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12/2017

Fritz + Fränzi

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Beim Nestmodell bleiben die<br />

Kinder in derselben Wohnung,<br />

und die Eltern wechseln sich<br />

dort mit der Betreuung ab.<br />

Als werdendem Vater<br />

war Robert klar, dass<br />

er seine Tätigkeit als<br />

Informatiker reduzieren<br />

wird. Seine Frau<br />

Mara wollte in ihrem Beruf als<br />

Buchhalterin in einem kleinen KMU<br />

Teilzeit weiterarbeiten. Bei der Ge ­<br />

burt des ersten Kindes reduzierte<br />

Robert sein Arbeitspensum auf 80<br />

Prozent, Mara senkte ihre Tätigkeit<br />

zuerst auf 20 Prozent, stockte später,<br />

nachdem für das zweite Kind die<br />

obligatorische Schulzeit begonnen<br />

hatte, auf 40 Prozent auf. An einem<br />

von Maras beiden Arbeitstagen blieb<br />

Robert zu Hause bei den Kindern,<br />

den zweiten verbrachten die Kinder<br />

bei einer Tagesmutter, die in der<br />

Nachbarschaft wohnt.<br />

Verschiedene Modelle der<br />

Kindesobhut<br />

an sich in der Gestaltung sehr frei.<br />

Sind sie sich einig, wird das Gericht<br />

oder die Kindesschutzbehörde die<br />

Betreuungsaufteilung nicht infrage<br />

stellen – soweit nicht ersichtlich ist,<br />

dass das Kindeswohl darunter leiden<br />

wird. Gemeinhin wird unterschieden<br />

zwischen dem Residenzmodell,<br />

dem Nestmodell und der alternierenden<br />

Obhut.<br />

Das Residenzmodell vermittelt<br />

dem Kind einen klaren Lebensmittelpunkt<br />

bei einem Elternteil. Zu<br />

bestimmten Zeiten «besucht» das<br />

Kind den anderen Elternteil bei ihm<br />

zu Hause und verbringt in den Ferien<br />

Zeit mit ihm. Viele Scheidungseltern<br />

wählen das Residenzmodell,<br />

etwa weil es der zuvor gelebten Rollenverteilung<br />

entspricht oder weil<br />

die geografische Distanz zwischen<br />

den Wohnorten der Eltern kein an ­<br />

deres Betreuungsmodell er laubt.<br />

Beim sogenannten Nestmodell<br />

bleiben die Kinder in derselben<br />

Wohnung respektive in demselben<br />

Haus, und die Eltern wechseln sich<br />

dort mit der Betreuung der Kinder<br />

ab. Gleichzeitig tragen die Eltern<br />

also Verantwortung für zwei Haushalte<br />

– denjenigen der Kinder und<br />

den jeweils eigenen. Dieses Modell<br />

wäre für die Kinder von Vorteil, da<br />

sie immer in derselben Umgebung<br />

bleiben dürfen. Für die Eltern stehen<br />

jedoch hohe Anforderungen im<br />

Raum: Mutter und Vater müssen<br />

einerseits über grosszügige finanzielle<br />

Ressourcen verfügen, andererseits<br />

eine ausserordentlich gute<br />

Kooperationsfähigkeit mitbringen,<br />

müssen sie doch abwechselnd, in<br />

permanenter Absprache miteinander,<br />

den Kinderhaushalt weiterfüh­<br />

ren. Daher wählt kaum eine Familie<br />

diese Betreuungsform.<br />

Die alternierende Obhut zielt auf<br />

eine zeitlich ausgewogene Betreuung<br />

der Kinder durch beide Elternteile.<br />

Die Kinder wechseln in regelmässigem<br />

Abstand – häufig alle paar<br />

Tage oder jeweils nach einer Woche<br />

– vom einen zum anderen Elternteil.<br />

Von den Kindern verlangt diese<br />

Lösung eine gewisse Flexibilität, die<br />

je nach Persönlichkeit mehr oder<br />

weniger vorhanden ist. Durch die<br />

häufigen Wechsel zwischen den<br />

Elternteilen muss vor allem bei jungen<br />

Kindern ebenfalls eine konfliktfreie<br />

Übergabe möglich sein.<br />

Antragsrecht für alternierende<br />

Obhut<br />

Mit den Bestimmungen zum Kindesunterhalt,<br />

die seit dem 1. Januar<br />

<strong>2017</strong> gelten, wurde ein ausdrückliches<br />

Antragsrecht für die alternierende<br />

Obhut in das Zivilgesetzbuch<br />

eingeführt. Stellt ein Elternteil einen<br />

entsprechenden Antrag, ist dieser<br />

von den Gerichten zu prüfen. Dabei<br />

hat das Gericht oder die Behörde<br />

eine Prognose zu fällen, ob die von<br />

den Eltern gewählte Betreuungslösung<br />

dem Kindeswohl entspricht.<br />

Um diese Prognose fällen zu können,<br />

zieht das Gericht einen breiten<br />

Katalog an Kriterien heran. Auf der<br />

Elternseite müssen Vater und Mutter<br />

ihre Kinder den Be dürfnissen<br />

und Fähigkeiten entsprechend erziehen<br />

können. Sie müssen in dem<br />

Ausmass gemeinsam Ab sprachen<br />

treffen und zusammen arbeiten können,<br />

das eine gemeinsame (Kinder-)<br />

Alltags bewältigung erlaubt. Eine<br />

abwechselnde Betreuung ver­<br />

Mittlerweile sind die Kinder zehn<br />

und sieben Jahre alt, und die Ehe<br />

ihrer Eltern kriselt: Robert und Mara<br />

wollen sich trennen. Nachdem diese<br />

wichtige Entscheidung gefallen ist,<br />

beginnt die Diskussion um die Re ­<br />

organisation ihres Familienlebens.<br />

Robert will auch zukünftig seinen<br />

«Papitag» wahrnehmen. Noch lieber<br />

würde er jedoch seine Betreuungszeit<br />

ausweiten und sein Arbeitspensum<br />

weiter reduzieren. Mara ist zwar<br />

froh um seine Unterstützung, ist sich<br />

aber auch im Klaren darüber, dass<br />

durch die Trennung Zusatzkosten<br />

für zwei getrennte Haushalte anfallen<br />

werden.<br />

Trennen sich die Eltern, steht<br />

nebst den finanziellen Sorgen häufig<br />

die Reorganisation der Kinderbetreuung<br />

im Raum. Die Eltern sind >>><br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />

Dezember <strong>2017</strong> / Januar 201843

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