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Der Burgbote 1967 (Jahrgang 47)

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<strong>Der</strong> Kölner Männer-Gesang-Verein begeisterte in Wetzlar<br />

Deutsche Barden vom<br />

rheinischen Strand<br />

grüßen dich, Wetzlar, mit<br />

Herz und Hand!<br />

So klang es aus 200 Män<br />

nerkehlen am Samstag<br />

nachmittag im Vestibül<br />

des „Wetzlarer Hofes'',<br />

wo der Solmser Sänger<br />

bund den Kölner Männer-<br />

Gesang-Verein zu zwei<br />

Chorkonzerten im Land<br />

an der Lahn willkommen<br />

hieß. Jeder der 200 Köl<br />

ner Sänger trug in silber<br />

ner Prägung das neben<br />

stehende Zeichen am Re<br />

vers seines tadellos ge<br />

schneiderten Fracks: das Wahrzeichen dieses 125<br />

Jahre alten berühmten Chores, dessen Motto<br />

„Durch das Schöne stets das Gute" heißt. Von<br />

200 Männern wurde es als persönliches Bekennt<br />

nis in silberner Prägung sichtbar kundgetan. Un<br />

endlich Schönes haben die Kölner Sänger in<br />

Wetzlar in den beiden Konzerten zum Klingen<br />

gebracht. Möge hier ebensoviel Gutes die Wir<br />

kung sein!<br />

<strong>Der</strong> Kölner Männer-Gesang-Verein gehört zu<br />

den Spitzenchören im deutschen Land. Diesen<br />

hohen Rang erreichte er nicht erst in der Ge<br />

genwart. Schon ein Jahrzehnt nach seiner<br />

Gründung, im Jahr 1853, hat er durch eine<br />

Englandreise von sich reden gemacht, wovon<br />

eine damals geprägte und am Samstag dem<br />

Solmser Sängerbund als Gastgeschenk über<br />

reichte Plakette Kunde gibt. Und schon vor<br />

dem ersten Weltkrieg wurde ihm mehrfach die<br />

^mals höchste Auszeichnung, die „Goldene<br />

Jiiserkette", zuerkannt — im Wechsel mit dem<br />

anderen damals so berühmten Chor, dem Ber<br />

liner Lehrergesangverein. Hätte Wetzlar eine<br />

goldene Kette zu vergeben gehabt — man<br />

hätte sie am Samstag nach den Konzerten<br />

den Kölnern überreicht.<br />

Unter den rund 750 Gästen, die zu jedem der<br />

beiden Konzerte aus weitem Umkreis nach<br />

Wetzlar gekommen waren, mögen sehr viele<br />

gewesen sein, die hier zum erstenmal erleb<br />

ten, was Männerchorgesang vermag und wie<br />

er klingen kann. Vielleicht war auch gar man<br />

cher darunter, der bislang den Chorgesang<br />

recht geringschätzig beurteilt und ihn be<br />

lächelt hat. Nach diesen Konzerten der Köl<br />

ner lächelte wahrscheinlich keiner mehr. Oder<br />

er lächelte anders: In Erinnerung an einen<br />

vollkommenen künstlerischen Genuß.<br />

Das war das eine, was diese Chorkonzerte<br />

vermitteln: einen vollkommenen künstlerischen<br />

Genuß. Man erlebte in einzigartiger Darbie<br />

tung Chormusik im Wandel der Zeit. Die ge<br />

sungene Reise durch die Jahrhunderte führte<br />

vom späten Mittelalter des veronesischen Ma<br />

drigalisten Marco Antonio Ingegneri und des<br />

spanischen Palestrinafreundes da Vittoria über<br />

das melodiengesättigte Hochbarock des vene<br />

zianischen Kirchenmusikers Antonio Lottl,<br />

über die Klassik Mozarts und Schuberts, die<br />

Romantik Webers und Schumanns bis zu An<br />

ton Bruckner und Kurt LIßmann als dem Re<br />

präsentanten unserer Zeit. Mit erlesenen Bei<br />

spielen und in erlesener Darbietung wurde<br />

der chorischen Vergangenheit Genüge getan.<br />

Es war ein herrliches vokales Musizieren. Ein<br />

großer Chor zeigte sich in der Hand eines<br />

großen Dirigenten, der rnit sensiblen Gesten<br />

suggestive Zeichen gab, als ein wundervolles<br />

Instrument. Professor Hermannjosef Rübben<br />

ist dem heimischen Land durch Chorleiter<br />

schulung vertraut; hier aber lernte man ihn<br />

als Praktiker kennen; man sah und erlebte,<br />

wie er das, worüber er in den Schulungen<br />

sprach, mit seinem eigenen Chor in die Tat<br />

umsetzt, wie er ihn in ausgeglichener, schwe<br />

bender und reich differenzierter Klangführung<br />

und profilierter beseelter Stimmenführung zu<br />

künstierischen Hochleistungen bringt.<br />

Damit ist schon die zweite Richtung der Kon<br />

zerte berührt: Sie wandten sich nicht nur an<br />

die musikalischen Feinschmecker, sondern<br />

auch und vor allem an die Experten, an die<br />

Sänger im heimischen Land. An sie vor allem<br />

hatte der Solmser Sängerbund bei der Ver<br />

anstaltung der Konzerte gedacht, und sie vor<br />

aliem füllten am Nachmittag und Abend den<br />

Saal. Sie erfuhren hier, zu welch grandiosen<br />

Wirkungen die Sache, um die sie sich mit so<br />

viel Ernst und Eifer bemühen, emporgeführt<br />

werden kann. Gewiß, der Rahmen der Kon<br />

zerte unterschied sich von dem vieler heimi<br />

scher Vereine kaum: Es sang ein Chor, es<br />

musizierten instrumentaiisten, es trat eine So<br />

listin auf. Aber auf das Wie kam und kommt<br />

es an. Man sah hier, wieviel Wert schon auf<br />

das äußere Bild, auf Chorhaltung und Chor<br />

disziplin geiegt wird. Es gab keine störenden<br />

und Stimmungsmordenden Auf- und Abgänge,<br />

kein unruhiges Hin und Her. Und wie der<br />

Fluß im Äußeren und Ganzen, so auch war

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