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DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS - Teil I. - Marokko - Hüter des maurischen Erbes

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

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Moulay Idris, 1999. Wie in allen<br />

islamischen Ländern weisen<br />

grüne Dächer auf heilige<br />

Bauwerke hin.<br />

Schon der Anfang <strong>des</strong><br />

maghrebinischen Königreichs<br />

ähnelt dem von al-Andalus. Abd<br />

al-Rahman I. war der letzte<br />

Überlebende der Dynastie der<br />

Umayyaden von Damaskus<br />

gewesen, dem nach einem<br />

Putsch der Abbasiden die Flucht<br />

nach al-Andalus gelang.<br />

Für <strong>Marokko</strong> war es Idris Ibn<br />

Abdallah aus dem Geschlecht<br />

der arabischen Aliden, der in<br />

eine Revolte gegen die<br />

Abbasiden verwickelt war und fast 30 Jahre später aus Bagdad fliehen musste (786). Nach einer<br />

abenteuerlichen Odyssee über Kairo und Nordafrika erreichte er das marokkanische Walili 20 , das ehemalige<br />

römische Volubilis. Er wurde gastlich aufgenommen und blieb. Obwohl arabische Eroberungszüge auch<br />

<strong>Marokko</strong> berührt hatten, gab es in <strong>Marokko</strong> noch keinen arabischen Herrschaftsanspruch. Die Mehrzahl der<br />

Einwohner waren angehörige unabhängiger Berberstämme, die seit Urzeiten den Norden Afrikas<br />

bevölkerten und von Fürsten ähnlichen Anführern geleitet wurden. Die Berber hatten ihre eigenen, zum<br />

großen <strong>Teil</strong> heidnischen, Rituale und verschlossen sich zunächst der Islamisierung.<br />

Idris Ibn Abdallah hatte ein ausgeprägtes Führungstalent, im Jahr 789 wurde der ehemalige<br />

Flüchtling als Emir Idris I. anerkannt. Zunächst lag sein Bestreben vorrangig darin, dass er versuchte<br />

rivalisierende Berberstämme zu einen. Unbeirrt predigte er und führte dazu ein gottgefälliges Leben, seine<br />

weisen Ratschläge wurden auch von den Stammesführern geschätzt. Er war der Stammvater der Dynastie<br />

der Idrisiden. Anfangs war sein Reich noch klein, doch eroberte er Agadir und Tlemcen im Jahr 780 und<br />

konnte ein Bündnis mit einem weiteren, mächtigen Berberfürsten schließen. Damit reichte sein<br />

Einflussgebiet im Norden schon bis zum heutigen Fès wo er ein befestigtes Heerlager errichten ließ. Er wurde<br />

vergiftet und starb im Jahr 791 21 .<br />

Bis ins Jahr 974 entstammten alle marokkanischen Emire der Dynastie der Idrisiden. Einige spielten<br />

auch kurzzeitig eine eher unbedeutende Rolle in der Zeit der Taifakönigreiche in al-Andalus. Idris I. wurde in<br />

Walili bestattet, ihm zu Ehren heißt der kleine Ort heute Mulay Idris und ist eine der bedeutendsten<br />

Wallfahrtsstätten <strong>Marokko</strong>s. Zu Ehren <strong>des</strong> Gründers <strong>des</strong> Königreichs <strong>Marokko</strong> wurde ein beeindruckender<br />

Moscheekomplex gebaut. Nicht nur die Gebetshalle, auch die Ortschaft selber durfte bis 1920 von keinem<br />

Andersgläubigen betreten werden. Für die Moschee galt das weiterhin 1999 als ich mit einer Familie<br />

marokkanischer Pilger aus Meknès dort war. Obwohl ich die traditionelle Dschellaba trug und mich nicht<br />

einmal in die Nähe <strong>des</strong> muslimischen Heiligtums wagte wurde ich in den Gassen hier und da mit feindseligen<br />

Blicken bedacht.<br />

An dieser Stelle möchte ich jedoch ganz besonders hervorheben dass dies das einzige Mal war.<br />

Obwohl ich immer allein und in alle Himmelsrichtungen durch <strong>Marokko</strong> gefahren bin, habe ich nur<br />

Höflichkeit, Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Ritterlichkeit erfahren, unabhängig von Alter und<br />

Bildungsniveau, ob in großen Städten oder in ländlichen Gegenden.<br />

Ψ<br />

20 auch Walila<br />

21 Es heißt, dass Kalif Harun al-Raschid, aus der Dynastie der Fatimiden (Kairo) den Befehl hierzu gegeben hätte weil er<br />

befürchtete, dass Idris I. zu mächtig werden könnte.<br />

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