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DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS - Teil I. - Marokko - Hüter des maurischen Erbes

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

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Hochrufe wurden laut, Ferdinand und Isabel stiegen ab, knieten nieder und dankten Gott für diesen großen<br />

Triumph. Als Boabdil sie erreichte wollte er absteigen und dem Königspaar die Hände küssen, sie hinderten<br />

ihn daran und ersparten dem Maurenkönig diese Demütigung. Dann übergab Boabdil dem Christenkönig die<br />

Schlüssel der Stadt mit den Worten „Dieser Schlüssel ist das Letzte was von dem großen Reich der Araber in<br />

Spanien übrig bleibt. Dir gehören sie, o König! Unsere Reichtümer, unser Königreich und meine Person. Das ist<br />

der Wille Gottes! Empfange uns mit dem Erbarmen, das du uns versprochen hast.”<br />

Ferdinand II. sicherte ihm zu dass er und die Bevölkerung <strong>des</strong> Reichs fortan in Frieden leben könnten.<br />

Für den glorreichen Abschluss der Reconquista wurde dem königlichen Paar von der Kirche der Titel<br />

„Katholische Könige“ verliehen. Sie hielten ihre Versprechen nicht: Bis auf einige wenige die hohe Positionen<br />

als königliche Berater, als Verwalter <strong>des</strong> Schatzamts an christlichen Höfen oder als Übersetzer arabischer<br />

Werke bekleideten, wurden alle Sefarden noch im gleichen Jahr <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> verwiesen. Die Mehrzahl fand in<br />

<strong>Marokko</strong> und im osmanisch-türkischen Reich Aufnahme. Boabdil und seine Familie mussten Spanien im<br />

Oktober 1493 verlassen. Mit einem Gefolge von 1130 Personen kam er in Melilla an und bat Sultan Asch-<br />

Schaich 54 um Aufnahme. Er erhielt die Erlaubnis sich in Fès niederzulassen. In der Nähe <strong>des</strong> andalusischen<br />

Viertels ließ der Vertriebene einen kleinen Palast errichten und einen bezaubernden Garten anlegen. Hier<br />

kehrte ein wenig vom Glanz seiner andalusischen Heimat und seiner geliebten Alhambra zurück. Er lebte<br />

dort noch 34 Jahre bis er in einer Schlacht fiel, in die er mit dem Sultan von Fès gezogen war. Wo sein Palast<br />

war und wo er begraben wurde ist nicht genau bekannt. Es gibt einen Hinweis auf ein kleines, verwahrlostes<br />

Grabhaus außerhalb der Stadtmauern von Fès. Bisher wurden jedoch alle Gesuche eine DNA-Probe von den<br />

Überresten <strong>des</strong> dort Bestatteten entnehmen zu dürfen, abgelehnt.<br />

<br />

Noch bevor das 16. Jahrhundert anbrach, begann in Spanien die systematische Verfolgung der Muslime, die<br />

im Vertrauen auf den Kapitulationsvertrag in ihrer Heimat Spanien geblieben waren. Jetzt wurden sie<br />

Morisken genannt, Enteignungen und Zwangsbekehrungen waren an der Tagesordnung, allerorten wütete<br />

die gefürchtete Inquisition. Nordafrika und vor allem <strong>Marokko</strong> nahm eine Vielzahl von <strong>maurischen</strong><br />

Flüchtlingen auf und es heißt, dass bis ins frühe 17. Jahrhundert fast 300 000 Muslime die Iberische Halbinsel<br />

verließen und auf der anderen Seite <strong>des</strong> Mittelmeers eine neue Heimat fanden.<br />

Moscheen und Paläste wurden geschleift um auf den Grundfesten Kirchen und spanische Renaissance-<br />

Residenzen zu errichten. Wie durch ein Wunder wurden die Alhambra und die Moschee von Cordoba<br />

verschont. Es könnte sein, dass dies den christlichen Veränderungen zu verdanken ist, die an beiden<br />

Bauwerken vorgenommen wurden: Der Palast König Karls V. (zugleich Kaiser <strong>des</strong> Römisch-Deutschen Reichs)<br />

wurde direkt an die Mauern der <strong>maurischen</strong> Palästen der Alhambra gebaut und mitten in den Schoß der<br />

Großen Moschee von Cordoba wurde eine katholische Kathedrale eingepflanzt. Dafür wurden zahlreiche der<br />

Säulen, Pfeiler und Bögen entfernt aber der Eindruck sobald man die ehemalige Moschee betritt ist und<br />

bleibt überwältigend.<br />

<br />

54 Abu Abdallah Muhammad I. asch-Schaich (1472–1504) aus der Dynastie der Wattasiden<br />

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