Top100 Imst 2017
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
TOP 100 IMST | INTERVIEW<br />
ECHO: Welche Varianten gibt es<br />
außerdem noch?<br />
Schöpf: Ein anders Modell wäre<br />
das Baurecht. Es bestimmt, dass man<br />
für einen bestimmten Zeitraum –<br />
mindestens zehn Jahre, maximal<br />
100 Jahre – Eigentum abgibt. Das<br />
Baurecht erlaubt auch Baurechtswohnungseigentum.<br />
Während der<br />
Vertragslaufzeit ist das ein uneingeschränktes<br />
Nutzungsrecht, das behandelt<br />
wird wie Eigentum auf Zeit.<br />
Die gesetzliche Bestandskraft ist<br />
extrem stark, das Aufkündigen eines<br />
Baurechts ist ausschließlich zulässig,<br />
wenn der Bauzins für mindestens<br />
zwei Jahre nicht bezahlt wird. Man<br />
kann das Baurecht weiterveräußern,<br />
vererben, hypothekarisch belasten.<br />
ECHO: Worin liegt der Vorteil<br />
eines Baurechts?<br />
Schöpf: Durch ein Baurecht habe<br />
ich geringere Grundanschaffungskosten,<br />
die ich partiell weitergeben<br />
kann. Über das Baurecht kann man<br />
auch günstiger mieten. Ein in die<br />
Miete eingerechneter Bauzinsteil ist<br />
im Normalfall wesentlich niedriger<br />
als eine übliche Refinanzierung eines<br />
Grundkaufs. Der Grundverkäufer<br />
hat unter anderem den Vorteil, dass<br />
er sich günstig Wohnraum beschaffen<br />
kann, indem er einem Bauträger<br />
einen günstigen Bauzins anbietet<br />
und im Gegenzug dafür einen niedrigeren<br />
Wohnungskaufpreis im errichteten<br />
Gebäude erhält. Die Dauer<br />
des Baurechts wird üblicherweise<br />
auf den Lebenszyklus des Gebäudes<br />
abgestimmt und danach an den<br />
Grundeigentümer zurückgestellt.<br />
ECHO: Wie verhält es sich beim<br />
Wohnbau?<br />
Schöpf: Ein Haus hat eine durchschnittliche<br />
Lebensdauer von 50 bis<br />
60 Jahren. Gemeinnützige Bauträger<br />
machen Baurechtsverträge meist auf<br />
50 + 2 Jahre, Nutzungs- plus Bauzeit.<br />
Im Baurechtsvertrag kann geregelt<br />
werden, dass das Gebäude ohne Investitonsrückstau<br />
bis zum Ende des<br />
Baurechts instandgehalten wird. Als<br />
Grundeigentümer bekommt man<br />
danach ein intaktes Gebäude ins Eigentum<br />
übergeben.<br />
ECHO: Das doch dann wohl entschädigt<br />
werden muss?<br />
Schöpf: Die Entschädigung ist<br />
frei vereinbar. Ohne Vereinbarung<br />
sieht das Gesetz 25 Prozent des<br />
Bauwerts, des reinen Sachwerts, als<br />
Entschädigung vor. Das ist im Regelfall<br />
ein sehr gutes Investment. Je<br />
länger das Baurecht dauert, desto<br />
geringer die Ablöse. Der Baurechtsnehmer<br />
refinanziert sein Gebäude<br />
über die Dauer des Baurechts. Hat<br />
sich ein Gebäude nach zwanzig Jahren<br />
amortisiert, verdient er weitere<br />
20, 30 Jahre daran. Danach muss er<br />
das Gebäude zurückstellen. Die Art<br />
und Qualität der Immobilie wird jedenfalls<br />
auf die Dauer des Baurechts<br />
abgestimmt.<br />
ECHO: Eignet sich Baurecht auch<br />
für Eigennutzer?<br />
Schöpf: Das Baurechtsmodell eignet<br />
sich vor allem für Vermietung,<br />
da man den Bauzins analog einem<br />
Bestandsentgelt abschreiben kann.<br />
In der Eigennutzung würde man<br />
– natürlich abhängig von der Höhe<br />
des Bauzinses – im Prinzip in<br />
fünfzig Jahren den Grund zweimal<br />
finanzieren. Man geht normalerweise<br />
davon aus, dass man ein Grundstück,<br />
das man gekauft hat, binnen<br />
15 bis 20 Jahren zurückbezahlt hat.<br />
Generationenübergreifend macht es<br />
daher Sinn, einen Grund zu kaufen.<br />
Zu bedenken ist jedoch auch, dass<br />
ein Wohnhaus wohl eine technische<br />
Nutzungsdauer von 80 bis 100 Jahren<br />
hat, vom Lebenszyklus der Baumaterialien<br />
her betrachtet aber im<br />
Laufe von 30 Jahren generalsaniert<br />
werden muss.<br />
ECHO: Es gibt vielerorts große<br />
Probleme, bereits gewidmete Grundstücke<br />
zu mobilisieren. Dort tritt das<br />
Phänomen der Baulandhortung auf.<br />
Kann diesbezüglich das Baurecht den<br />
Druck herausnehmen?<br />
Schöpf: Sehr. Das Baurecht kann die<br />
Entscheidung der heutigen Eigentümergeneration,<br />
auch den nachfolgenden<br />
Generationen noch Grundbesitz<br />
zu hinterlassen, entlasten. Das<br />
Baurecht kann eine Mobilisierung<br />
von Bauland schaffen, weil es zum<br />
einen die mentale Schwierigkeit, sich<br />
für immer von einem Grundstück zu<br />
trennen, hinfällig macht und zum anderen<br />
für zwei bis drei Generationen<br />
Wohnraum zur Verfügung steht. Baurechtsnutzung<br />
ist gewerblich gesehen<br />
immer ein Geschäft.<br />
Interview: Marian Kröll<br />
64<br />
ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK IMST <strong>2017</strong>