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2008-04

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Philosophische Betrachtung<br />

schon verrauchte, bevor ich es richtig angeschaut hatte. Ein<br />

junger Mieter aus dem Haus nahm sich meiner an. Er logiert<br />

in einer Junggesellenbude, sitzen konnte ich nirgends, stehen<br />

nur unter Vorbehalt, da ein riesiger Vogelkäfig die Maße<br />

des Raumes sprengte. Als ich zu telefonieren ansetzte,<br />

hob der Papagei mit lautem Gekrächze an. Es war stickig<br />

heiß und meine Nerven lagen blank<br />

Irgendwann, vorbei an diversen Terminabsprachen,<br />

tauchte ein Techniker- Duo auf. Sie hatten viel zu tun,<br />

bauten einen Verstärker vor den Verstärker, verstärkten die<br />

Fernsehbuchse, verstärkten hier, verstärkten dort. Das Ergebnis<br />

war auch ein starkes. Es war vollbracht, wenn auch<br />

das digitale Fernsehen hier und da leicht verzerrt ist. Das<br />

kann ja auch einen exotischen Reiz haben.<br />

Ich empfinde die Geschäftskultur in unserem Lande als<br />

total verwahrlost. Ich kann niemanden mehr haftbar machen,<br />

kein Chef ist mehr zu erreichen. Ich werde weiter<br />

gereicht, wenn, endlich, aus dem Off eine Stimme ertönt,<br />

verliere mich in einer virtuellen Welt, in der ich nirgends<br />

landen kann. Schriftliche Anfragen werden ignoriert. Ich<br />

werde keinen Vertrag mehr abschließen, es sei denn, es<br />

ginge um Leben oder Tod. Ich bin geknebelt, in völliger<br />

Abhängigkeit.<br />

Mein Kontoauszug weist eine erhöhte Abbuchung vonseiten<br />

besagter Firma aus, keine Mitteilung wieso und warum.<br />

Verweigere ich jetzt die Zahlung, stellen sie mir nicht nur das<br />

Kabelfernsehen ab, sondern auch Internet und Telefon. Gestern<br />

war ich erneut fassungslos. Nach acht Wochen erhielt ich<br />

einen Anruf von Unitymedia. Ein junger Mann fragte nach<br />

meiner Zufriedenheit. Meine Klagen gingen wieder ins Leere,<br />

da er ausgerechnet für die Art derselben nicht zuständig war.<br />

Nachdem er verkündet hatte, er würde sie weiterleiten, trat<br />

eine Störung auf und verschluckte ihn. Ich blieb, ebenfalls,<br />

verstört zurück ob dieser unerwarteten, wenn auch unvollständigen,<br />

menschlichen Geste.<br />

Erika Krumm<br />

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Ihr Malteserteam<br />

In einer Wohnanlage in Hamburg wurde vor Kurzem ein<br />

Rentner erst nach zehn Tagen tot gefunden. Der 73 Jahre<br />

alte Hans Josef H. war tot in seinem Badezimmer zusammengebrochen<br />

und erst zehn Tage später gefunden worden.<br />

Wie konnte so etwas passieren? In der Seniorenanlage der<br />

katholischen Kirche, die mit dem Begriff „Betreutes Wohnen“<br />

wirbt, war die einzige ständige Ansprechpartnerin,<br />

eine Sozialberaterin, im Urlaub, es gab keine Vertretung.<br />

Die Empörung war groß, wahrscheinlich auch weil es die<br />

Kirche betraf. In Leserbriefen wurde beklagt, dass sie das<br />

in sie gesetzte Vertrauen nicht einlöse.<br />

Nun muss man sicher von den Kirchen und anderen kirchenverwandten<br />

Trägern erwarten, dass sie gemäß ihrem<br />

christlichen Anspruch sich besonders den Menschen zuwenden.<br />

Aber der „Fall“ zeigt ein anderes Dilemma auf. In dieser<br />

Anlage für Betreutes Wohnen, in der rund achtzig Senioren<br />

in Ein-und Zweizimmerappartements wohnen, gibt es eine<br />

Betreuerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zwanzig<br />

Stunden. So musste sich denn auch der Vertreter der Kirche<br />

fragen lassen, ob man hier noch von betreutem Wohnen<br />

sprechen könne. Es gab keinen hausinternen Notruf.<br />

Der Kommentar<br />

Das darf nicht passieren<br />

Deutlich werden an diesem Beispiel die ökonomischen<br />

Zwänge. Auf den ersten Blick erscheint das Argument des<br />

knappen Geldes unabweisbar. Die Kirchen und andere Träger<br />

von Seniorenanlagen weisen darauf hin, dass man infolge<br />

von Geldmangel weiteres Betreuungspersonal nicht<br />

einstellen könne. Aber es<br />

geht hier um Menschen,<br />

die Hilfe und Zuwendung<br />

brauchen. Von den<br />

Kirchen und humanitären<br />

Institutionen muss<br />

man erwarten, dass sie –<br />

wo die Bereitschaft, für<br />

Kranke, Alte, Schwache<br />

Geld auszugeben, abnimmt<br />

– sich um diese<br />

Menschen kümmern. Es<br />

wäre gut, wenn deutlicher<br />

würde: Wir sind zuerst für<br />

jene Menschen da, das ist<br />

unser Auftrag.<br />

Heute von Horst Mahle<br />

durchblick 4/<strong>2008</strong> 33

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