11.12.2012 Aufrufe

Schmerztherapie 2/2007 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...

Schmerztherapie 2/2007 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...

Schmerztherapie 2/2007 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Onkologie/Palliativmedizin<br />

Begleiteffekte treten deutlich häufiger Übelkeit<br />

und Erbrechen auf [24]. Bei Patienten mit<br />

Leberzirrhose ist die Metabolisierung von Tramadol<br />

eingeschränkt, sodass sich die Eliminationshalbwertszeiten<br />

von Tramadol und<br />

des aktiven Metaboliten M1 etwa verdoppeln.<br />

Auch bei Niereninsuffizienz kann sich die Eliminationshalbwertszeit<br />

verlängern. Tramadol<br />

ist in Deutschland zusätzlich als fixe Kombination<br />

mit Paracetamol erhältlich.<br />

Opioide der WHO-Stufe III<br />

Statt bei starkem <strong>Schmerz</strong> grundsätzlich eine<br />

Opioidtherapie mit Standardmorphin zu beginnen,<br />

sollten heute individuelle Faktoren<br />

wie <strong>Schmerz</strong>charakter und -rhythmus sowie<br />

die begleitenden Komorbiditäten der einzelnen<br />

Patienten in den Mittelpunkt gerückt werden,<br />

bevor man sich für das eine oder andere<br />

Opioidanalgetikum entscheidet. In Tabelle 1<br />

14<br />

Tabelle 1: Dosierungen von Nichtopioid- und Opioidanalgetika<br />

sind Dosierungen ausgewählter Analgetika ,<br />

in Tabelle 2 Beispiele möglicher Differen-<br />

zialindikationen von Opioiden gegeben.<br />

Morphin galt lange als Goldstandard in<br />

der <strong>Therapie</strong> mit starken Opioiden der WHO-<br />

Stufe III. Inzwischen sind jedoch moderne<br />

Retardopioide mit deutlich besserer Galenik<br />

verfügbar. Sie sind analgetisch potenter, wirken<br />

weniger obstipierend und ihre Metaboliten<br />

kumulieren weniger oder gar nicht. In<br />

letzter Zeit mehren sich zudem die Hinweise<br />

auf eine immunsuppressive Wirkung von Morphin<br />

[17, 30, 36]. Morphin ist in zahlreichen<br />

retardierten Zubereitungen einsetzbar. Für<br />

Durchbruchschmerzen stehen sowohl schnell<br />

freisetzende Morphinsulfattabletten, als auch<br />

Morphinlösungen zur Verfügung. Bei der intravenösen<br />

Verabreichung gilt es, die relativ<br />

lange Transferzeit der Substanz in das ZNS<br />

zu beachten, da es dadurch zu einem ver-<br />

Wirkstoff Einzel-/Tagesdosis (mg) Wirkdauer (h)<br />

WHO-Stufe I Paracetamol 500–1000/6000 4–6<br />

Ibuprofen 200–800/2400 8<br />

Celecoxib 100–200/200–400 12<br />

Etoricoxib 60,90,120/120 24<br />

Parecoxib 40/80 12<br />

Metamizol 500–1000/6000 6<br />

Flupirtin 100/600 8–12<br />

WHO-Stufe II/III Tilidin/Naloxon retard 50–200/600 8–12<br />

Opioide oral Tramadol retard 50–300/600 8–12<br />

Morphin retard 10–500/individuell 8–12 (–24)<br />

Oxycodon retard 5, 10, 20 ,40, 80/individuell 8–12<br />

Oxycodon/Naloxon ret. 10, 20/derzeit 40 mg 8–12<br />

Hydromorphon retard 4, 8, 16, 24/individuell 8–12<br />

Hydromorphon retard 8, 16, 32, 64/individuell 12<br />

(osmotisches System)<br />

Buprenorphin s.l. 0,2–1,2/individuell 24<br />

L-Methadon 5–100/individuell 6–8–12 (variabel!)<br />

WHO-Stufe III Fentanyl-TTS Ab 0,3 (12,5 µg/h) individuell 72<br />

Opioide transdermal Buprenorphin-TTS Ab 0,84 (35 µg/h) individuell 96<br />

(TTS = Transdermales<br />

Pflastersystem)<br />

Tabelle 2: Beispiele einer differenzierten Opioidauswahl<br />

Symptom/Erkrankung Opioid<br />

Obstipation Fentanyl-TTS, Buprenorphin-TTS, Oxycodon/Naloxon<br />

Übelkeit, Erbrechen Fentanyl-TTS, Methadon<br />

Dysphagie<br />

(sondengängig)<br />

TTS, Morphingranulate (sondengängig), Hydromorphon<br />

Juckreiz „Trial and Error“ nach analgetischer Wirksamkeit<br />

Verwirrtheit, Schwindel Dosisreduktion, Oxycodon ± Naloxon, Tilidin/Naloxon<br />

Histaminliberation, Analgetikaasthma Dosisreduktion, Methadon<br />

Polymedikation Hochdosisbereich Hydromorphon, Fentanyl-TTS, Buprenorphin-TTS<br />

Niereninsuffizienz Tilidin/Naloxon, Buprenorphin, Hydromorphon<br />

Leberfunktionsstörung Fentanyl-TTS, Hydromorphon<br />

zögerten Auftreten potenziell gefährlicher<br />

Nebenwirkungen kommen kann [29].<br />

Oxycodon ist doppelt so stark wirksam<br />

wie Morphin. Aufgrund einer biphasischen<br />

Resorptionsgalenik kommt es zu einem raschen<br />

Wirkeintritt bei zugleich langer Wirkdauer<br />

von bis zu zwölf Stunden. Neuere Arbeiten<br />

legen nahe, dass Oxycodon anderen<br />

Opioiden bei viszeralen und neuropathischen<br />

<strong>Schmerz</strong>en überlegen zu sein scheint. Bei<br />

beiden <strong>Schmerz</strong>arten kommt es zu einer<br />

Hochregulation von κ-Opioidrezeptoren, zu<br />

denen Oxycodon eine hohe Affinität besitzt<br />

[25]. Oxycodon ist in zahlreichen Wirkstärken<br />

verfügbar, neuerdings auch in der Kombination<br />

mit dem Opioidantagonisten Naloxon, der<br />

peripher-prähepatisch an Opioidrezeptoren<br />

im Darm wirkt. Erste Studienergebnisse zeigen<br />

unter dem Kombinationspräparat eine<br />

signifikant geringere Obstipationstendenz bei<br />

gleicher analgetischer Wirkung [20].<br />

Hydromorphon<br />

Ähnlich wie Oxycodon zeichnet sich Hydromorphon<br />

durch eine hohe orale Bioverfügbarkeit<br />

aus (etwa 60%). Es ist etwa achtmal<br />

so stark wirksam wie Morphin. Hydromorphon<br />

hat bei multimorbiden Patienten unter<br />

Polymedikation entscheidende Vorteile, die<br />

auch im Hochdosisbereich erhalten bleiben:<br />

Die Metabolisierung erfolgt weitestgehend<br />

unabhängig vom Cytochrom-P450-Enzymsystem,<br />

dem Hauptkatalysator des Arzneistoffwechsels.<br />

Darüber hinaus trägt auch die sehr<br />

geringe Plasmaeiweißbindung dazu bei,<br />

Kumulation und Interaktion mit anderen Medikamenten<br />

zu vermeiden. Aktuelle Arbeiten<br />

deuten darauf hin, dass diese Vorteile insbesondere<br />

bei alten, multimorbiden Patienten<br />

zum Tragen kommen [16].<br />

Hydromorphon ist in verschiedenen Wirkstärken<br />

verfügbar, sowohl als zweimal täglich<br />

zu applizierende Retardkapsel als neuerdings<br />

auch als Langzeit-Retardtablette, die den Wirkstoff<br />

mittels eines neuen osmotischen Systems<br />

gleichmäßig über 24 Stunden freisetzt. Vorteile<br />

der zweimal zu applizierenden Retardkapsel<br />

sind einerseits, dass man die erforderliche<br />

Dosis dem individuellen Bedarf des Patienten<br />

im Tagesverlauf besser anpassen und andererseits<br />

die Kapsel bei schluckunfähigen Patienten<br />

aufbrechen und die darin erhaltenen<br />

Pellets ohne Verlust von Wirkung und Retardierung<br />

über eine Sonde verabreichen kann.<br />

Die neue 24-Stunden-Galenik hingegen bietet<br />

Patienten größtmögliche Unabhängigkeit. Für<br />

Durchbruchschmerzen steht schnell freisetzendes<br />

Hydromorphon in zwei verschiedenen<br />

Wirkstärken zur Verfügung.<br />

SCHMERZTHERAPIE Nr. 2/<strong>2007</strong> (23. Jg.)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!