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Berliner Zeitung 07.12.2018

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 286 · F reitag, 7. Dezember 2018 11 *<br />

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Berlin<br />

VomKomplizen verraten<br />

Ein zweiter Beteiligter am Geldtransporter-Überfall sitzt in Haft. Der Klein-Schauspieler wird wegen Beihilfe verdächtigt<br />

VonAndreas Kopietz<br />

und Eric Richard<br />

Der spektakulär anmutende<br />

Überfall auf einen<br />

Geldtransporter im Oktober<br />

in Mitte scheiterte<br />

nicht nur grandios, weil die Täter<br />

ohne Beute ausgingen. Jetzt hat auch<br />

noch einer der Tatverdächtigen seine<br />

Komplizen an die Polizei verraten.<br />

Am Donnerstagmorgen vollstreckten<br />

Ermittler des Raubdezernats<br />

und Beamte eines Spezialeinsatzkommandos<br />

in Mariendorf einen<br />

zweiten Haftbefehl, den zuvor<br />

ein Richter erlassen hatte:<br />

Der 32-jährige beschuldigte Abdallah<br />

T. soll ein Helfer der Täter sein,<br />

die am 19. Oktober in der Schillingstraße<br />

einen Geldtransporter überfallen<br />

haben. Laut Martin Steltner,<br />

Sprecher der Staatsanwaltschaft,<br />

wird erder Beihilfe zum schweren<br />

Raub dringend verdächtigt.<br />

EinKlein-Schauspieler<br />

An der Schillingstraße in Mitte hatten fünf Maskierte am 19. Oktober einen Geldtransporter überfallen.<br />

Nach Informationen der <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> wurde Abdallah T. im libanesischen<br />

Tyros geboren. Seine Staatsangehörigkeit<br />

ist ungeklärt. Er lebte<br />

in Berlin zusammen mit einer Frau<br />

und Kindern. Beider Durchsuchung<br />

seinerWohnung im Hochparterreeines<br />

Mietshauses stellten die Beamten<br />

Beweismittel sicher.<br />

Abdallah T. ist nach Angaben von<br />

Ermittlern mit einem polizeibekannten<br />

palästinensisch-libanesischen<br />

Clan verbandelt. Mitglieder<br />

dieser Großfamilie fallen seit Jahren<br />

immer wieder durch Überfälle, Einbrüche,<br />

Zuhälterei und Gewalttaten<br />

auf. Nach Schätzung der Polizei leben<br />

vermutlich 200 bis 300 Mitglieder<br />

Großfamilie in Berlin. Voreinigen<br />

Jahren verdiente Abdallah T. auf<br />

legale Weise Geld. Er spielte unter<br />

anderem als Klein-Schauspieler in<br />

einem Film über einen Musiker. Für<br />

den Transporterüberfall soll er laut<br />

„Der dringende Tatverdacht stützt sich neben<br />

weiteren Ermittlungs-Erkenntnissen<br />

insbesondere auf die geständigen Angaben<br />

eines Mitbeschuldigten.“<br />

Martin Steltner, Sprecher der<br />

<strong>Berliner</strong> Generalstaatsanwaltschaft<br />

ERIC RICHARD<br />

Staatsanwaltschaft als „Logistiker“<br />

der Bande ein Tatfahrzeug und die<br />

Hydraulikwerkzeuge besorgt haben,<br />

die zur Öffnung des Geldtransporters<br />

erforderlich waren.<br />

Neben weiteren Ermittlungserkenntnissen<br />

stützesich der dringende<br />

Tatverdacht vor allem auf die geständigen<br />

Angaben eines Mitbeschuldigten,<br />

teilte die Staatsanwaltschaft mit.<br />

Bereits am vergangenen Freitag<br />

haben SEK-Beamte den 38-jährigen,<br />

ebenfalls aus dem Libanon stammenden<br />

Suphi S., der in einer geräumigen<br />

Villa in Mariendorf wohnte,<br />

verhaftet. Gegen ihn hatte ein Richter<br />

Haftbefehl nicht nur wegen<br />

schweren Raubes,sondernauch wegen<br />

versuchten Mordes erlassen.<br />

Als insgesamt fünf Vermummte<br />

am Morgen des 19. Oktober in der<br />

Schillingstraße den Geldtransporter<br />

stoppten und ausraubten, soll Suphi<br />

S. die beiden Wachleute darin mit einer<br />

Kalaschnikowbedroht haben.<br />

Geldkisten zurückgelassen<br />

Ein Funkstreifenwagen, der zufällig<br />

in der Nähe war, nahm die Verfolgung<br />

der flüchtenden Räuber auf. Es<br />

folgte eine wilde Verfolgungsjagd<br />

durch Mitte. Als der Funkwagen in<br />

der Neuen Grünstraße aus einem der<br />

beiden Fluchtfahrzeuge heraus beschossen<br />

wurde, mussten die Polizisten<br />

die Verfolgung abbrechen.<br />

Während der Flucht verursachte<br />

der Fahrer eines der Fluchtautos einen<br />

Unfall, weshalb ein Reifen<br />

platzte. Die Täter stiegen in das<br />

zweite Fahrzeug um und ließen die<br />

erbeuteten Geldkisten im kaputten<br />

Wagen zurück.<br />

Ob es der in Untersuchungshaft<br />

sitzende geständige Suphi S. war,der<br />

die Mittäter verriet, wollte Staatsanwaltschafts-Sprecher<br />

Steltner nicht<br />

sagen. „Es war einer der Mitbeschuldigten“,<br />

sagte er lediglich. Auch Suphi<br />

S. soll enge Verbindungen zu<br />

dem Palästinenserclan haben.<br />

Jetzt wird Ramona Pop<br />

angepalmert<br />

Berlin-Debatte: Parteifreund greift Wirtschaftssenatorin an<br />

VonPhilippe Debionne<br />

„Nur Reiche<br />

können sich eine<br />

arme Stadt leisten.<br />

Arme brauchen die<br />

Stadt dringend.“<br />

Boris Palmer, Oberbürgermeister von<br />

Tübingen, in seinem Brief an Berlins<br />

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop<br />

Nach dem Rundumschlag gegen<br />

die vermeintlich schlimmen<br />

Zustände in Berlin hat der Grünen-<br />

Politiker Boris Palmer jetzt Wirtschaftssenatorin<br />

Ramona PopinsVisier<br />

genommen. Palmers Parteikollegin<br />

(beide bei den Grünen) hatte<br />

den Tübinger Oberbürgermeister<br />

nach seiner derben Hauptstadt-Kritik<br />

(„In Berlin endet der funktionierende<br />

Teil Deutschlands“) via Twitter<br />

angeblafft: „Lieber BorisPalmer,niemand<br />

zwingt Dich, nach Berlin zu<br />

kommen. Wenn du Metropole,Vielfalt,<br />

Tempo und Lebenslust nicht erträgst,<br />

kannst du woanders die Kehrwoche<br />

zelebrieren und dich als Hilfssheriff<br />

blamieren“.<br />

In einem bei Facebook veröffentlichten<br />

Brief schreibt Palmer jetzt:<br />

„Liebe Ramona Pop, wir kennen uns<br />

jetzt mehr als 20 Jahre. Es hat mich<br />

sehr erstaunt, wie herablassend du<br />

auf meine Kritik an den Zuständen<br />

in deiner Stadt reagierthast.“ Metropolen,<br />

Vielfalt, Tempo und Lebenslust<br />

fände er „alles super“. Aber wo<br />

DPA<br />

stehe bitte, so der Süddeutsche,<br />

„dass das mit kaputten Schulen,<br />

Chaos im Nahverkehr, Kriminalität<br />

auf der Straße, Clanherrschaft und<br />

einem völlig überforderten öffentlichen<br />

Dienst erkauft“ werden müsse?<br />

Zudem wirft Palmer der Wirtschaftssenatorin<br />

vor, dass sie das Bedürfnis<br />

der meisten Menschen nach Sicherheit<br />

und Ordnung nicht nur nicht<br />

ernst nehmen, sondern sich sogar<br />

„darüber lustig“ machen würde.<br />

Auch, dass Pop esinihrer Funktion<br />

als Wirtschaftssenatorin begrüßt<br />

habe,dass statt einem Innovationscampus<br />

vonGoogle mit 500 Arbeitsplätzen<br />

nun Non-Profit-Unternehmen<br />

kommen, verstehe Palmer<br />

nicht. Man verhindere „Start-up-<br />

Kultur und Millionen-Investitionen“<br />

mit dem Argument, „der Gentrifizierung<br />

von Kreuzberg entgegenzuwirken“.<br />

Dafür zahlen müssten laut Palmer<br />

letztlich „wir Spießer in Baden-<br />

Württemberg über den Finanzausgleich“.<br />

In einer vergleichbaren Situation<br />

habe er den Internetgiganten Amazon<br />

nicht aus Tübingen vertrieben,<br />

sondern ihn als „wichtigen Teil der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung“ sowie<br />

der Forschung angesiedelt. Denn<br />

„bezahlbaren Wohnraum“ könne<br />

sich eine Stadt wie Tübingen nur<br />

leisten, wenn es ihr wirtschaftlich<br />

gut gehe. Ein arme Stadt hingegen<br />

könnten sich „nur Reiche leisten“.<br />

Auch dank ihm sei Tübingen<br />

mittlerweile schuldenfrei, habe die<br />

am besten ausgebaute Kinderbetreuung<br />

Deutschlands sowie „hervorragende<br />

Schulen“. Zudem seien<br />

in den zwölf Jahren seiner Amtszeit<br />

„25 Prozent mehr Arbeitsplätze“ geschaffen<br />

worden. Undmit einer „Reduktion<br />

des Kohlendioxid-Ausstoßes<br />

von 32 Prozent“ sei Tübingen<br />

„führend im Klimaschutz“. Seinen<br />

Wutbrief an die Senatorin beendet<br />

Palmer so: „Falls dich interessiert,<br />

wie man solche Erfolge erreicht, bist<br />

du herzlich eingeladen, dirTübingen<br />

und meine Arbeit anzuschauen.“<br />

Ramona Pop wollte sich auf Anfrage<br />

zunächst nicht äußern.<br />

berlinerbaeder.de|<br />

FITTES FEST T!<br />

MIT UNSEREM<br />

GESCHENKGUTSCHEIN. N.

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