ANSPRUCHSLOSE SCHÖNHEIT 24 <strong>Calluna</strong> I SOMMER 2018
KULTURLANDSCHAFT Birkenalleen gehören zum typischen Landschaftsbild der Heide und sollten schon allein deshalb erhalten bleiben INKA LYKKA KORTH / Text und Fotos Alleen werden in Deutschland vor allem im Nordosten verortet. Tatsächlich ist Mecklenburg-Vorpommern nach Brandenburg das alleenreichste Bundesland, gefolgt von Bayern. Niedersachsen rangiert in der Statistik nur unter »ferner liefen«, und auch die deutsche Alleenstraße, die von der Ostsee bis zum Bodensee führt, macht um Niedersachsen einen großen Bogen, streift unser Bundesland lediglich am südöstlichen Zipfel bei Duderstadt. Dabei gibt es hierzulande, insbesondere in der Südheide, auch außerhalb von Parkanlagen viele schöne Alleen. Dass diese weniger Beachtung und Wertschätzung erfahren, liegt möglicherweise daran, dass sie überwiegend mit Birken und Obstbäumen bestanden sind und kein geschlossenes Gründach bilden. Im Vergleich zu den typischen Alleebäumen, dazu zählen vor allem Linde, Ahorn und Eiche, gelten diese Baumarten als minderwertiger und werden vielleicht deshalb weniger ernst genommen. Zugegeben, Birken und Obstbäume erreichen nicht annähernd das hohe Alter der typischen Alleebäume und müssen deshalb in kürzeren Abständen ersetzt werden, dennoch prägen sie schon seit Jahrhunderten das Landschaftsbild in der Heide und sollten deshalb unbedingt erhalten werden. Bedauerlicherweise scheinen die zuständigen Straßenbauverwaltungen keine allzu hohe Meinung von Birken zu haben, denn nach Stürmen, Verkehrsunfällen oder Blitzeinschlägen abgängige Bäume werden nur selten ersetzt, und so werden die Birkenalleen immer löchriger. Bestes Beispiel dafür ist die Kreisstraße 7 zwischen Hankensbüttel und Oerrel. Dass man weniger Skrupel hat, Alleebäume zu fällen, wenn es sich dabei um Birken handelt, ist nicht neu. Schon der Journalist, Dichter und Naturschützer Hermann Löns (1866-1914), dem die einst als öder, trister und unwirtlicher Landstrich geltende Südheide zu einem guten Teil ihre touristische Attraktivität zu verdanken hat, wetterte gegen die zunehmende Zerstörung der Landschaft. In seinem bemerkenswerten Vortrag »Der Naturschutz oder die Naturschutzphrase«, den er im Jahr 1911 in Bremen hielt, kam er ••• Oben: Birkenallee zwischen Allersehl und Weddersehl bei Hankensbüttel. Links: Besonders schön gewachsene Hänge-Birke als Straßenbaum an der Seedorfer Straße (L 252) bei Bad Bevensen. Die Birke Es wächst wohl auf der Heide und in des Waldes Raum ein Baum zu Nutz und Freude, genannt der Birkenbaum. Die Schuh, daraus geschnitzet, sind freundlich von Gestalt. Wohl dem, der sie besitzet, ihm wird der Fuß nicht kalt. Es ist die weiße Rinde zu Tabaksdosen gut, als teures Angebinde für den, der schnupfen tut. Man zapfet aus der Birke sehr angenehmen Wein, man reibt sich, dass es wirke, die Glatze damit ein. Dem Birkenreiserbesen gebühret Preis und Ehr; das stärkste Kehrichtwesen, das treibt er vor sich her. Von Birken eine Rute, gebraucht am rechten Ort, befördert oft das Gute mehr als das beste Wort. Und kommt das Fest der Pfingsten, dann schmückt mir fein das Haus, Ihr, meine liebsten Jüngsten, mit Birkenzweigen aus. Wihelm Busch (18321908) SOMMER 2018 I <strong>Calluna</strong> 25