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2008-04

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Historisches aus dem Siegerland<br />

– die innere und äußere Umgestaltung der Siegener<br />

Lateinschule,<br />

– seine pädagogische und theologische Schriftstellerei,<br />

– die Gründung der Landesstipendien,<br />

– die Leitung der Synoden und Kirchen und<br />

Schulvisitation.<br />

Ein Bildnis des Sarcerius steht heute an erster Stelle<br />

in einer Reihe bedeutender Schulmänner im Städtischen<br />

Gymnasium in der Oranienstraße. Er gilt als Begründer<br />

dieser Anstalt.<br />

Der zweite Nachfolger Sarcerius war wieder ein Schüler<br />

Melanchthons, der dreizehn Jahre lang von 1540 bis<br />

1553 die Schule leitete, Magister Georgius Aemylius (zu<br />

deutsch: Oemeler). Er war Kenner des Griechischen, Lateinischen,<br />

Hebräischen, Französischen, dazu Freund der<br />

deutschen Sprache und selbst deutscher Liederdichter.<br />

Unter des Aemylius Rektorat verließen viele Absolventen<br />

die Schule, die später berühmt geworden sind. Zu nennen<br />

ist der Siegener Bürgersohn Tilmannus Stella, der spätere<br />

berühmte Geograf und Kartenzeichner, er ist der erste Kartograf<br />

Deutschlands.<br />

Im Jahre 1542 verfasste Aemylius die erste Geschichte<br />

der Lateinschule.<br />

Als Melanchthon am 3. Mai im Jahre 1543 Siegen besuchte,<br />

überreichte Aemylius seinem Universitätslehrer<br />

diese Schrift als Ehrung und gewissermaßen als Rechenschaftsbericht.<br />

Ob Melanchthon damals die Schule besucht<br />

hat, darüber fehlen leider die Nachrichten. Zum Empfang in<br />

Siegen waren der Bürgermeister, Magister Aemylius, und<br />

als Vertreter des Grafen Wilhelm dessen Sekretär Knutelius<br />

anwesend. Die Begrüßung erfolgte vor dem Rathaus,<br />

wo dem hohen Gaste mit seiner Begleitung auf Stadtkosten<br />

12 Ratskannen Wein ausgeschänkt wurden. Im Hause des<br />

Wilhelm Knutelius in Dillenburg fand Melanchthon Unterkunft.<br />

Seine Söhne studierten bei Melanchthon in Wittenberg.<br />

Wilhelm Knutelius begleitete Melanchthon am<br />

folgenden Tage, dem 3. Mai 1543, über die Berge westwärts<br />

nach Bonn und Köln. Sarcerius reiste ebenfalls zu<br />

Melanchthon nach Köln zur Mitarbeit an der Kölnischen<br />

Kirchenordnung. Nachdem Melanchthon die neue Kirchenund<br />

Schulordnung herausgegeben hatte, fuhr er von Bonn<br />

am 28. Juli zurück nach Wittenberg. Mit dem Grafen Wilhelm<br />

blieb Melanchthon auch von Bonn und Köln aus in<br />

regem Briefwechsel. Der Eindruck, den Melanchhon bei<br />

seinem kurzen Besuch von den kirchlichen Verhältnissen in<br />

Nassau-Dillenburg gewann, war äußerst positiv. Noch aus<br />

Bonn bedankte er sich herzlich für die ihm in Dillenburg<br />

erwiesene Gastfreundschaft. Auch in der Folgezeit blieben<br />

die Beziehungen zwischen Siegen und Wittenberg lebendig.<br />

Nicht wenige Siegener kamen nach Wittenberg, einige<br />

studierten unter Melanchthon. Johann der Ältere, der zweite<br />

Sohn des Grafen, studierte auch bei Melanchthon. Von<br />

Graf Johann ist bekannt, dass er ein sehr eifriger Beschützer<br />

und Freund des Schulwesens war. Im Jahre 1584 gründete<br />

er die Hohe Schule in Herborn.<br />

Melanchthon förderte die siegen-nassauischen Studenten,<br />

einige erhielten auf seine Fürsprache beim Grafen<br />

Stipendien, andere erhielten Einführungsbriefe, wie zum<br />

Beispiel Tillmann Stella, als er zum Absatz seiner Karte<br />

von Palästina auf die Wanderung zog.<br />

Im Laufe der Zeit änderte die Lateinschule ihren Namen<br />

in Pädagogium, Realschule, Höhere Bürgerschule,<br />

Realschule erster Ordnung, Realgymnasium, Reformrealgymnasium<br />

mit Realschule, Oberschule für Jungen und<br />

schließlich Gymnasium am Löhrtor an der Oranienstraße.<br />

Ebenso hatte die Schule verschiedene Standorte. Im ersten<br />

Jahrzehnt seit dem Amtsantritt von Sarcerius war die Schule<br />

in dem leer stehenden Franziskanerkloster untergebracht,<br />

danach jahrhundertelang in der Nikolaikirche, der Speicher<br />

wurde dazu ausgebaut, 36 Jahre lang am unteren Schlosshof<br />

im Marstallgebäude, und am 2. Mai 1873 erfolgte der<br />

feierliche Einzug in das Haus an der Oranienstraße, das im<br />

Krieg zerstört und wieder an derselben Stelle in der heutigen<br />

Form aufgebaut wurde.<br />

Melanchthon gab für den Ausbau der höheren Schule<br />

das Beste, was die Zeit kannte: das Studium der griechischrömischen<br />

Literatur. Denn die Gelehrtenschulen sollten zunächst<br />

zum Studium der Theologie vorbereiten, die damals<br />

ebenso den Mittelpunkt des gesamten Geistesleben bildete,<br />

wie heutzutage die Naturwissenschaft und die soziale<br />

Frage. Es wäre kurzsichtig, an dem, was einst nützliche<br />

„Reform“ war, für alle Zeiten festzuhalten.<br />

Die Diskussion über Reformpläne und das Bemühen,<br />

die Schule als Spiegelbild unserer Gesellschaft in ihrer<br />

Bildungsaufgabe den Erfordernissen der Zeit anzupassen,<br />

haben nicht aufgehört. Sie sind in jüngster Zeit umso lebhafter<br />

aufgeflammt. Die Entwicklung des Schulwesens ist<br />

ein fortdauernder Prozess.<br />

Der wissenschaftliche Ruf, der unter den Schülern Melanchthons<br />

von der alten Siegener Lateinschule ausging, ist<br />

durch alle Zeitläufe bis heute geblieben.<br />

Dorothea Istock<br />

Öffnungszeiten:<br />

11.00 - 14.00 Uhr<br />

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Ruhetag: Montag und Samstagnachmittag<br />

Talblick 15<br />

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durchblick 4/<strong>2008</strong> 29

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