Schmerztherapie 2/2007 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
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Kommentar<br />
werden, wäre es ein Gebot der Vernunft, bestehende<br />
Initiativen, gewachsene Strukturen<br />
wie auch Modellprojekte im Rahmen der integrierten<br />
Versorgung zu evaluieren, um die-<br />
se wertvollen Erfahrungen in der Ausgestaltung<br />
bundesweiter Strukturen zur speziellen<br />
ambulanten Palliativversorgung zu berücksichtigen!<br />
Ambulante Versorgung sektorenübergreifend<br />
Leider nimmt das Gesetzeswerk zu der Situation<br />
der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung<br />
keine Stellung, da sie, obwohl nicht<br />
existent, als gegeben vorausgesetzt wird. Dabei<br />
ist nur durch Überwindung der stark sektoralisierten<br />
Strukturen in der Regelversorgung,<br />
die mit zu der beklagten Fehl- und<br />
Unterversorgung für Schwerstkranke am Lebensende<br />
geführt haben, ein organischer<br />
Aufbau der allgemeinen wie auch spezialisierten<br />
ambulanten Palliativversorgung zu<br />
erreichen. Die Aufgabe der spezialisierten<br />
ambulanten Palliativteams muss deshalb<br />
auch in der Koordination und Stützung der<br />
allgemeinen (hospizlichen und palliativen)<br />
Versorgung bestehen. Nur so ist der zentrale<br />
Gedanke im GKV-WSG der verbesserten ambulanten<br />
Versorgung für unheilbar Kranke am<br />
Lebensende realisierbar. Rein interventionelle<br />
Konzepte spezieller Teams, die sich,<br />
ergänzend zur Regelversorgung außerdem<br />
als Krisenmanagement am Lebensende verstehen,<br />
ohne die strukturellen und ökonomischen<br />
Mängel der Regelversorgung zu<br />
beheben, sind eindeutig abzulehnen.<br />
Abgestufte Versorgung weiterhin<br />
Fiktion!<br />
Damit fehlt einmal mehr (siehe allgemeine<br />
und spezielle <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong>) ein Funda-<br />
18<br />
ment für eine abgestufte Versorgungsstruktur.<br />
Deshalb sind alle Neuerungen im Bereich der<br />
„spezialisierten ambulanten Palliativversorgung“<br />
nur Stückwerk, wenn nicht auch im<br />
Bereich der „allgemeinen ambulanten Palliativversorgung“<br />
angemessene Regularien gefunden<br />
werden. Der Hessische Hausärzteverband<br />
hat sich bereits von Konzepten distanziert,<br />
die „top down“ das Verordnungsrisiko<br />
und die Leistungserbringung beim Hausarzt<br />
belassen.<br />
Durch die erhöhten Anforderungen an<br />
die ambulante Versorgung sind hier ausreichend<br />
Finanzmittel zur Behebung der Unterfinanzierung<br />
bereitzustellen, um Hindernisse<br />
in Form von fehlenden Arznei-, Heil- und<br />
Hilfsmittelbudgets zu überwinden. Konzepte,<br />
die diese Defizite ausklammern, zäumen einmal<br />
mehr das Pferd von hinten auf und bauen<br />
auf insuffizienten Basisstrukturen auf.<br />
Alle Verträge müssen für alle zugänglich<br />
sein. Es dürfen keine Verträge mit Ausschließlichkeitsregelungen<br />
zugelassen werden: Entscheidend<br />
ist die fallbezogene Leistungserbringung<br />
unter Zugrundelegung der für alle<br />
verbindlichen Qualitätsanforderungen.<br />
Mehr Transparenz<br />
Transparenz und Offenheit sind obligat. Hierzu<br />
gehört, dass die verschiedenen Berufsgruppen<br />
im Palliativ-Care-Team zwar den hospizlichen<br />
und palliativen Inhalten verpflichtet<br />
sind, in ihren ethischen Entscheidungen und<br />
ihrer Meinungsfreiheit aber müssen sie unbelastet<br />
sein von wirtschaftlicher Einflussnahme<br />
und Abhängigkeiten. Spezialisierte ambulante<br />
Palliativteams mit allen beteiligten Berufsgruppen<br />
in einer Trägerschaft erfüllen dieses<br />
Kriterium nicht! Qualitätszirkel und Palliativkonferenzen<br />
müssen für alle Leistungserbringer<br />
offen sein.<br />
Mittelfristig müssen die<br />
verschiedenen Modelle auf<br />
ihre Stärken und Schwächen<br />
hin überprüft werden.<br />
Deshalb müssen alle bereits<br />
geschlossenen Verträge<br />
offengelegt und allen Leistungserbringern<br />
die Mitwirkung<br />
ermöglicht werden.<br />
Eine Monopolisierung<br />
der Versorgung ist unbedingt<br />
zu vermeiden. Verträge, die<br />
dezidiert Leistungserbringer<br />
ausschließen, sind abzulehnen.<br />
Die Kooperation regionaler<br />
Palliativteams sowie<br />
eine einrichtungsübergreifende<br />
Qualitätssicherung<br />
sind unverzichtbar.<br />
Bildarchiv <strong>Deutsche</strong>s Ärzteblatt, modifiziert<br />
Vielfältige Versorgungsmodelle<br />
obligat<br />
Die Vielfalt der Versorgungsstrukturen ist dabei<br />
unbedingt zu erhalten. Deshalb stimmen<br />
wir der im Eckpunktepapier genannten Vielzahl<br />
von Szenarien zu. Nur so wird mittelfristig<br />
eine ansatzweise flächendeckende, dezentrale,<br />
hospizliche und ambulante Struktur<br />
auf dem Boden einer hausärztlich gesteuerten<br />
Versorgung unter Berücksichtigung der<br />
unterschiedlichen regionalen Rahmenbedingungen<br />
möglich sein.<br />
Der Ausbau einer spezialisierten ambulanten<br />
Palliativversorgung würde von der<br />
Kenntnis der aktuell anfallenden Kosten in<br />
der Versorgung von Patienten am Lebensende<br />
sehr profitieren. Die aktuelle Diskussion<br />
wird davon geprägt, dass die Krankenkassen<br />
glauben, diese neu zu schaffenden Strukturen<br />
seien zu teuer, während die Leistungserbringer<br />
das Gefühl haben, durch eine verbesserte<br />
Versorgung am Lebensende real<br />
Kosten einzusparen und dafür noch schlecht<br />
bezahlt zu werden.<br />
Bei der im Gesundheitssurvey nachgewiesenen<br />
Über- und Fehlversorgung von<br />
Patienten am Lebensende ermöglicht eine<br />
Umlenkung der bisherigen Ausgaben in<br />
ein Palliativversorgungsnetz eine optimale<br />
hospizliche und palliative Versorgung ohne<br />
Mehrkosten in Relation zu der bisher fehlgesteuerten<br />
Versorgungssituation. Erste Ergebnisse<br />
aus dem PalliativNetz Wiesbaden<br />
Taunus und Osthessen/Fulda belegen dies.<br />
Eine zusätzliche Finanzierung von spezialisierten<br />
ambulanten Palliative-Care-Teams<br />
wäre so nicht notwendig und ein weiteres<br />
Beispiel, wie durch Integration und Netzwerkbildung<br />
optimale Versorgungsstrukturen kostenneutral<br />
zur Regelversorgung umgesetzt<br />
werden können. Leider liegen nur von einer<br />
Krankenkasse valide Daten für die globalen<br />
Versorgungskosten bei unheilbar Kranken in<br />
den letzten drei Lebensmonaten vor.<br />
Tagespauschale<br />
Für eine langfristig verantwortungsvolle Finanzierung<br />
der Leistungserbringung sind<br />
deshalb tagesbasierte Pauschalen mit globaler<br />
Budgetverantwortung zu fordern. Diese<br />
sollten alle Leistungen in der Versorgung von<br />
Schwerstkranken am Lebensende umfassen.<br />
Dies würde eine qualitätsgesicherte Versorgung<br />
mit leistungsgerechter Honorierung aller<br />
Leistungserbringer bei voller Kostentransparenz<br />
und Vergleichbarkeit der Projektregionen<br />
ermöglichen. Außerdem bestünden<br />
Anreize für eine optimale Leistungserbringung<br />
mit 24-Stunden-Erreichbarkeit und dem<br />
Vermeiden von unnötigen stationären Einwei-<br />
SCHMERZTHERAPIE Nr. 2/<strong>2007</strong> (23. Jg.)