Schmerztherapie 2/2007 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
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DRG-System<br />
und Überzeugungen und daraus abgeleitetes<br />
Handeln entwickelt sich auf den Stationen erfahrungsgemäß<br />
verzögert.<br />
In Modellrechnungen geht man davon<br />
aus, dass pro eine Million zu versorgende<br />
Einwohner 50 Palliativbetten notwendig sind.<br />
Rechnet man die durchschnittliche Versorgungsdichte<br />
von 200 000 Einwohnern pro<br />
mittlerem Krankenhaus, so würden zehn Palliativbetten<br />
für ein derartiges Krankenhaus<br />
notwendig sein. Geht man von einer Auslastung<br />
von 85% und einer durchschnittlichen<br />
Verweildauer von 16 Tagen aus, so kann<br />
man mit 250 Fällen pro Jahr und Krankenhaus<br />
rechnen.<br />
Organisiert das Krankenhaus einen<br />
dezentral arbeitenden Palliativdienst (pallia-<br />
24<br />
tivmedizinisches Konsil), dann würden dem<br />
Krankenhaus, sofern man von einer zusätzlichen<br />
Behandlung der durch die Kostenträger<br />
bereitgestellten Mittel bei bisheriger<br />
Deckelung der Krankenkasseneinnahmen<br />
ausgeht, ca. 250 000,00 € zur Verfügung<br />
stehen. Dieses könnte bedeuten, dass<br />
dem palliativmedizinischen Konsiliarteam<br />
eine Arztstelle (ca. 95 000,00 € pro Jahr),<br />
eine Palliativ-Care-ausgebildete Schwester<br />
(45000,00 € pro Jahr), ein Psychoonkologe<br />
(80 000,00 € pro Jahr) sowie eine halbe<br />
Stelle Kreativ-Therapeut (30 000,00 €) oder<br />
eine halbe Stelle Sozialarbeiter (30 000,00<br />
€) finanzierbar wären. Zusätzliche physiotherapeutische<br />
Leistungen werden benötigt.<br />
Aus der praktischen Erfahrung sind die zur<br />
Tabelle 3: 8-982 Palliativmedizinische Komplexbehandlung, Mindestmerkmale<br />
• Aktive, ganzheitliche Behandlung zur Symptomkontrolle und psychosozialen Stabilisierung ohne<br />
kurative Intention und im Allgemeinen ohne Beeinflussung der Grunderkrankung von Patienten mit<br />
einer progredienten, fortgeschrittenen Erkrankung und begrenzter Lebenserwartung unter Einbeziehung<br />
ihrer Angehörigen und unter Leitung eines Facharztes mit der Zusatzweiterbildung Palliativmedizin<br />
(sofern diese noch nicht vorliegt, ist zur Aufrechterhaltung bereits bestehender palliativmedizinischer<br />
Versorgungsangebote übergangsweise bis zum Jahresende 2008 eine vergleichbare<br />
mindestens einjährige Erfahrung im Bereich Palliativmedizin ausreichend)<br />
• Aktivierend- oder begleitend-therapeutische Pflege durch besonders in diesem Bereich geschultes<br />
Pflegepersonal<br />
• Erstellung und Dokumentation eines individuellen Behandlungsplanes bei Aufnahme<br />
• Wöchentliche multidisziplinäre Teambesprechung mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger<br />
Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele<br />
• Einsatz von mindestens zwei der folgenden <strong>Therapie</strong>bereiche:<br />
Sozialarbeit/Sozialpädagogik, Psychologie, Physiotherapie, künstlerische <strong>Therapie</strong> (Kunst- und Musiktherapie),<br />
Entspannungstherapie, Patienten-, Angehörigen- und/oder Familiengespräche mit insgesamt<br />
mindestens sechs Stunden pro Patient und Woche in patientenbezogenen unterschiedlichen<br />
Kombinationen<br />
Abrechnung geforderten und für eine qualitativ<br />
hochwertige Patientenversorgung geforderten<br />
personellen Voraussetzungen in der<br />
beschriebenen Weise notwendig.<br />
Ausblick<br />
Gesundheitspolitisch ist eine Überwindung<br />
der starren Grenzen zwischen stationärer<br />
und ambulanter Versorgung ausgemachtes<br />
Ziel. Gerade auf dem Gebiet der <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong><br />
und der Palliativmedizin ist durch enge<br />
Zusammenarbeit der stationär und ambulant<br />
tätigen Partner ein rationeller Umgang mit<br />
vorhandenen Ressourcen bei steigender Behandlungsqualität<br />
denkbar. In schmerztherapeutischen<br />
Qualitätszirkeln und <strong>Schmerz</strong>konferenzen<br />
ist eine enge praktische Zusammenarbeit<br />
zwischen stationär und ambulant<br />
tätigen Kolleginnen und Kollegen längst Tradition.<br />
Im Bereich palliativmedizinischer Versorgung<br />
streben gerade Palliativstationen<br />
nach einer Kontinuität der Betreuung ihrer<br />
Patienten, welcher durch das verstärkte ambulante<br />
Wirksamwerden von Palliativ-Pflegediensten<br />
und Palliativ-Konsiliardiensten im<br />
Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbes in<br />
der GKV Rechnung getragen wird.<br />
Stationäre <strong>Schmerz</strong>- und Palliativmedizin<br />
ist auch unter den oben dargestellten<br />
Finanzierungsvoraussetzungen in aller Regel<br />
nicht kostendeckend erbringbar. Wollen wir in<br />
Krankenhäusern dennoch eine hochwertige<br />
Versorgung chronisch <strong>Schmerz</strong>kranker und<br />
palliativ zu versorgender Patienten erreichen,<br />
müssen alternative Finanzierungen über Fördervereine<br />
etc. genutzt werden.<br />
Eberhard Lux, Lünen<br />
Cannabinoidhaltige Arzneimittel – endgültiges<br />
Aus für die <strong>Therapie</strong> auf GKV-Basis?<br />
Nachdem die sog. Nikolaus-Entscheidung des BVerfG (Az. 1 BvR 347/98)<br />
vom 06.12.2005 (vgl. hierzu Heft 4/06, S. 20f.) die Hoffnung auf die<br />
Erstattung neuartiger, nicht bereits mit klinischen Studien höchster Evidenzklassen<br />
belegter <strong>Therapie</strong>n zulasten der gesetzlichen Krankenkasse<br />
geweckt hatte, hat das BSG in einer aktuellen Entscheidung vom<br />
27.03.<strong>2007</strong> (Az. B 1 KR 30/06) nun die Erstattungsfähigkeit der <strong>Therapie</strong><br />
eines chronisch schmerzkranken Patienten mit Cannabinol verneint.<br />
Dieses Urteil und die Hintergründe stellt Rechtsanwältin Heike Müller,<br />
Sindelfingen, vor.<br />
Der Fall<br />
Gegenstand der Entscheidung des Bundessozialgerichts<br />
war die <strong>Therapie</strong> eines durch<br />
einen Motorradunfall querschnittsgelähmten<br />
und infolgedessen an einem chronischen<br />
<strong>Schmerz</strong>syndrom leidenden Klägers. Auf-<br />
Heike Müller,<br />
Sindelfingen<br />
grund seines erheblichen Leidensdrucks hatte<br />
dieser bereits ernsthaft einen Suizid ins Auge<br />
gefasst. Der den Kläger behandelnde Arzt für<br />
SCHMERZTHERAPIE Nr. 2/<strong>2007</strong> (23. Jg.)