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Der Burgbote 1967 (Jahrgang 47)

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Literarische Anekdoten von Horst Pirwitz<br />

Ein junger Lyriker sandte einem Münchner<br />

Verieger sein erstes Manuskript mit Gedich<br />

ten. In seinem Begleitschreiben fragte er den<br />

Verleger: „Sind es nicht duftige Verse, un<br />

glaublich leicht, durchsichtig und zart?"<br />

„Sie haben ganz recht", antwortete der Ver<br />

leger in dem Brief, mit dem er das Manu<br />

skript zurückgab, „ihre Verse sind so leicht,<br />

daß sie den leichtesten Druck nicht überste<br />

hen würden".<br />

Ein bekannter Lustspielautor begann seine<br />

Karriere nicht in seinem später so einträg<br />

lichen Fach, sondern mit einem Drama, das<br />

den etwas sentimentalen Titel „Frost im Früh<br />

ling" trug. Er war einigermaßen überrascht,<br />

als das Stück in einer Zeitung als „Prost dem<br />

Prüfling" angekündigt wurde. <strong>Der</strong> Verfasser<br />

schickte natürlich eine Berichtigung, die sein<br />

Erstlingswerk am nächsten Tage als „Trost<br />

dem Täufling" ankündigte. Darauf resignierte<br />

der Autor und schrieb nur noch Lustspiele.<br />

Eine kleine Stadt wollte auch ihren berühm<br />

ten Mann haben. Die Wahl fiel auf einen<br />

längst verstorbenen, sehr mittelmäßigen Hei<br />

matdichter. In der Begründung des Bürger<br />

schaftsausschusses, dem der Bibliotheksrat<br />

vorstand, hieß es: „Über mehr als sechzig<br />

Jahre ist er seiner Berufung, unsere Heimat<br />

zu besingen, treu geblieben. Da ihn von den<br />

Lebenden niemand mehr kennt und seine<br />

Werke seit Jahrzehnten nicht mehr aufgelegt<br />

wurden, können wir es nunmehr wagen, ihn<br />

als großen Sohn unserer Stadt zu feiern."<br />

Wohl ein halbes Dutzend Mal richtete der<br />

Herausgeber einer kleinen literarischen Zeit<br />

schrift an Bernard Shaw die Bitte um einen<br />

Beitrag — vergeblich. Endlich, nach dem sieb<br />

ten Versuch, erhielt er vom Dichter folgenden<br />

mit der Schreibmaschine geschriebenen Brief<br />

ohne Unterschrift: „Werter Herr, mein Schwei<br />

gen hätte Sie darüber belehren können, daß<br />

ich nicht gewillt bin, etwas zu veröffentlichen.<br />

was nur von sehr wenigen Menschen gelesen<br />

werden wird. Auch habe ich nicht die Absicht,<br />

durch mein Autogramm das Leben ihres Blat<br />

tes um eine weitere Nummer zu verlängern.<br />

GBS." Diese drei initialen genügten aber, um<br />

für den Brief doch bald einen gutzahlenden<br />

Liebhaber zu finden.<br />

Den Schallplattenfreunden empfohlen ...<br />

Ludwig van Beethoven Missa solemnis<br />

Eiektroia Nr. 91 489/90 — Stereo — 2 Platten<br />

zu je 30 cm.<br />

Eine Aufnahme von dem bedeutendsten sacralen<br />

Werk der Musikgeschichte zu machf \<br />

hat Produzenten und Dirigenten immer wiedc.'<br />

gereizt. Die vorliegende neue Aufnahme<br />

leitet Otto Kiemperer. Ihm standen das<br />

Neue Philharmonia Orchester, London, nebst<br />

Chor zur Verfügung sowie ein ausgezeich<br />

netes Solistenquartett (Elisabeth Söderström,<br />

Marga Höffgen, Waldemar Kmentt und Martti<br />

Taiveia). Auf das Werk selbst des näheren<br />

einzugehen, können wir uns in diesem Zusam<br />

menhang ersparen. Jeder kennt die unbe<br />

strittene Stellung der Missa, von der Beet<br />

hoven selbst sagte, sie sei „für die Ewigkeit<br />

geschrieben", in der gesamten Literatur gibt<br />

es kaum ein vergleichbares Werk, das eine so<br />

starke Aussagekraft besitzt. Die gewaltigen<br />

Ausmaße des Werkes, verbunden mit der gei<br />

stigen Tiefe der Gedanken, haben von jeher<br />

den Hörer fasziniert. Otto Kiemperer, der sich<br />

sein ganzes Leben mit der Missa solemnis be<br />

schäftigte, ist einer der Berufenen für eine<br />

kongeniale Interpretation, die er mit einem<br />

Höchstmaß an Werktreue gestaltet. An die So<br />

listen wie an den Ohor werden ungewöhnliche<br />

Anforderungen gestellt, die ähnlich wie in der<br />

9. Sinfonie den vokalen Rahmen zu sprengen<br />

drohen. Diese Schwierigkeiten sind bei der Au* v<br />

nähme dank ihrer hohen technischen Vc ß<br />

kommenheit überwunden worden. Auch von<br />

der Relativität des Klangvoiumens her läßt die<br />

Aufnahme keinen Wunsch offen. Sie ist eine<br />

seltene Bereicherung der Standardwerke des<br />

Musikfreundes, der in dem beigegebenen Heft<br />

knappe, aber inhaltsreiche Erläuterungen der<br />

Missa und ihres musikalischen Aufbaues findet,<br />

[entn. „Lied und Chor"]<br />

Herausgeber: KMGV-Vermögens-Verwaltungs-Gesellschaft mbH., Köln, Maurltlussteinweg 59, «Haus Woikenburg»<br />

Schriftleitung: u. allein. Anz.-Annahme: Heinz Bremm, (5064) Rösrath/Bez. Köln, Am Hohwinkel 9, Ruf; 92 05/39 62<br />

Druck: Otto Ritterbach & Co.. Weiden bei Köln, Kleiststraße, Ruf 92 94/7 56 19 und 92 94/7 55 49<br />

Gestaltung der Titelseite: Glahö Werbung Köln<br />

Titelbild: Teilansicht «Haus Wolkenburg» Vereinshaus des Kölner Männer-Gesang-Vereins

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