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<strong>Der</strong> Kölner Männer-Gesang-Verein begeisterte in Wetzlar<br />
Deutsche Barden vom<br />
rheinischen Strand<br />
grüßen dich, Wetzlar, mit<br />
Herz und Hand!<br />
So klang es aus 200 Män<br />
nerkehlen am Samstag<br />
nachmittag im Vestibül<br />
des „Wetzlarer Hofes'',<br />
wo der Solmser Sänger<br />
bund den Kölner Männer-<br />
Gesang-Verein zu zwei<br />
Chorkonzerten im Land<br />
an der Lahn willkommen<br />
hieß. Jeder der 200 Köl<br />
ner Sänger trug in silber<br />
ner Prägung das neben<br />
stehende Zeichen am Re<br />
vers seines tadellos ge<br />
schneiderten Fracks: das Wahrzeichen dieses 125<br />
Jahre alten berühmten Chores, dessen Motto<br />
„Durch das Schöne stets das Gute" heißt. Von<br />
200 Männern wurde es als persönliches Bekennt<br />
nis in silberner Prägung sichtbar kundgetan. Un<br />
endlich Schönes haben die Kölner Sänger in<br />
Wetzlar in den beiden Konzerten zum Klingen<br />
gebracht. Möge hier ebensoviel Gutes die Wir<br />
kung sein!<br />
<strong>Der</strong> Kölner Männer-Gesang-Verein gehört zu<br />
den Spitzenchören im deutschen Land. Diesen<br />
hohen Rang erreichte er nicht erst in der Ge<br />
genwart. Schon ein Jahrzehnt nach seiner<br />
Gründung, im Jahr 1853, hat er durch eine<br />
Englandreise von sich reden gemacht, wovon<br />
eine damals geprägte und am Samstag dem<br />
Solmser Sängerbund als Gastgeschenk über<br />
reichte Plakette Kunde gibt. Und schon vor<br />
dem ersten Weltkrieg wurde ihm mehrfach die<br />
^mals höchste Auszeichnung, die „Goldene<br />
Jiiserkette", zuerkannt — im Wechsel mit dem<br />
anderen damals so berühmten Chor, dem Ber<br />
liner Lehrergesangverein. Hätte Wetzlar eine<br />
goldene Kette zu vergeben gehabt — man<br />
hätte sie am Samstag nach den Konzerten<br />
den Kölnern überreicht.<br />
Unter den rund 750 Gästen, die zu jedem der<br />
beiden Konzerte aus weitem Umkreis nach<br />
Wetzlar gekommen waren, mögen sehr viele<br />
gewesen sein, die hier zum erstenmal erleb<br />
ten, was Männerchorgesang vermag und wie<br />
er klingen kann. Vielleicht war auch gar man<br />
cher darunter, der bislang den Chorgesang<br />
recht geringschätzig beurteilt und ihn be<br />
lächelt hat. Nach diesen Konzerten der Köl<br />
ner lächelte wahrscheinlich keiner mehr. Oder<br />
er lächelte anders: In Erinnerung an einen<br />
vollkommenen künstlerischen Genuß.<br />
Das war das eine, was diese Chorkonzerte<br />
vermitteln: einen vollkommenen künstlerischen<br />
Genuß. Man erlebte in einzigartiger Darbie<br />
tung Chormusik im Wandel der Zeit. Die ge<br />
sungene Reise durch die Jahrhunderte führte<br />
vom späten Mittelalter des veronesischen Ma<br />
drigalisten Marco Antonio Ingegneri und des<br />
spanischen Palestrinafreundes da Vittoria über<br />
das melodiengesättigte Hochbarock des vene<br />
zianischen Kirchenmusikers Antonio Lottl,<br />
über die Klassik Mozarts und Schuberts, die<br />
Romantik Webers und Schumanns bis zu An<br />
ton Bruckner und Kurt LIßmann als dem Re<br />
präsentanten unserer Zeit. Mit erlesenen Bei<br />
spielen und in erlesener Darbietung wurde<br />
der chorischen Vergangenheit Genüge getan.<br />
Es war ein herrliches vokales Musizieren. Ein<br />
großer Chor zeigte sich in der Hand eines<br />
großen Dirigenten, der rnit sensiblen Gesten<br />
suggestive Zeichen gab, als ein wundervolles<br />
Instrument. Professor Hermannjosef Rübben<br />
ist dem heimischen Land durch Chorleiter<br />
schulung vertraut; hier aber lernte man ihn<br />
als Praktiker kennen; man sah und erlebte,<br />
wie er das, worüber er in den Schulungen<br />
sprach, mit seinem eigenen Chor in die Tat<br />
umsetzt, wie er ihn in ausgeglichener, schwe<br />
bender und reich differenzierter Klangführung<br />
und profilierter beseelter Stimmenführung zu<br />
künstierischen Hochleistungen bringt.<br />
Damit ist schon die zweite Richtung der Kon<br />
zerte berührt: Sie wandten sich nicht nur an<br />
die musikalischen Feinschmecker, sondern<br />
auch und vor allem an die Experten, an die<br />
Sänger im heimischen Land. An sie vor allem<br />
hatte der Solmser Sängerbund bei der Ver<br />
anstaltung der Konzerte gedacht, und sie vor<br />
aliem füllten am Nachmittag und Abend den<br />
Saal. Sie erfuhren hier, zu welch grandiosen<br />
Wirkungen die Sache, um die sie sich mit so<br />
viel Ernst und Eifer bemühen, emporgeführt<br />
werden kann. Gewiß, der Rahmen der Kon<br />
zerte unterschied sich von dem vieler heimi<br />
scher Vereine kaum: Es sang ein Chor, es<br />
musizierten instrumentaiisten, es trat eine So<br />
listin auf. Aber auf das Wie kam und kommt<br />
es an. Man sah hier, wieviel Wert schon auf<br />
das äußere Bild, auf Chorhaltung und Chor<br />
disziplin geiegt wird. Es gab keine störenden<br />
und Stimmungsmordenden Auf- und Abgänge,<br />
kein unruhiges Hin und Her. Und wie der<br />
Fluß im Äußeren und Ganzen, so auch war