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DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS - Teil I. - Marokko - Hüter des maurischen Erbes

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

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Palast Reales Alcázares de Sevilla. Er erfuhr viele Veränderungen.<br />

Ein kleiner <strong>Teil</strong> <strong>des</strong> Palasts datiert noch aus dem 11. Jh. So<br />

wie wir den „<strong>maurischen</strong>“ <strong>Teil</strong> heute sehen, wurde er<br />

vorwiegend unter dem Christenkönig Pedro I. von Kastilien im<br />

Jahr 1364 im Mudejar-Stil erbaut. Aber wir können uns<br />

angesichts dieser Palastsäle gut vorstellen, dass der Palast<br />

Königs al-Mutamid eine min<strong>des</strong>tens ebenso prunkvolle Bleibe<br />

war.<br />

Mudejaren war die Bezeichnung für Muslime, die ihre Religion<br />

auch unter christlicher Herrschaft beibehielten 24 . Als<br />

Baumeister wurden sie zu jeder Zeit von den Christen hoch<br />

geschätzt.<br />

Die Amtszeit <strong>des</strong> al-Mutamid als König der Taifa Sevilla<br />

begann in der Mitte <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts und war von<br />

heftigen Angriffen der hispanischen Christen auf die<br />

Kleinkönigreiche geprägt. Al-Mutamid schrieb zahlreiche<br />

Gedichte in jeder Lebenssituation: überschwängliche<br />

Lobpreisungen auf sich selbst auf der Höhe seiner Macht,<br />

romantische Liebeserklärungen an seine Königin Itimad,<br />

Verse sehnsuchtsvollen Verlangens wenn das Königspaar<br />

durch widrige Umstände getrennt war, nostalgische Erinnerungen an seine Jugend und verzweifelte Klagen<br />

während seiner Gefangenschaft in Aghmat 25 . Aber noch sieht er sich als glanzvoller Herrscher, dem<br />

Mondgestirn ebenbürtig. Er wird sein eigener Panegyrist:<br />

„Ich trank einen Wein,<br />

der mit seinem Leuchten das Dunkel erhellte,<br />

als die Nacht die Dämmerung<br />

wie einen Mantel über die Erde warf;<br />

bis der Mond im Zeichen <strong>des</strong> Zwillings erschien<br />

einem König gleich,<br />

leuchtend im Glanz seiner Herrlichkeit;<br />

als er sich aufmachte um gen Okzident zu wandern,<br />

öffnete sich über ihm ein funkelnder Schirm:<br />

Die Sterne drängten sich, ihn strahlend zu umgeben,<br />

sein Leuchten wurde erst durch sie vollkommen.<br />

Wie tapfere Krieger sammeln sich die Sterne um ihn,<br />

darüber stehen die Plejaden wie wehende Fahnen;<br />

ich bin ihm ebenbürtig auf der Erde,<br />

zwischen Kriegern und jungen Frauen,<br />

beide sind Zeichen für Ehre und Schönheit.“ 26<br />

König al-Mutamid, Sevilla, 11. Jh. (Lobrede auf sich selbst)<br />

24 Die Muslime, die 1492 nach dem Sieg der Katholischen Könige über das letzte Maurenreich in Hispanien zum<br />

Christentum übertraten (bzw. zwangsbekehrt wurden) wurden Morisken genannt. Das Wort Moriske hatte einen<br />

abwertenden Beigeschmack<br />

25 Südöstlich von Marrakesch, in Richtung Hoher Atlas gelegen. Unter Einheimischen auch als Ghemat bekannt. Als ich<br />

im Jahr 2000 dort war, war es noch nicht auf der Straßenkarte Michelin verzeichnet.<br />

26 aus Ich pflückte die Rose …, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, München, S.75<br />

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