deutlich, aber kein Gilben festzustellen,<br />
wäre man trotzdem in der Gruppe. Hat man es nur mit<br />
gilbenden, aber nicht eindeutig riechenden Fruchtkörpern<br />
zu tun, lässt man besser die Finger weg.<br />
Bekannteste Arten in dieser Gruppe sind der Riesenchampignon<br />
(Agaricus augustus), der Schafchampignon (Agaricus<br />
arvensis) und der Schiefknollige Anischampignon<br />
(Agaricus essettei). Schafchampignon und Schiefknolliger<br />
Anischampignon haben allerdings noch einige Nachbararten,<br />
die makroskopisch nicht zu unterscheiden sind.<br />
Das ist aber für den Speisewert irrelevant, auch wenn man<br />
Dünnfleischige Anischampignons (Agaricus sylvicola),<br />
Großsporige Anischampignons (Agaricus urinascens) oder<br />
Rundsporige Anischampignons (Agaricus osecanus / Agaricus<br />
nivescens) eingesammelt hat. Gilbende, nach Marzipan<br />
riechende Champignon-Arten reichern Schwermetalle<br />
an, darum sollte man nicht zu viel davon verzehren.<br />
Die zweite Gruppe zeichnet sich durch Fruchtkörper aus,<br />
deren Fleisch im Längsschnitt deutlich rot anläuft. Auch<br />
hier gibt es Arten mit recht unterschiedlichem Aussehen,<br />
aber das rot verfärbende Fleisch haben sie alle gemein.<br />
<strong>Der</strong> Zuchtchampignon (Agaricus bisporus), den man sowohl<br />
in Weiß als auch in Braun aus dem Supermarkt kennt,<br />
gehört dazu. Nur die Verfärbung ist meist nicht mehr zu<br />
beobachten, weil die Fruchtkörper schon zu lange vom<br />
Mycel getrennt waren. Hat man die Gelegenheit, entweder<br />
auf eine wildwachsende Kollektion zu stoßen oder eine eigene<br />
Zucht zu haben, kann man an frischen Exemplaren<br />
auch das Röten nachvollziehen.<br />
Ebenfalls recht bekannt sind die Arten aus der Gruppe um<br />
den Kleinen Waldchampignon (Agaricus sylvaticus), die<br />
noch stärker röten und geschuppte Hüte haben.<br />
Karbolegerling Foto: Brigitte Fiedler<br />
Riesenchampignon Foto: Christine Bininda<br />
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