phpro - Prozesstechnik für die Pharmaindustrie 02.2018
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<strong>phpro</strong><br />
EXPERTENMEINUNG<br />
„Mit dem Brexit kommen<br />
auf <strong>die</strong> Hersteller im Imund<br />
Export, bei klinischen<br />
Stu<strong>die</strong>n und der Wahl des<br />
Firmensitzes weitreichende<br />
Änderungen zu.“<br />
Bild: BAH/Volke<br />
DR. ELMAR KROTH<br />
Geschäftsführer Wissenschaft,<br />
Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)<br />
Das kommt auf <strong>die</strong> Arzneimittelhersteller zu<br />
Die Folgen des Brexit<br />
Der 26. Juni 2016 wird in <strong>die</strong> Geschichte<br />
eingehen. An <strong>die</strong>sem Tag haben sich <strong>die</strong> Briten<br />
mit knapper Mehrheit dazu entschieden,<br />
aus der EU auszutreten – <strong>die</strong> Folgen waren<br />
damals vielen nicht klar. So ist der Arzneimittelsektor<br />
zum Großteil auf europäischer<br />
Ebene harmonisiert. Mit dem Wegfall Großbritanniens<br />
aus der EU wird sich das <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Insel ändern. Auf <strong>die</strong> Arzneimittelhersteller<br />
kommen weitreichende Neuerungen zu,<br />
wenn sie weiterhin Zugang zum britischen<br />
Markt haben wollen.<br />
Ein mögliches Szenario: Für <strong>die</strong> Ein- und<br />
Ausfuhr von Waren nach Großbritannien<br />
fallen künftig Zölle und damit ein Mehr an<br />
Bürokratie an. Dies wird der Fall sein, wenn<br />
zwischen der EU und Großbritannien kein<br />
Handelsabkommen abgeschlossen oder<br />
Großbritannien nicht dem Europäischen<br />
Wirtschaftsraum beitreten wird. Zudem<br />
müssten Hersteller beim Im- und Export<br />
von Arzneimitteln zusätzliche Zertifikate<br />
vorlegen. Für <strong>die</strong> Industrie sind das Handelshemmnisse,<br />
<strong>die</strong> mit finanziellem und<br />
personellem Mehraufwand verbunden sind.<br />
Apropos Personal: Hersteller müssen sich<br />
auf teure Doppelstrukturen gefasst machen.<br />
Möchten Firmen mit EU-Sitz auch nach dem<br />
Brexit nach Großbritannien exportieren,<br />
müssen sie künftig dort eine Niederlassung<br />
gründen. Unter anderem muss in Groß -<br />
britannien zusätzlich eine Qualified Person<br />
responsible for Pharmacovigilance (QPPV)<br />
ansässig sein. Da Großbritannien künftig<br />
nicht mehr an dem europäischen System der<br />
Arzneimittelsicherheit teilnehmen wird,<br />
müssen <strong>die</strong> Unternehmen parallele Meldewege<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Übermittlung von Nebenwirkungen<br />
und anderer Informationen im Vereinigten<br />
Königreich aufbauen. Da der Status<br />
der EU-Bürger in Großbritannien nach dem<br />
Brexit noch unklar ist, bleibt offen, ob und<br />
unter welchen Voraussetzungen Arbeitsnehmer<br />
aus EU-Mitgliedstaaten überhaupt noch<br />
in Großbritannien arbeiten dürfen.<br />
Der Brexit wird zudem Auswirkungen auf<br />
Arzneimittelzulassungen haben. Großbritannien<br />
muss schnellstmöglich nationale Regelungen<br />
schaffen, damit zentrale Zulassungen<br />
weiterhin anerkannt werden. Für <strong>die</strong> Zulassung<br />
neuer Arzneimittel werden Hersteller<br />
auf nationale Verfahren zurückgreifen müssen,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> britische Zulassungsbehörde<br />
„Medicines and Healthcare Products Regulatory<br />
Agency“ durchführt. Auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> klinischen<br />
Prüfungen hat der Brexit Folgen.<br />
Hierzu wird in der EU voraussichtlich 2019<br />
eine neue Verordnung in Kraft treten. Offen<br />
ist, ob Großbritannien <strong>die</strong> Neuregelungen<br />
umsetzen wird. Falls nicht, wären laufende<br />
klinische Prüfungen nicht mehr rechtsgültig.<br />
Im Zweifelsfall müssten Hersteller neue<br />
Genehmigungen beantragen, damit <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>n<br />
fortgeführt werden können. Ähnliche<br />
Probleme drohen in anderen Rechtsbereichen,<br />
wie etwa bei den Medizinprodukten.<br />
Trotz vieler Absichtserklärungen der Politiker<br />
ist noch vieles unklar. Damit Hersteller<br />
vom Brexit nicht „kalt erwischt“ werden,<br />
sollten sie bereits jetzt alle nötigen Vorkehrungen<br />
treffen. Der BAH hat da<strong>für</strong> einen<br />
Brexit-Leitfaden mit den wichtigsten Änderungen<br />
erstellt. Er kann auf der Website<br />
www.bah-bonn.de unter der Rubrik<br />
Themen/Brexit heruntergeladen werden.<br />
66 <strong>phpro</strong> 02-2018