12/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Erziehung & Schule<br />
>>> Hochsensibilität ein Hype ist<br />
und letztlich nur eine andere Bezeichnung<br />
für AD(H)S – und dass<br />
es darum gehe, dieser Diagnose auszuweichen.<br />
Warum wollen Eltern einer AD(H)S-<br />
Diagnose ausweichen?<br />
Vereinfacht gesagt ist die Diagnose<br />
AD(H)S für Eltern häufig belastend,<br />
während Eltern von als hochsensibel<br />
bezeichneten Kindern eher stolz darauf<br />
sind, ein «aussergewöhnliches»<br />
Kind erziehen zu dürfen. Erzieherische<br />
oder schulische Probleme, die<br />
sich bei Betroffenen beider «Diagnosen»<br />
ergeben können, sind meiner<br />
Erfahrung nach aber oft ähnlich.<br />
Sie coachen auch Eltern und Lehrpersonen<br />
von hochsensiblen Kindern<br />
und von Kindern mit AD(H)S. Was<br />
raten Sie?<br />
«Eltern und<br />
Lehrpersonen sollten<br />
Betroffenen nicht<br />
vermitteln, dass sie<br />
ein Problem hätten –<br />
sonst kultivieren sie<br />
Fehlverhalten und<br />
Versagen.»<br />
Eltern und Lehrpersonen sollten<br />
darauf achten, nicht unbewusst zu<br />
vermitteln, dass die betroffenen Kinder<br />
ein Problem hätten. Was ich<br />
damit sagen will: Fördern Eltern und<br />
Lehrpersonen die Stärken und Bega<br />
bungen, vermittelt dies dem hochsensiblen<br />
Kind und Jugendlichen<br />
eine positive Grundhaltung. Das<br />
stärkt das Selbstwertgefühl und die<br />
Widerstandskraft. Prasseln hingegen<br />
zu viele negative Feedbacks oder<br />
Ablehnung auf ein Kind ein, wird<br />
Fehlverhalten und Versagen kultiviert.<br />
Speziell hochsensible Kinder,<br />
Jugendliche und junge Erwachsene<br />
verzweifeln regelrecht daran, es nie<br />
«richtig» machen zu können.<br />
Welche Tipps geben Sie hochsensiblen<br />
Kindern und Jugendlichen mit?<br />
Ein Aufenthalt in der Natur ist für<br />
hochsensible Kinder und Jugendliche<br />
meiner Erfahrung nach sehr<br />
wohltuend. Auch sich kreativ zu<br />
betätigen, etwa mit Musik und Kunst<br />
oder Sport – fern von Leistungsdruck<br />
–, fördert die körperliche wie<br />
Fragebogen: Diese Aussagen können helfen, ein Kind in Bezug auf<br />
Hochsensibilität einzuschätzen<br />
Mein Kind …<br />
• erschrickt leicht<br />
• hat eine empfindliche Haut,<br />
verträgt keine kratzenden Stoffe<br />
oder keine Nähte in Socken oder<br />
Etiketten in T-Shirts<br />
• mag keine Überraschungen<br />
• profitiert beim Lernen eher durch<br />
sanfte Belehrung als harte Strafe<br />
• hat einen für sein Alter ungewöhnlich<br />
gehobenen Wortschatz<br />
• scheint meine Gedanken lesen zu<br />
können<br />
• ist geruchsempfindlich, sogar bei<br />
sehr schwachen Gerüchen<br />
• hat einen klugen Sinn für Humor<br />
• scheint sehr einfühlsam zu sein<br />
• kann nach einem aufregenden Tag<br />
schlecht einschlafen<br />
• hat Mühe mit grossen<br />
Veränderungen<br />
• findet nasse oder schmutzige<br />
Kleidung unangenehm<br />
• stellt viele Fragen<br />
• ist ein Perfektionist<br />
• bemerkt, wenn andere<br />
unglücklich sind<br />
• bevorzugt leise Spiele<br />
• stellt tiefgründige Fragen, die<br />
nachdenklich stimmen<br />
• ist sehr schmerzempfindlich<br />
• ist lärmempfindlich<br />
• registriert Details (Veränderungen<br />
in der Einrichtung oder im<br />
Erscheinungsbild eines Menschen<br />
usw.)<br />
• denkt über mögliche Gefahren<br />
nach, bevor es ein Risiko eingeht<br />
• erzielt die beste Leistung, wenn<br />
keine Fremden dabei sind<br />
• hat ein intensives Gefühlsleben<br />
Auswertung:<br />
Treffen mindestens 13 Aussagen<br />
auf das Kind zu, kann davon<br />
ausgegangen werden, dass es<br />
hochsensibel ist.<br />
Wichtiger Hinweis:<br />
Der Fragebogen dient als<br />
Orientierungshilfe für Eltern und<br />
Bezugspersonen und kann nicht<br />
mit einer psychologischen<br />
Testdiagnostik verglichen werden.<br />
Ziel der Einschätzung ist es, ein<br />
tieferes Verständnis für das Kind<br />
und seine Verhaltensweisen zu<br />
bekommen. Viele Situationen<br />
können so verstanden und neu<br />
beurteilt werden.<br />
Quelle: Elaine Aron: Das<br />
hochsensible Kind, MVG, 2008.<br />
Weitere Fragebögen finden sich auf<br />
den Websites hochsensibel.org und<br />
zartbesaitet.net.<br />
54 Dezember <strong>2017</strong> / Januar 2018 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi