10.12.2018 Aufrufe

DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS - Teil I. - Marokko - Hüter des maurischen Erbes

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

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Die überlieferte, weibliche Dichtung ist für die damalige muslimische Gesellschaft bemerkenswert. Während<br />

sich die Poeten oft als zärtliche Minnesänger erweisen, sich in verzückten Vergleichen über die Vorzüge der<br />

Geliebten ergehen, ihre Wangen mit Rosen, ihre Brüste mit Äpfeln und ihren Gang mit dem einer Gazelle<br />

vergleichen, ist die weibliche Dichtkunst gewagt und in ihrer Deutlichkeit zuweilen erstaunlich. Vor allem im<br />

11. Jahrhundert schätzten die Dichterinnen keine Scheu, weder im Formulieren ihrer intimsten Wünsche<br />

noch im Verfassen von Reimen. Im bürgerlichen Volk gab es zu jeder Zeit weibliche Poesie, nur wurden die<br />

Namen der Poetinnen nicht überliefert, im Gegensatz zu den Werken jener Dichterinnen, die ihrer Herkunft<br />

wegen im Licht der Öffentlichkeit standen, wie im Fall von Prinzessin Wallada und ihrer Liebesgeschichte mit<br />

dem Wesir Ibn Zaidun. Ganz am Ende dieses Beitrags, im Kapitel „Andalusien, wo alles einst begann ...“<br />

werden wir dem berühmten kordobesischen Liebespaar noch einmal und ausführlicher begegnen. Die<br />

verborgenen lyrischen Schätze wurden im Schoß der Familie gesammelt und weitergegeben bis sie, oft<br />

Jahrhunderte später und auf vielen Umwegen, durch die Andalusforschung das Licht der Öffentlichkeit<br />

erblickten. Alle nachfolgenden Verse sind anonym 14 und nicht ein- und derselben Autorin zuzuordnen.<br />

„Lass doch meine Fußspange<br />

und fass mich um die Hüften,<br />

mein Freund Ahmed;<br />

steige mit mir auf das Bett, mein Leben,<br />

und leg dich nackt zu mir<br />

Komm, mein Freund, entschließe dich,<br />

komm doch her und liebe mich;<br />

so küss mich auf den Mund<br />

und drück fest meine Brüste;<br />

bieg meinen Fußring hoch zum Ohrgehänge,<br />

mein Mann hat keine Zeit.“<br />

Ψ<br />

„Komm, Zauberer;<br />

erwacht der Morgen mit diesem Glanz,<br />

er nach Liebe verlangt.<br />

Morgen meiner Glut!<br />

Morgen meiner Freude!<br />

Wenn der Späher nicht wacht,<br />

will ich Liebe heute Nacht.“<br />

Ψ<br />

„Ich werde nicht schlafen, Mutter;<br />

wenn der Morgen anbricht,<br />

kommt Abu l’Qasim<br />

mit Auroras Gesicht.“<br />

Ψ<br />

„Wenn du bei Nacht mich besuchst,<br />

wann ich dich herbestellt,<br />

werd ich dir das Gelockte und meine Zöpfe schenken.“<br />

14 Auf Grund der Freizügigkeit ist anzunehmen, dass sie aus dem 11. Jh. stammen. Aus Ich pflückte die Rose…, ©Isabel<br />

Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, München, S. 25, 27<br />

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