stahlmarkt 2.2018 (Februar)
Aus dem Inhalt: Stahlhandel & Stahl-Service-Center, IT im Stahlmarkt / Digitalisierung, Metallbearbeitung
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Steel International K 11<br />
Gone with the wind<br />
Wichtige chemische Elemente werden rar<br />
Davos. Die vierte industrielle Revolution könnte an Tempo verlieren, da<br />
wichtige chemische Elemente, die für die technologische Weiterentwicklung<br />
unabdingbar sind, bald Mangelware werden. Besonders gefährdet sind<br />
Lithium, Gallium, Indium, Hafnium und Selen. Ohne sie gäbe es keine<br />
Mobiltelefone, DVD-Player, Fernseher, Mikrowellenkommunikation und<br />
führerlose Fahrzeuge.<br />
Die Hightech-Zukunft, von der Regierungen<br />
und global tätige Unternehmen so<br />
gerne schwärmen, dürfte nach Einschätzung<br />
des World Economic Forum aber nur<br />
Realität werden, wenn diese chemischen<br />
Elemente in ausreichender Menge verfügbar<br />
bleiben. Bereits im Jahr 2015 hat aber die<br />
American Chemical Society (ACS) gewarnt<br />
und 62 chemische Elemente anhand von<br />
Lieferschwierigkeiten, Umweltbelastungen<br />
und Verknappungsrisiken bewertet. Mögen<br />
einige Elemente vielen Menschen unbekannt<br />
sein – die Anwendungsgebiete sind<br />
es sicherlich nicht. Gallium, Indium, Hafnium<br />
und Selen sind allesamt Nebenprodukte<br />
anderer Bergbau- und Extraktionsverfahren.<br />
Gallium kommt in der Natur vor allem als<br />
Beimischung in Zink- und Bauxiterzen vor.<br />
98 % dieses Metalls werden für die Produktion<br />
von Halbleitern eingesetzt. Zudem ist es<br />
noch Bestandteil von Blu-Ray-Lasern. Das<br />
ebenfalls im Zinkerz vorhandene Schwermetall<br />
Indium ist heute Bestandteil von Solarzellen,<br />
LCD-Bildschirmen, Computer chips,<br />
LEDs und Sonnenkollektoren. Hafnium, das<br />
als Beimengung in Zirconium-Mineralien enthalten<br />
ist, findet sich in Steuerungen von<br />
Atomreaktoren, integrierten Mikroprozessorkreisläufen<br />
und dem Raumschiff Apollo. Selen<br />
ist in Kupfer-, Nickel- und Bleierzen enthalten<br />
und wird in Fotokopierern, Röntgengeräten<br />
und Batterietechnologien eingesetzt.<br />
Literarische Vorlage zeigt<br />
Konsequenzen<br />
Der Science-Fiction-Autor Robert Silverberg<br />
hat eine im Jahr 2008 veröffentlichte Studie<br />
über das prognostizierte Verschwinden von<br />
Gallium im Jahr 2017 als Vorlage für einen<br />
Roman genommen. Er schrieb, dass 20 Jahre<br />
nach dem Abhandenkommen von Hafnium<br />
und Gallium auch noch Zink von der<br />
Bildfläche verschwindet. Selbst der Kupferbestand<br />
sei gefährdet, da der weltweite<br />
Bedarf die Verfügbarkeit zum Ende des Jahrhunderts<br />
übertreffen werde.<br />
Silverberg empfiehlt Regierungen und<br />
Unternehmen, synthetische Alternativen zu<br />
finden oder Substitute zu entwickeln, damit<br />
die prognostizierte Hightech-Zukunft auch<br />
erreicht wird. Zudem könnte das Recycling<br />
ausrangierter Produkte das Aussterben einiger<br />
Elemente herauszögern. Auch die effizientere<br />
Gewinnung und der sparsame<br />
Umgang mit diesen Elementen sowie die<br />
effektivere Gestaltung technischer Prozesse<br />
könnten das Überleben der Raritäten für<br />
einen längeren Zeitraum sicherstellen.<br />
Selbst wenn die Prognose über das Verebben<br />
bestimmter Elemente im Jahr 2017<br />
nicht real wurde und auch die American Chemical<br />
Society nicht bekannt gab, wann sie<br />
mit dem Aussterben rarer Elemente rechnet,<br />
gilt es als sicher, dass<br />
die Abhängigkeit<br />
von nur einem dieser<br />
Elemente Probleme<br />
bei der Transformation<br />
zur Industrie 4.0<br />
bereiten kann.<br />
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Risiken sind<br />
bekannt<br />
Zwei andere Risiken,<br />
die die amerikanische<br />
Chemie-Gesellschaft<br />
ebenfalls im<br />
Jahr 2015 benannte,<br />
sind allseits bekannt. Zum einen sind es<br />
die negativen Auswirkungen auf die Um -<br />
welt, die bei der Gewinnung dieser Elemente<br />
verursacht werden. Beispiele sind der<br />
Einsatz giftigen Quecksilbers der Kleinstbergbauern<br />
bei der Goldgewinnung oder<br />
die Verwendung fossiler Brennstoffe im<br />
Berg bau, die aufgrund des entstehenden<br />
Kohlendioxids und anderer Emissionen das<br />
Ökosystem und die Gesundheit der Menschen<br />
belasten sowie den Klimawandel forcieren.<br />
Zum anderen stellt sich die Frage,<br />
wie die Gesellschaft die Existenz der gefährdeten<br />
Elemente sicherstellen kann, da diese<br />
lediglich als Nebenprodukte beim Schmelzen<br />
oder bei anderen industriellen Prozessen<br />
anfallen.<br />
Ein weiteres Problem wird aber gerne verschwiegen.<br />
Metalle, wie Gold oder Platin,<br />
die in ausreichender Menge in der Natur<br />
vorhanden sind und die bei der Gewinnung<br />
hohe Umweltbelastungen verursachen, sind<br />
geopolitisch extrem konzentriert. Ihr reiches<br />
Vorkommen in China und Afrika und der<br />
Mangel in anderen Ländern könnte künftig<br />
große Probleme verursachen.<br />
Dies belegen Geschehnisse der Vergangenheit.<br />
So verursachte ein Bürgerkrieg im<br />
Jahr 1962 im Kongo eine vorübergehende<br />
Verknappung des Elements Kobalt. Außerdem<br />
reduzierte jüngst die Volksrepublik China<br />
den Export von Seltenen Erden und verursachte<br />
in vielen Ländern Unterbrechungen<br />
in der Fertigung diverser Technikprodukte.<br />
Anschließend wurden weltweit Forderungen<br />
lauter, mit raren Ressourcen achtsamer<br />
umzugehen und festzustellen, welche Elemente<br />
bereits die kritische Masse erreicht<br />
haben, damit künftig Probleme bei der Versorgung<br />
vermieden werden können.<br />
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<strong>stahlmarkt</strong> <strong>2.2018</strong>