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Cruiser im Sommer 2013

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CRUISER Edition <strong>Sommer</strong> <strong>2013</strong><br />

Ausland<br />

Kroatien<br />

Im jüngsten EU-Land<br />

kämpfen Aktivisten für<br />

Gleichberechtigung<br />

Von Silviu Mihai<br />

Kroatien ist Anfang Juli als<br />

28. Mitgliedsstaat der EU beigetreten.<br />

Neben den schönen<br />

Stränden und den mediterranen<br />

Gerichten hat es eine<br />

kleine, aber feine schwullesbische<br />

Szene. Es gibt aber auch<br />

Schattenseiten: Rechtskonservative<br />

fordern eine heteronormative<br />

Verfassungsdefinition<br />

der Ehe.<br />

Split Pride <strong>2013</strong> © Josip Regovic<br />

Eine grosszügige Sonne scheint über der kroatischen<br />

Hauptstadt, der H<strong>im</strong>mel könnte nicht<br />

blauer sein, und Marko Jurcic hat das ganze Wochenende<br />

durchgefeiert. Mit gutem Grund: Der<br />

Zagreber CSD, den der 29-jährige Mann mit tiefen,<br />

schwarzen Augen organisierte, wurde so gut<br />

besucht wie noch nie. Um die 15 000 Menschen<br />

zogen durch die Flaniermeile der Innenstadt,<br />

fast viermal so viele wie <strong>im</strong> letzten Jahr. Und alles<br />

lief ohne einen einzigen Gewaltvorfall ab. Auf<br />

der Terrasse des schicken Café Kino Europa zieht<br />

der Aktivist von Zagreb Pride eine positive Bilanz.<br />

Kroatien ist Anfang Juni als 28. Mitgliedsstaat<br />

der Europäischen Union beigetreten und die<br />

«Zeichen sind gut für die queere Community<br />

hier», sagt Jurcic. «Es gibt natürlich noch sehr<br />

viel zu tun, aber wir haben bereits den Grossteil<br />

des Weges hinter uns.» In der Tat hat sich<br />

in den letzten Jahren einiges geändert in dem<br />

heute jüngsten Land der EU. Nach dem Ende des<br />

Kriegs 1996 war Kroatien nicht nur ein verwüstetes,<br />

sondern auch ein intolerantes Land. Die<br />

homophobe Grundeinstellung, die in weiten<br />

Teilen Osteuropas herrschte, traf hier, ähnlich<br />

wie <strong>im</strong> verfeindeten Nachbarland Serbien, auf<br />

eine kriegsbedingte Gewaltbereitschaft, welche<br />

die einflussreiche Kirche stillschweigend billigte,<br />

anstatt sie zu verurteilen.<br />

Liberale Einstellung dank Tourismus<br />

Heute sind diese bösen Geister der Vergangenheit<br />

weitgehend gebannt. Der Wiederaufbau<br />

des Landes und der beispiellose Boom des Tourismus<br />

bilden die Grundlage für eine moderne<br />

Gesellschaft, die sich selbst als europäisch<br />

betrachtet. «Für unsere Generation, die in den<br />

Jahren nach dem Krieg aufgewachsen ist, gehören<br />

alternative Lebensformen <strong>im</strong>mer mehr zur<br />

Normalität», erklärt Aktivist Jurcic. «Aber diese<br />

liberale Einstellung ist noch nicht in der Mitte<br />

der Gesellschaft angekommen.»<br />

Vor 11 Jahren, kurz nachdem der junge Marko<br />

aus Rijeka nach Zagreb kam, um hier Sozialwissenschaften<br />

zu studieren, fing er an, sich<br />

bei der Vorbereitung des ersten kroatischen<br />

CSD zu engagieren. «Damals hatten wir um<br />

die 350 Teilnehmer, viele davon aus dem Ausland»,<br />

erinnert er sich. Erst viel später haben<br />

sich die Zahlen verbessert, als sich die kleine<br />

queere Community in Zagreb konsolidierte. Parallel<br />

versuchten die lokalen Organisationen in<br />

den anderen Grossstädten, eine Szene über die<br />

Hauptstadt hinaus aufzubauen. Zwar kam es<br />

2011 auf der ersten Pride in Split zu physischen<br />

Angriffen von homophoben Hooligans auf die<br />

CSD-Teilnehmer, weil die Polizeikräfte versagten.<br />

Die Gewaltbilder sorgten international für<br />

Empörung. Doch auch dort beruhigte sich die<br />

Lage <strong>im</strong> darauf folgenden Jahr – nicht nur dank<br />

eines besser vorbereiteten Polizeieinsatzes, sondern<br />

auch, weil die rechtskonservativen Gegendemos<br />

viel kleiner ausfielen.<br />

Mehrere Minister an den Prides in Zagreb<br />

und Split<br />

«Die Gewaltszenen aus Split haben damals viele<br />

Bürgerinnen und Bürger erschreckt», stellt<br />

auch die lesbische Aktivistin Tajana Jos<strong>im</strong>ovic<br />

fest. «Menschen, die sich keinen neuen Krieg,<br />

sondern eine tolerante und friedliche Gesell-<br />

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