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Calluna_Sommer2018_Web

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KULTURLANDSCHAFT<br />

Birkenalleen gehören zum<br />

typischen Landschaftsbild<br />

der Heide und sollten schon<br />

allein deshalb erhalten bleiben<br />

INKA LYKKA KORTH / Text und Fotos<br />

Alleen werden in Deutschland vor allem im<br />

Nordosten verortet. Tatsächlich ist<br />

Mecklenburg-Vorpommern nach Brandenburg<br />

das alleenreichste Bundesland,<br />

gefolgt von Bayern. Niedersachsen rangiert in der Statistik<br />

nur unter »ferner liefen«, und auch die deutsche<br />

Alleenstraße, die von der Ostsee bis zum Bodensee<br />

führt, macht um Niedersachsen einen großen Bogen,<br />

streift unser Bundesland lediglich am südöstlichen<br />

Zipfel bei Duderstadt. Dabei gibt es hierzulande, insbesondere<br />

in der Südheide, auch außerhalb von Parkanlagen<br />

viele schöne Alleen. Dass diese weniger<br />

Beachtung und Wertschätzung erfahren, liegt möglicherweise<br />

daran, dass sie überwiegend mit Birken und<br />

Obstbäumen bestanden sind und kein geschlossenes<br />

Gründach bilden. Im Vergleich zu den typischen Alleebäumen,<br />

dazu zählen vor allem Linde, Ahorn und<br />

Eiche, gelten diese Baumarten als minderwertiger und<br />

werden vielleicht deshalb weniger ernst genommen.<br />

Zugegeben, Birken und Obstbäume erreichen nicht<br />

annähernd das hohe Alter der typischen Alleebäume<br />

und müssen deshalb in kürzeren Abständen ersetzt<br />

werden, dennoch prägen sie schon seit Jahrhunderten<br />

das Landschaftsbild in der Heide und sollten deshalb<br />

unbedingt erhalten werden.<br />

Bedauerlicherweise scheinen die zuständigen Straßenbauverwaltungen<br />

keine allzu hohe Meinung von<br />

Birken zu haben, denn nach Stürmen, Verkehrsunfällen<br />

oder Blitzeinschlägen abgängige Bäume werden<br />

nur selten ersetzt, und so werden die Birkenalleen<br />

immer löchriger. Bestes Beispiel dafür ist die Kreisstraße<br />

7 zwischen Hankensbüttel und Oerrel.<br />

Dass man weniger Skrupel hat, Alleebäume zu fällen,<br />

wenn es sich dabei um Birken handelt, ist nicht<br />

neu. Schon der Journalist, Dichter und Naturschützer<br />

Hermann Löns (1866-1914), dem die einst als öder,<br />

trister und unwirtlicher Landstrich geltende Südheide<br />

zu einem guten Teil ihre touristische Attraktivität zu<br />

verdanken hat, wetterte gegen die zunehmende Zerstörung<br />

der Landschaft. In seinem bemerkenswerten Vortrag<br />

»Der Naturschutz oder die Naturschutzphrase«,<br />

den er im Jahr 1911 in Bremen hielt, kam er •••<br />

Oben: Birkenallee zwischen Allersehl und Weddersehl bei Hankensbüttel.<br />

Links: Besonders schön gewachsene Hänge-Birke als Straßenbaum an der<br />

Seedorfer Straße (L 252) bei Bad Bevensen.<br />

Die Birke<br />

Es wächst wohl auf der Heide<br />

und in des Waldes Raum<br />

ein Baum zu Nutz und Freude,<br />

genannt der Birkenbaum.<br />

Die Schuh, daraus geschnitzet,<br />

sind freundlich von Gestalt.<br />

Wohl dem, der sie besitzet,<br />

ihm wird der Fuß nicht kalt.<br />

Es ist die weiße Rinde<br />

zu Tabaksdosen gut,<br />

als teures Angebinde für den,<br />

der schnupfen tut.<br />

Man zapfet aus der Birke<br />

sehr angenehmen Wein,<br />

man reibt sich,<br />

dass es wirke,<br />

die Glatze damit ein.<br />

Dem Birkenreiserbesen<br />

gebühret Preis und Ehr;<br />

das stärkste Kehrichtwesen,<br />

das treibt er vor sich her.<br />

Von Birken eine Rute,<br />

gebraucht am rechten Ort,<br />

befördert oft das Gute<br />

mehr als das beste Wort.<br />

Und kommt das Fest der Pfingsten,<br />

dann schmückt mir fein das Haus,<br />

Ihr, meine liebsten Jüngsten,<br />

mit Birkenzweigen aus.<br />

Wihelm Busch (1832­1908)<br />

SOMMER 2018 I <strong>Calluna</strong> 25

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