12/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Digital<br />
Andrea Jansen<br />
hat auf ihrem<br />
Blog<br />
anyworkingmom<br />
bereits nach<br />
einem Jahr<br />
30 000 Leserinnen<br />
pro Monat.<br />
>>> ich arbeite schon seit Jahren und wundert sich. Sie gehört zu den<br />
an sieben Tagen pro Woche.»<br />
Nach dem energiegeladenen Auftritt<br />
von Svenja gibt es spannende<br />
Diskussionen im Foyer. «Ich weiss<br />
nicht, ob ich so strategisch werden<br />
will», sagt eine Mama. «Vielleicht<br />
sollte ich doch endlich mal wieder<br />
mein Layout überarbeiten, wenn ich<br />
sehe, wie professionell die anderen<br />
Seiten wirken», meint eine andere.<br />
Mittendrin steht Karin alias «Frau<br />
Brüllen» von bruellen.blogspot.de<br />
Bloggerinnen, die einfach täglich<br />
ihre Erlebnisse festhalten und teilen<br />
wollen, ohne dafür Geld zu kassieren.<br />
Dass immer mehr Bloggerinnen<br />
das Schreiben zum Beruf machen<br />
möchten, sieht Karin kritisch: «Zum<br />
einen werden sich die Blogs doch<br />
immer ähnlicher, wenn alle strategisch<br />
denken. Zum anderen wird die<br />
Bloglandschaft langweilig und glattgebügelt,<br />
wenn sich immer mehr<br />
Bloggerinnen selbst zensieren und<br />
sich nicht mehr trauen, eine vielleicht<br />
nicht mehrheitsfähige Meinung<br />
zu äussern, um keine Werbekunden<br />
oder Leser zu verschrecken.<br />
Ausserdem kommen viele dieser<br />
Frauen nicht mehr ins ‹richtige›<br />
Berufsleben zurück – und das finde<br />
ich einfach schade.»<br />
Enttäuschte Leserinnen<br />
Was sie anspricht, wird im englischsprachigen<br />
Raum bereits lange diskutiert.<br />
2016 untersuchte die Concordia-Universität<br />
im kanadischen<br />
Montreal den Blog «Get off my internets<br />
(GOMI)», wo Internetnutzer<br />
öffentlich über das Internet jammern,<br />
und stellte fest: Dort wimmelt<br />
es von ehemaligen Mamablog-Leserinnen,<br />
die sich bitter enttäuscht von<br />
ihren geliebten Blogs abwenden.<br />
Weil diese zu Werbeplattformen verkommen<br />
seien, es viele gesponserte<br />
Werbe-Inhalte gebe und der Rest zu<br />
einer viel zu sauberen Welt mit rosa<br />
Zuckerguss verkommen sei.<br />
Noch 2005 hatten sich Mama-<br />
Bloggerinnen weltweit dem Credo<br />
der New Yorker Bloggerin Alice<br />
Breadley angeschlossen, die schrieb,<br />
dass das Verbloggen des Privatlebens<br />
ein «radikaler Akt» sei. Weil<br />
die Frauen hier das Mamasein genau<br />
so darstellen könnten, wie sie es täglich<br />
erleben. Mamablogs seien eine<br />
wichtige Ergänzung zu den von<br />
Männern dominierten Medien, wo<br />
Mütter nur als perfekte Werbeschablonen<br />
oder als zickige Problemwesen<br />
inszeniert würden. Genau<br />
diese «feministische Seite» des Bloggens<br />
gehe verloren, wenn die Mütter<br />
vor allem darauf aus seien, Geld zu<br />
machen, zu diesem Schluss kam<br />
auch die Studie aus Montreal.<br />
Die Schweizer Bloggerinnen und<br />
Blogger scheinen sich zu einem<br />
gros sen Teil noch nicht sicher zu<br />
sein, in welche Richtung sie gehen<br />
wollen. Auf die Frage, wer mit seinem<br />
Blog Geld verdienen wolle oder<br />
sich als Influencerin sehe, also als<br />
jemand, der Kaufentscheidungen<br />
beeinflusst, heben bei der Swiss Blog<br />
Family nur wenige die Hände. Aber<br />
die Workshops am Nachmittag, bei<br />
denen es um Monetisierung geht,<br />
sind besonders gut besucht.<br />
Noch ist die Bloglandschaft in der<br />
Schweiz vielfältig: Einige Blogs sind<br />
tagebuchartige Erlebniserzählungen,<br />
andere beschäftigen sich mit<br />
bestimmten Erziehungsansätzen wie<br />
dem Attachment Parenting und der<br />
Umsetzung im Alltag oder stellen<br />
Themen wie Ernährung oder Basteln<br />
in den Mittelpunkt. Und manche<br />
wollen auch gesellschaftlich<br />
etwas bewirken. So betont Andrea<br />
Jansen, dass ihr primäres Ziel nicht<br />
das Geldverdienen sei, sondern Themen<br />
anzusprechen, über die zu<br />
wenig geredet wird.<br />
Eines der Hauptthemen auf anyworkingmom<br />
ist die Vereinbarkeit.<br />
«Vor allem, aber nicht nur von Beruf<br />
und Familie, sondern auch die Vereinbarkeit<br />
der neuen Situation mit<br />
dem Ich», sagt Andrea Jansen. Sie<br />
will damit nicht nur andere Mütter<br />
erreichen, die mit ähnlichen Themen<br />
zu kämpfen haben, sondern vor<br />
allem junge Frauen, die sich überlegen,<br />
ob sie ein Kind bekommen sollen.<br />
«Ich höre noch immer viel zu oft<br />
den Satz: ‹Ich habe nicht gewusst,<br />
was mit einem Kind auf mich<br />
zukommt.› Das muss sich ändern.»<br />
Wie privat ist zu privat?<br />
Allen Elternblogs gemeinsam ist die<br />
Suche nach dem richtigen Umgang<br />
mit der Privatsphäre – besonders mit<br />
jener der Kinder. Frau Brüllens Kin-<br />
74 Dezember <strong>2017</strong> / Januar 2018 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi