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impact 1/2011 [PDF] - Publisuisse SA

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side view von Carlos Leal 23<br />

Woran denkt er wohl gerade?<br />

«Woran denkt er wohl gerade?»<br />

Dieser Schauspieler schaut das Feldschlösschen-Bier<br />

in seiner Hand an, als<br />

würde er es am liebsten mit ins Bett nehmen<br />

... «Woran denkt er wohl gerade?»<br />

Ich erinnere mich an meine Anfänge als<br />

Schauspieler in Paris. Damals hatte ich<br />

noch keinen Leistungsausweis als Darsteller<br />

und der Zugang zu Filmcastings<br />

war nicht gerade einfach. Befreundete<br />

Schauspieler empfahlen mir, es an den<br />

häufiger stattfindenden Castings für<br />

Werbespots zu versuchen. Dort würde ich<br />

lernen, die Nervosität beim Vorsprechen<br />

abzulegen. Und erst noch ein bisschen etwas<br />

verdienen, während ich darauf wartete,<br />

dass meine Karriere in Schwung<br />

kommt.<br />

Ich war gerade erst mit einem halbleeren<br />

Koffer und einem Herzen voller Träume<br />

in der Grossstadt angekommen, hatte<br />

nichts zu verlieren. Ich liess mich also bei<br />

verschiedenen Agenturen auf die Liste<br />

setzen. Schon bald war ich ständig auf<br />

meiner alten, rostigen Vespa mit Waadtländer<br />

Nummernschild unterwegs zu<br />

den Werbespot-Castings in den Studios<br />

auf beiden Seiten der Seine.<br />

Sie haben keine Vorstellung, wie demütigend<br />

dieser Beruf sein kann. Meine Bekanntheit<br />

in der Musikwelt als Sänger<br />

von Sens Unik half mir gar nichts, als<br />

Schauspieler war ich ein Nichts und ein<br />

Niemand. Wie oft musste ich meine Wut<br />

und meinen Stolz hinunterschlucken. In<br />

Paris behandeln dich die meisten Regisseure<br />

von Werbespots nämlich wie einen<br />

Hund und foutieren sich darum, was du<br />

als Schauspieler drauf hast. Sie haben keine<br />

Zeit und stehen selbst unter der Fuchtel<br />

ihres Kunden.<br />

Wenn also ein Schauspieler zum Casting<br />

antritt, wird er nur allzu oft wie ein Objekt<br />

behandelt: «Schau nach rechts, jetzt nach<br />

links! Nicht so! Lächle ... lächeln, hab ich gesagt!<br />

Na also, es geht doch.» Oder: «Zu gross!<br />

Zu klein! Nicht schön genug! Zu gewöhnlich!<br />

Überhaupt nicht, was wir suchen! Wie<br />

heisst du schon wieder? Wir melden uns ...<br />

Der Nächste!»<br />

Wenn dieser Lebensabschnitt etwas Positives<br />

hatte, dann wohl, dass ich kreuz und<br />

quer durch die Stadt geeilt bin und Paris<br />

nun kenne wie meine Westentasche. Und<br />

vielleicht auch, dass ich Demut und Geduld<br />

gelernt habe.<br />

Dank dem Vertrauen<br />

einiger Regisseure<br />

und meines Agenten<br />

erhielt ich zum Glück<br />

dann doch irgendwann<br />

ein paar Rollen,<br />

zuerst in Kurzfilmen,<br />

dann in TV-<br />

Serien und zuletzt in<br />

Spielfilmen. So kam<br />

meine Karriere in<br />

Schwung. Heute bewerbe<br />

ich mich nicht<br />

mehr für Werbespots,<br />

denn ich kann von<br />

der Schauspielerei leben.<br />

Aber viele meiner<br />

Pariser Kollegen<br />

kämpfen immer noch<br />

Tag für Tag, um ihren Kühlschrank zu füllen.<br />

Was mich betrifft, kann ich nur hoffen<br />

– denn mein Beruf ist der unsicherste<br />

der Welt. Heute bist du ein Star, morgen<br />

vielleicht schon ein Clochard!<br />

Jedenfalls ist es etwas völlig anderes,<br />

wenn eine Marke wie Feldschlösschen<br />

anklopft und dir vorschlägt, ihr Produkt<br />

mit deinem Namen zu verkaufen. Denn<br />

sie betrachtet dich als Künstler und vertraut<br />

darauf, dass sich ihr Produkt dank<br />

deinem Ruf beim Publikum verkauft.<br />

Welch ein Unterschied zu dem, was ich<br />

damals erlebt habe! Hurra, ich bin kein<br />

Objekt mehr, sondern ein menschliches<br />

Wesen! Es ist fast wie der Gewinn einer<br />

Goldmedaille an den Olympischen Spielen<br />

der Werbespot-Castings!<br />

Also ... Woran denke ich gerade? Jetzt, da ich<br />

dieses Bier in meiner Hand anschaue, als<br />

würde ich es am liebsten mit ins Bett nehmen?<br />

Ich denke an mein Glück, dass ich es<br />

bis hierher geschafft habe. Ich denke an<br />

all jene, die sich abstrampeln, um auch so<br />

weit zu kommen. Daran, wie oft man mir<br />

die Tür vor der Nase zugeschlagen hat.<br />

An diese vielen «Der Nächste!». An meine<br />

Träume, die ich nicht aufgeben will. Und<br />

ich denke ... an meine verrostete Vespa, die<br />

ich eines Tages auf einem Pariser Trottoir<br />

zurücklassen musste, die mich wie einen<br />

Ritter in tausend Studios getragen hat. In<br />

Studios, wo ich mir ständig vor Augen halten<br />

musste, dass ich ein Künstler bin und<br />

kein Objekt ... Und deshalb, ich schwöre es,<br />

lächle ich. ICH LÄCHLE!<br />

➔➔ Spot:➔www.publisuisse.ch/publispot,➔➔<br />

Suisa-Nr.➔300046<br />

Der Lausanner Carlos Leal (41) war Gründer<br />

und Sänger der Hip-Hop-Gruppe Sens Unik<br />

und ist jetzt als Schauspieler tätig. Er spielte<br />

die Hauptrollen in den Filmen «Snow White»,<br />

«Verso» und «Sennentuntschi» und wirkte<br />

auch im James-Bond-Film «Casino Royale»<br />

und in der beliebten spanischen TV-Serie<br />

«El Internado» mit.<br />

<strong>impact</strong> 1 | März 11

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