stahlmarkt 12.2014 (Dezember)
Aus dem Inhalt: Steel International / Nachbericht Messe EuroBLECH / Lochbleche / Markieren & Kennzeichnen
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20 K Steel International<br />
Umtriebiger Investor setzt Einkaufstour<br />
in Europa fort<br />
Tata Steel verhandelt mit Garry Klesch über das europäische<br />
Langproduktegeschäft<br />
Mumbai (kibi). Die Tata Steel Group will ihre Kräfte bündeln und sich<br />
künftig auf die Erzeugung von Bandstahlprodukten konzentrieren. Mit dem<br />
US-Investor Garry Klesch ist möglicherweise schon ein Käufer für das zur<br />
Veräußerung bestimmte Langstahlgeschäft gefunden. Münden die<br />
exklusiven Verhandlungen in ein positives Ergebnis, könnte der Vertrag<br />
bereits in der ersten Jahreshälfte 2015 in trockenen Tüchern sein.<br />
im Schatzministerium. Nach einer kurzen<br />
Auszeit heuerte er anschließend bei Unternehmen<br />
an, die im Finanzgeschäft tätig<br />
waren.<br />
Im Jahr 1983 gründete Klesch sein erstes<br />
Unternehmen, die Quadrex Holdings, die<br />
zunächst als Investmentbank sehr erfolgreich<br />
war, dann aber nach dem Börsencrash<br />
im Jahr 1987 unterging.<br />
Der Gründer und Vorstandsvorsitzende<br />
der in der Schweiz angesiedelten Klesch<br />
Group macht sich bereits vor Ort ein genaues<br />
Bild von der Sparte Long Products Europe<br />
und dem dazugehörigen Vertrieb mit insgesamt<br />
6.500 Beschäftigten.<br />
Mitte Oktober hatte Tata Steel einer intensiven<br />
Buch- und Unternehmensprüfung so -<br />
wie Verkaufsverhandlungen zugestimmt.<br />
Diese Absichtserklärung betrifft mehrere<br />
britische Unternehmen, darunter das Stahlwerk<br />
Scunthorpe, Walzwerke in Teesside<br />
und Schottland, einen Fertigungsbetrieb in<br />
Workington, ein Bahnberatungsunternehmen<br />
in York sowie Niederlassungen in<br />
Frankreich und Deutschland. Tata Steel<br />
beschäftigt europaweit 30.500 Mitarbeiter,<br />
davon 17.500 in Großbritannien.<br />
Garry Klesch ist in der Industrie kein<br />
Un bekannter. Seit Jahren kauft der 1947<br />
geborene Investor Unternehmen wie<br />
Aegon, Alcan, Deutsche Telekom, Dynegy<br />
und Arkema kleinere Geschäftseinheiten ab,<br />
um diese langfristig in seinem Bestand zu<br />
halten. Seine Schweizer Holding tätigte<br />
1993 mit dem niederländischen Fahrzeughersteller<br />
DAF die erste Akquisition. Gegenwärtig<br />
ist Klesch auf die Produktion und den<br />
Handel von Metallen, Chemikalien und Öl<br />
spezialisiert. Das in Genf ansässige Unternehmen<br />
setzt mit über 2.000 Mitarbeitern in<br />
17 Ländern mehr als 5 Mrd. € pro Jahr um.<br />
Im Langstahlgeschäft kennt sich der agile<br />
Investor seit seinem 2013 erfolgten Einstieg<br />
beim italienischen Spezialstahlerzeuger Leali<br />
Steel bereits gut aus. Zu diesem Unternehmen<br />
gehören zwei Werke in Norditalien, die<br />
zusammen über eine Kapazität von 700.000 t<br />
verfügen, und eine Kaltwalzlinie in Odolo.<br />
Am Langproduktegeschäft von Tata Steel<br />
»<br />
Wir haben für diesen Prozess<br />
keine Killer-App. Wir machen<br />
aber viele kleine Schritte,<br />
die letztendlich die Performance<br />
verbessern.<br />
reizen den Investor vor allem die Spezialprofile.<br />
»Dieses Angebot passt sehr gut zu uns«,<br />
sagte Klesch. Durch eine noch intensivere<br />
Nähe zum Kunden will er den Service weiter<br />
verbessern und sich von den Wettbewerbern<br />
absetzen. Außerdem plant der Manager Einsparungen<br />
beim Einkauf von Eisenerz und<br />
Kokskohle.<br />
Seine berufliche Karriere startete Klesch<br />
mit einem Politikstudium an einer privaten<br />
Universität des Jesuitenordens in der Nähe<br />
seiner Heimatstadt Cleveland / Ohio. Nach<br />
der ersten Anstellung beim US-Broker Paine<br />
Webber arbeitete sich Klesch beim Investmentbanker<br />
McDonald & Company innerhalb<br />
von nur sechs Jahren zum Partner hoch.<br />
In den kommenden drei Jahren diente er der<br />
US-Regierung unter Präsident Gerald Ford<br />
Klein, aber fein<br />
Für Klesch gehört die Restrukturierung seiner<br />
Akquisitionen zum normalen Alltagsgeschäft.<br />
Der Jesuitenschüler ist nämlich überzeugt<br />
davon, dass er die Geschäfte künftig<br />
besser managen kann als ihre bisherigen<br />
Eigentümer. »Wenn Konzerne große Portfolios<br />
optimieren, vernachlässigen sie einzelne<br />
Bestandteile«, sagte Klesch. In dieser<br />
Ausgangslage sieht er seine Chance. Der<br />
Investor kümmert sich nicht um das große<br />
Ganze, sondern nur um einen kleinen Teil.<br />
Diesen Bereich schaut er sich isoliert an und<br />
schöpft das Verbesserungspotenzial aus.<br />
Branchenkenner bezeichnen ihn gerne als<br />
erfolgreichen Sanierer, der seinen Zukäufen<br />
zu neuem Glanz verhilft.<br />
Mit dem geplanten Kauf des Tata-<br />
Langstahlgeschäfts fühlt sich der US-Investor<br />
nicht ausgelastet. Aktuell verhandelt er<br />
mit fast allen großen Ölgesellschaften über<br />
weitere Raffinerien in Europa. Auch in diesem<br />
Bereich ist der Unternehmer sehr aktiv.<br />
Nachdem er Shell 2010 eine Erdölverarbeitung<br />
im holsteinischen Heide abgekauft<br />
hatte, erwarb er im Juli dieses Jahres von der<br />
US-Gesellschaft Murco Petroleum die he runtergewirtschaftete<br />
Raffinerie Milford Haven<br />
in Wales für einen sehr geringen Kaufpreis.<br />
Verhandlungen mit<br />
Ölgesellschaften<br />
Die Erfolgsaussichten für weitere Schnäppchen<br />
sind gut. Viele Erdölkonzerne klagen<br />
über eine nachlassende Nachfrage, Überka-<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>12.2014</strong>