10.12.2018 Aufrufe

DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS - Teil I. - Marokko - Hüter des maurischen Erbes

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Als die Christen in der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts die politische Schwäche der Taifakönige<br />

ausnutzten und tatsächlich zur Rückeroberung ansetzten 17 , wussten sich die kleinen Könige in panischer<br />

Angst keinen anderen Ausweg als ihre Glaubensbrüder in <strong>Marokko</strong>, die Almoraviden 18 , zu Hilfe zu rufen.<br />

Unbemerkt vom Rest der Welt hatten diese berberischen Kriegermönche unter der Führung von<br />

Yussuf Ibn Taschfin innerhalb weniger Jahre ganz <strong>Marokko</strong> unterworfen. Wie ein Wüstensturm waren sie<br />

von einem ribat 19 tief im Süden der Sahara, über das nordafrikanische Land gefegt. Sie waren kampferprobt,<br />

unterwarfen sich einer eisernen Disziplin und waren erfüllt von heiligem Eifer. Die Almoraviden konnten die<br />

Christen zwar in ihre Schranken weisen, wandten sich dann aber gegen die Könige der Taifas die in ihren<br />

Augen dekadent und dem islamischen Glauben abtrünnig geworden waren. Einige starben im Kampf, andere<br />

wurden nach <strong>Marokko</strong> deportiert. Ab dem Ende <strong>des</strong> 11. Jh. wurden in allen Provinzen al-Andalus berberische<br />

Gouverneure eingesetzt, damit war Marrakesch auch die Hauptstadt von al-Andalus.<br />

Danach sollte es immer wieder Blütezeiten der <strong>maurischen</strong> Kultur in Hispanien geben, aber das Ende<br />

<strong>des</strong> 11. Jh. markiert den Wendepunkt, es war der Anfang vom Ende von al-Andalus. In diesem Moment<br />

beginnt die gemeinsame Geschichte von al-Andalus und dem Königreich <strong>Marokko</strong>:<br />

<strong>Marokko</strong> und al-Andalus<br />

Bereits im 4. Jahrhundert n.Chr. verließen die alten Araber ihre Halbinsel, um die angrenzenden Kontinente<br />

zu erkunden. Im äußersten Westen gebot ein Furcht einflößen<strong>des</strong> und Legenden umwobenes Meer ihrem<br />

Entdeckungsdrang Einhalt. „(...) Dort im Okzident beginnt das westliche Meer, das man auch das Meer der<br />

Dunkelheit nennt. Weiter darüber hinaus weiß niemand, was dort existiert (...)“ schrieb der Geograph al-Idrisi<br />

im 12. Jahrhundert. Dort, am Ende <strong>des</strong> afrikanischen Erdteils, lag ein Land, das die Araber al-Maghrib al-aqsa<br />

nannten den äußersten Westen – ein Land am Rande <strong>des</strong> Sonnenuntergangs.<br />

Obwohl der Ursprung von al-Andalus in der Dynastie der Umayyaden von Damaskus lag, gibt es kein<br />

anderes Land <strong>des</strong>sen Geschichte enger mit al-Andalus verbunden wäre, als die <strong>des</strong> Königreichs <strong>Marokko</strong>. Das<br />

war mir klar geworden, kaum dass ich die Geschichten aus al-Andalus abgeschlossen hatte. Es führte dazu<br />

dass ich ein Buch nur über das maghrebinische Königreich schrieb: Land am Sonnenuntergang – <strong>Marokko</strong>.<br />

Damit wurde <strong>Marokko</strong> ab dem Jahr 1999 zum Ziel zahlreicher Reisen. Auch hier konnte ich wieder<br />

auf die reiche Fülle überlieferter Quellen zurückgreifen und damit auch der bewegten Geschichte <strong>des</strong><br />

Königreichs <strong>Marokko</strong> menschliche Züge verleihen: Im Land der Berber erwachten Sultane und Poeten zu<br />

neuem Leben, heilige Männer und Geistwesen waren der Ursprung für faszinierende Legenden. Große<br />

Bedeutung kommt der Epoche vom 11. bis zum 14. Jahrhundert zu in der die Schicksale von al-Maghreb und<br />

al-Andalus besonders eng miteinander verbunden waren.<br />

Ψ<br />

Anmerkung:<br />

Ich musste mich entscheiden ob ich die Erzählung in diesem Kapitel hier chronologisch, nach geschichtlichen<br />

Abläufen, oder unter Berücksichtigung der geographischen Gegebenheiten <strong>des</strong> Königreichs von Nord nach<br />

Süd aufschreibe. Ich habe für Ersteres optiert, auch wenn es geographisch ab und zu von Nord nach Süd und<br />

wieder zurück geht.<br />

Ψ<br />

17 Maßgeblich beteiligt bei der Rückeroberung im 11. Jahrhundert war ein außerordentlich begabter spanischer<br />

Feldherr namens Rodrigo Díaz de Vivar, den die Nachwelt als den Kämpen und Ritter El Cid kennt.<br />

18 arab. al-murabitun „Krieger/Kämpfer von der Grenze“ [zu Mauretanien]<br />

19 ein Kloster. S. auch der Name der Stadt Rabat. An der Stelle der heutigen alten Stadt auf dem Felsen befand sich ein<br />

Kloster der Kriegermönche, der Almoraviden<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!