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Berliner Kurier 15.12.2018

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BERLIN/BRANDENBURG 17<br />

Gestrandet<br />

auf der Oder<br />

Auf dem Schiffhaben Paul und<br />

Mariettaimmer waszutun.<br />

Auch mit den Nachbarn sind<br />

sie bekannt.Vom Hafenmeister<br />

bekommen sie Strom, die<br />

Radler am Oder-Neiße-Radweg<br />

sind freudlich.<br />

Seit sechs Monaten sitzen zwei Holländer wegenNiedrigwasser in Kienitz fest –und genießen die Pause<br />

Kienitz – Paul und Marietta<br />

Kamstra sind Weltenbummler.<br />

Per Schiff bereisten die<br />

Holländer bereits die entlegensten<br />

Ecken auf allen Kontinenten.<br />

In diesem Jahr<br />

wollten sie Europa erkunden.<br />

Doch die extreme Trockenheit<br />

machte ihnen einen<br />

Strich durch die Rechnung.<br />

Dafür, dass Paul und Marietta<br />

Kamstra bereits seit mehr als<br />

sechs Monaten wegen Niedrigwasser<br />

auf der Oder festhängen,<br />

machen die beiden einen<br />

erstaunlich entspannten Eindruck.<br />

„Wir haben es nicht eilig,<br />

wir wohnen ohnehin auf unserem<br />

Schiff und genießen die<br />

Ruhe“, sagt der 74 Jahre alte<br />

Hausherr und bittet in sein 25<br />

Meter langes und fünf Meter<br />

breites schwimmendes Heim<br />

hinter dem Oderdeich im Hafen<br />

von Kienitz.<br />

Auf 120 Quadratmetern hat<br />

sich das Ehepaar ein gemütliches<br />

Zuhause eingerichtet.<br />

Zwei bequeme Ledersessel, Kamin,<br />

kuschlige Kojen unter<br />

Deck. Küche, Dusche, Handarbeitszimmer<br />

–nichts fehlt. Wer<br />

davon noch nicht beeindruckt<br />

ist, sollte einen Blick nach draußen<br />

werfen. Das bereits 1892<br />

erbaute Wohnschiff „Avontuur“<br />

liegt in einem Seitenarm der<br />

Oder, in dem sich Enten und<br />

Möwen tummeln. „Wir haben<br />

das schönste Gefängnis, was ich<br />

mir denken kann“, sagt Kamstra<br />

schmunzelnd. Biber, Fischotter<br />

und Seeadler hätten sie<br />

schon beobachtet. Nachts sei es<br />

bis auf ein paar Sterne so dunkel,<br />

wie in der Zivilisation nur<br />

noch selten zu finden,<br />

schwärmt er.<br />

Zwei Tage lang hatten Marietta<br />

und Paul im Sommer auf<br />

einer Sandbank der Oder festgehangen.<br />

Dabei hat ihr Schiff<br />

nur eine Tauchtiefe von einem<br />

Meter. Doch der Fluss ist tückisch,<br />

erst recht bei Niedrigwasser.<br />

„Wir haben zwar derzeit<br />

eine durchschnittliche<br />

Tauchtiefe von einem Meter.<br />

Allerdings verändert sich die<br />

Fahrrinne aufgrund der Strömung<br />

und Wirbel in der Oder<br />

ständig“, macht Sebastian<br />

Dosch vom zuständigen Wasserstraßen-<br />

und Schifffahrtsamt<br />

(WSA) Eberswalde deutlich.<br />

Das Ehepaar Kamstra war<br />

kurz zuvor noch stromaufwärts<br />

gefahren. „Wir wollten bei<br />

Küstrin-Kietz über die Warthe<br />

in Richtung Gdansk“, erzählt<br />

der Kapitän. Doch weil sie sich<br />

schon dort einmal festfuhren,<br />

drehten die Holländer letztlich<br />

um und wollten zurück –bis sie<br />

die Sandbank bei Kienitz aufhielt.<br />

Alarmierte WSA-Mitarbeiter<br />

schleppten die MS<br />

„Avontuur“ bis in den Hafen<br />

des Oderbruch-Örtchens und<br />

machten dafür eine teure Rechnung<br />

auf, wie Kamstra seufzend<br />

beschreibt. „Die Wasserschutzpolizei<br />

verbot uns die<br />

Weiterfahrt und ich hatte keine<br />

Lust, noch mal zu blechen“, bekennt<br />

der 74-Jährige. Seitdem<br />

warten er und seine Ehefrau<br />

auf genügend Wasser unter dem<br />

Kiel, doch die Pegel sanken weiter.<br />

„Daran wird sich vorerst<br />

auch nichts ändern“, sagt Dosch.<br />

Solange es im Odereinzugsgebiet<br />

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in Polen und Tschechien nicht<br />

ergiebig regne, gebe es keinen<br />

Wassernachschub für den Fluss.<br />

„Die beiden werden da wohl<br />

noch den halben Winter verbringen<br />

müssen.“ Der 63-jährigen<br />

Marietta ist das egal: „Wir sind<br />

so viel in der Welt herum gekommen,<br />

da schadet so eine Pause<br />

nicht “ Jeanette Bederke

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