SUT_06/06 Layout_Fedi aktuell 18.09.2006 12:48 Uhr Seite 2 2 MAGAZIN FÜR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK 1/2006
SUT_06/06 Layout_Fedi aktuell 18.09.2006 12:48 Uhr Seite 3 Geschäft <strong>und</strong> sorgen da<strong>für</strong>, dass die Umschlagskapazitäten dauerhaft mit dem in immer schnelleren Zyklen voranschreitenden Nachfragewachstum Schritt halten können. Parallel zum Wachstum von Welthandel, Welthandelsflotte <strong>und</strong> der Kapazitätsentwicklung der Seehäfen müssen entsprechende Investitionen in die Hinterlandanbindungen erfolgen. Da hier in vielen Bereichen der Staat das Investitionsmonopol hat, finden angesichts leerer Kassen notwendige Entwicklungen beim Bau neuer Straßen, Schienen <strong>und</strong> Wasserstraßen nicht oder nur unzureichend statt. Und das fängt in den Seehäfen selbst an. So konnte Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust am 13. September Chinas Ministerpräsidenten Wen Jiabao zur 20- Jahr-Feier der Städtepartnerschaft mit Shanghai empfangen. Was einstmals als Entwicklungshilfeprojekt in Richtung in China begonnen hat, müsste heute eigentlich in die andere Richtung umfunktioniert werden. So hat die chinesische Partnerstadt mit der deutschen Magnetschwebebahn nicht nur eines der modernsten Verkehrsmittel in Rekordzeit geplant <strong>und</strong> gebaut, sondern zeigt den Städtepartnern in Deutschland, wie man sich auf die Herausforderungen des Welthandels vorbereitet <strong>und</strong> mit kürzesten Planungszeiten neue Umschlagterminals aus dem Boden stampft oder innerstädtische Verkehrsprobleme mit großzügigen Infrastrukturinvestitionen zügig löst. In Hamburg hingegen diskutiert man seit 30 Jahren den Bau einer Nord-Süd-Spange, um den täglich zunehmenden Straßenverkehr flüssig zu machen, lässt das stadteigene Schienenverkehrsnetz durch unterlassene Instandhaltungsinvesti- EDITORIAL Weltschiffbauboom <strong>und</strong> Hinterland Die 22. internationale Schiffbaufachmesse SMM 2006 vom 26. bis 29. September in Hamburg bricht wieder einmal alle Rekorde. 1670 Aussteller aus 50 Nationen auf 72.000 qm Ausstellungsfläche, begleitet von einer Vielzahlzahl von Konferenzen <strong>und</strong> Kongressen von weltweiter Bedeutung – in allen Bereichen ist die SMM 2006 Spitze. Erwartet werden mehr als 40.000 Fachbesucher von allen Kontinenten, die die größte Schiffbaumesse der Welt in Deutschland besuchen werden. Aber auch auf Seiten der Werften <strong>und</strong> Zulieferindustrie sind Rekordzahlen zu verzeichnen. Der Weltschiffbau kommt mit dem höchsten Auftragsbestand aller Zeiten nach Hamburg: 5305 Bestellungen <strong>für</strong> Handelsschiffe über 300 Gross Tons (GT) mit einer Gesamttonnage von 193 Mio. GT Tragfähigkeit. Damit hat sich die Neubautonnage seit 2003 mehr als verdoppelt. Diesen Schiffbaumarkt teilen sich vor allem südkoreanische (37,3%), japanische (24%) <strong>und</strong> chinesische Werften (17%). Aber auch die europäischen Schiffbauer auf den nächsten Plätzen aus Deutschland (3,2%), Italien (2,5%) <strong>und</strong> Polen (1,6%) haben wegen ihres Vorrangs beim Bau hochwertiger Schiffe in den letzten Jahren ihre Positionen wieder verbessern können <strong>und</strong> verdienen aufgr<strong>und</strong> weltweit ausgebuchter Werftplätze Geld. Der Neubau von 193 Mio. GT wird der Welthandelsflotte mit einer derzeitigen Tonnage von 643 Mio. GT einen kräftigen Zuwachs bescheren, da die Abwrackrate sehr viel geringer ausfällt. Treibende Kraft des Weltschiffbaumarktes sind die Order von Tankern (1500) <strong>und</strong> Flüssiggastankern (337), die dringend zur Deckung des weltweit wachsenden Energiebedarfes benötigt werden. Aber auch die Bestellungen von Containerschiffen (1222) <strong>und</strong> Massengutfrachtern (857) deuten an, dass der Welthandel in den nächsten Jahren in Riesenschritten wachsen wird. Wenn die Welthandelsflotte in den nächsten fünf Jahren durch private Investitionen um 1/3 zunimmt, so braucht es neue Kapazitäten in den Seehäfen, um diese Flotte weltweit abzufertigen. Neue Containerterminals in Antwerpen (Deurganckdok), Rotterdam (Maasvlakte 2), Wilhelmshaven (JadeWeserPort) <strong>und</strong> Hamburg (Steinwerder) stocken die Kapazitäten in Europa kräftig auf. Auch <strong>für</strong> den Umschlag von Massengut, Stückgut <strong>und</strong> flüssigen Gütern werden in den großen Seehäfen neue Fazilitäten entwickelt. Da die öffentliche Hand diese Infrastrukturinvestitionen kaum noch selbst finanzieren kann, kommen private Investoren immer mehr ins tionen verrotten <strong>und</strong> riskiert die Blockade der eigenen Investitionen an der Kaikante, will man baufällig gewordene Eisenbahnbrücken durch billige Dammbauten ersetzen <strong>und</strong> vergisst dabei die hafeninterne Wasser<strong>logistik</strong> oder man plant mitten im Hafengelände ein neues Containerterminal, ohne den jahrzehntelang dort ansässigen Firmen Ausweichperspektiven zu bieten. Von ähnlicher Qualität ist die Infrastrukturpolitik der B<strong>und</strong>esregierung. So wurden in den vergangenen acht Jahren öffentliche Investitionen im Infrastrukturbereich systematisch gekürzt oder aus ökologischen Gründen verhindert, mit der Folge das Substanzverzehr an der Tagesordnung ist. Zwar hatte die schwarz-rote B<strong>und</strong>esregierung vor einem Jahr versprochen, diese Politik zu ändern – allein es fehlen Taten. Die tatsächliche Politik orientiert sich wieder am Modell Verschiebebahnhof: Bei der Straße ein wenig kürzen, da<strong>für</strong> ein bisschen mehr bei Schiene <strong>und</strong> Wasserstraße geben. Die Freude des Binnenschifffahrtsgewerbes über die Erhöhung der Haushaltsmittel im laufenden Etat von 390 auf 457 Mio. € hat sich mittlerweile gelegt, denn das Ganze hat sich als Etikettenschwindel erwiesen: Die Mittel fließen nicht wie erhofft in den Ausbau der Binnenwasserstraßen, sondern sind <strong>für</strong> den Ausbau von Unterweser <strong>und</strong> Unterelbe vorgesehen, nutzen daher zunächst einmal der Seeschifffahrt <strong>und</strong> den Seehäfen. So erfreulich auch diese Tatsache letztlich ist, an einer mutigen Änderung ihrer Infrastrukturpolitik im Hinterland wird die B<strong>und</strong>esregierung nicht vorbeikommen. Die Themen heißen: 1. Zügiger Ausbau von Elbe, Weser <strong>und</strong> Donau, um Container-Binnenschiffsverkehre in leistungsfähigen Schiffsgrößen zu ermöglichen. 2. Ertüchtigung der Schienenhinterlandanbindungen durch kurzfristige Beseitigung der Langsamfahrstrecken <strong>und</strong> Bau eines Güterzug gewidmeten Netzes. 3. Ausbau des Straßenfernverkehrsnetzes Nord-Süd <strong>und</strong> Ost- West auch <strong>für</strong> den 60 t LKW, denn er wird früher oder später kommen. Da das alles angesichts der Wachstumsszenarien des Welthandels sehr schnell gehen muss, ist die Einbeziehung privater Investoren in den Infrastrukturausbau unerlässlich. Am Kapital kann es nicht liegen, denn das ist reichlich vorhanden. Eher hapert es am Willen der Politik <strong>und</strong> Bürokratie, die den Verlust von Einfluss (<strong>und</strong> Verschiebebahnhöfen <strong>für</strong> abgehalfterte Politiker) be<strong>für</strong>chten. Mutige Schritte sind gefragt. Tiefensee muss handeln. 3 MAGAZIN FÜR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK 6/2006