12/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Erziehung & Schule<br />
Buchhalter? Malerin? Pilot?<br />
Es ist eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben: Welchen Beruf will ich lernen? Ein Lehrer<br />
erzählt, wie die Schule die Jugendlichen in der Berufswahl begleitet und wie die Eltern ihre<br />
Kinder am besten unterstützen. Text: Samuel Zingg<br />
«Die Jugendlichen müssen<br />
sich von Gruppendynamiken<br />
lösen – dann gelingt die<br />
Berufswahl meist.»<br />
Samuel Zingg ist Lehrperson an der<br />
Sekundarstufe I in Buchholz GL und Mitglied<br />
der Geschäftsleitung des LCH. Der Vater einer<br />
vierjährigen Tochter und eines zweijährigen<br />
Sohnes wohnt in Mollis GL.<br />
Meist wissen Jugendliche beim<br />
Besuch eines Betriebs bereits<br />
nach zwei Stunden, ob ihnen ein<br />
Beruf zusagt oder nicht.<br />
Arbeiten Sie noch in<br />
dem Beruf, den Sie<br />
einst gelernt haben?<br />
Wenn ja, sind Sie<br />
heute eher die Ausnahme.<br />
Die Zeiten, als man Schreiner,<br />
Lehrer, Maurer oder Kaufmann<br />
lernte im Glauben, diesen Beruf bis<br />
zur Pensionierung auszuüben, sind<br />
vorbei. Auch definiert man sich in<br />
der heutigen Gesellschaft zunehmend<br />
nicht mehr nur über den<br />
Beruf. Der Druck auf Jugendliche,<br />
sich für den einen richtigen Beruf zu<br />
entscheiden, müsste also abgenommen<br />
haben.<br />
Meine Erfahrung ist eine andere.<br />
Ich bin Klassenlehrperson einer<br />
zweiten Sekundarklasse und stehe<br />
mit den Jugendlichen gerade mitten<br />
im Berufswahlprozess. Es zeigt sich:<br />
Aus über 230 Berufen den richtigen<br />
zu wählen, stellt immer noch eine<br />
grosse Herausforderung dar. Was<br />
machen wir in der Schule? Und was<br />
können Eltern zu einem gelungenen<br />
Berufswahlprozess beitragen?<br />
Auch Fächer wie Musik, Werken und<br />
Sport sind wichtig<br />
Die «Berufliche Orientierung», so<br />
heisst das Fach im neuen Lehrplan,<br />
startet im Frühling der ersten Sekundarschulklasse<br />
und dauert bis in den<br />
Herbst des letzten obligatorischen<br />
Schuljahres. Bis dann sollten sich die<br />
meisten Schülerinnen und Schüler<br />
in einem Bewerbungsprozess befinden.<br />
Bis dahin sollten sie wissen, was<br />
sie können und was sie mit ihren<br />
Voraussetzungen machen wollen.<br />
In einem ersten Schritt habe ich<br />
versucht, den Schülern viele Möglichkeiten<br />
zu geben, um sich selbst<br />
kennenzulernen: Worin bin ich gut?<br />
Was mache ich gerne? Welches sind<br />
meine Stärken und Schwächen? Die<br />
Schule fördert die persönlichen<br />
Kompetenzen der Schülerinnen und<br />
Schüler, um sie zu befähigen, eine<br />
gute Entscheidung zu treffen: Sie<br />
schreiben über sich selbst, lernen<br />
Ad jektive und Verben, werden –<br />
auch provokativ – mit persönlichen<br />
Fragen konfrontiert, be kommen<br />
verschiedene Aufgaben, die unterschiedliche<br />
Kompetenzen wie Fingerspitzengefühl,<br />
logisches Denken<br />
oder Handgeschick erfordern.<br />
Wir versuchen, an der Schule ein<br />
Umfeld zu schaffen, in welchem die<br />
Jugendlichen ihre Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten entdecken können.<br />
46 Dezember <strong>2017</strong> / Januar 2018 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi