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Der Pilzfreund - Ausgabe 4

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Mehr mit Pilzen<br />

möglich, dass es Zunderschwämme seit mehr als 3 Millionen Jahren auf<br />

der Erde gibt. Dass der Ötzi auch den Zunderschwamm dabei hatte, war<br />

natürlich kein Zufall. Es ist hinlänglich bekannt, dass bis zur Entwicklung<br />

der Streichhölzer vor ca. 180 Jahren Feuer am einfachsten mit Schlageisen<br />

und Zunder erzeugt werden konnte. Mit weich geschmiedetem<br />

Stahl, Feuerstein und Zunder schlug man Feuer und bewahrte die Glut.<br />

Man konnte in einem Gefäß glimmenden Zunder auch über einige Zeit<br />

lang transportieren. <strong>Der</strong> Begriff Zunder umfasst hierbei im Übrigen alle<br />

Arten von leicht entflammbaren Materialien, so z. B. auch präparierte<br />

Rohrkolbensamen. Nahezu alle prähistorischen Nachweise belegen jedoch<br />

den Zunderschwamm als häufigstes verwendetes Material. Bis in<br />

die heutige Zeit erhalten hat sich der uralte Brauch, mit brennenden Hudersauen<br />

das Osterfeuer von Ort zu Ort zu tragen.<br />

<strong>Der</strong> Zunderschwamm kommt in der gesamten nördlichen Halbkugel vor,<br />

also ostwärts über Russland bis in die Mongolei (auch Indien, Pakistan)<br />

und westwärts in Nordamerika. Da das hiesige Lieblingssubstrat<br />

vom Zunderschwamm die Buche ist, hat er hier ein sehr großes Areal.<br />

Als zweithäufigster Wirtsbaum gilt die Birke, die als schnellwüchsige<br />

Pionierpflanze jedoch deutlich kleinere Fruchtkörper aufweist als alte<br />

mächtige Buchenstämme. Seltener werden andere Laubholzarten wie<br />

Hasel, Kirsche und auch Walnuss besiedelt. Das gehäufte Auftreten von<br />

Zunderschwämmen in Waldgebieten gilt als gutes Zeichen für deren naturschutzfachlichen<br />

Wert. Er wird dort als Naturnähezeiger betrachtet<br />

und befällt als parasitisch lebender Pilz geschwächte Bäume. Nach dem<br />

Befall kann er noch eine ganze Weile als Saprobiont im befallenen Holz<br />

weiterleben und bis zu 30 Jahre alte Fruchtkörper bilden. Diese beginnen<br />

jung halbkugelig und entwickeln sich normalerweise konsolenförmig<br />

bis zu 10-30 (60) cm Durchmesser. In jeder Wachstumsphase werden<br />

neue Schubringe gebildet, pro Jahr zwischen zwei und drei. Fällt ein stehend<br />

abgestorbener Baum mitsamt seiner Fruchtkörper um, wachsen die<br />

Fruchtkörper in Richtung des Erdmittelpunktes weiter, was mitunter zu<br />

interessanten Formen führt. Wer Zunderschwämme an Nadelbäumen wie<br />

z. B. Fichten sucht und „findet“, hat vermutlich seinen Doppelgänger,<br />

den Rotrandporling in der Hand. Insbesondere alte Exemplare können<br />

äußerlich täuschend ähnlich aussehen, doch reicht bereits ein Schnitt<br />

durch die zähen Konsolen aus, um das rost- bis tabakbraune Gewebe des<br />

Zunderschwamms vom helleren des Rotrandporlings zu unterscheiden.<br />

Wer ein Feuerzeug dabei hat, kann im Zweifelsfall auch die Flammprobe<br />

auf der Hutoberseite machen. Beim Rotrandporling schmilzt die lackartige<br />

Außenschicht. Die Zunderschwämme erzeugen im Holz durch den<br />

Abbau von Ligninen übrigens eine Weißfäule, während der Rotrandporling<br />

nach dem Abbau von Zellulose eine Braunfäule verursacht.<br />

<strong>Der</strong> Zunderschwamm kann bis zu 30 Jahre alt<br />

werden und ist vielseitig einsetzbar.<br />

<strong>Der</strong> Rotrandporling ist ein „Doppelgänger“<br />

vom Zunderschwamm.<br />

<strong>Der</strong> Zunderschwamm ist also schon mindestens seit der Steinzeit ein<br />

wichtiger Zunderlieferant für die Menschen gewesen. Für die Nutzung<br />

muss man die frischen Pilze zunächst schälen. Die filzige Mittelschicht<br />

wird dann eingeweicht, gekocht, geklopft, einige Wochen in Urin eingelegt<br />

oder mit Salpeter behandelt und getrocknet. Das Resultat dieses<br />

aufwändigen Prozesses ist dann eine tabakbraune filzige Masse, die bei<br />

auftreffenden Eisenfunken zu glimmen beginnt. Dieser Prozess muss<br />

ebenfalls geübt werden, bei feuchtem Material und feuchter Witterung<br />

wird es sehr schwierig.<br />

Unbehandelter Zunder wurde zu “Wundschwamm” verarbeitet. Den<br />

Wundschwamm gab es bis ins 19. Jahrhundert in Apotheken als blutstillende<br />

Wundauflage zu kaufen. Da sich der geklopfte und getrocknete<br />

Vorbereitend für die Verarbeitung wird der<br />

Zunderschwamm zunächst geschält.<br />

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