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Foto: privat
Mira Sellheim,
Inh. Apotheke am Ludwigsplatz in Gießen
www.giessen-friedberg.ihk.de
Die Gesundheitswirtschaft in Deutsch-
land ist ein bedeutender Wirtschafts-
faktor mit hohem Beschäftigungspo-
tenzial. Bis zu 90 000 neue Jobs sollen 2012
allein in dieser Branche geschaffen werden.
Wo gibt es das sonst? Für die kommenden
Jahre sehen die Aussichten für die Gesund-
heitswirtschaft ebenfalls rosig aus – das gilt
auch für das Bundesland Hessen.
Doch es gibt auch Wermutstropfen. Das
Gesundheitssystem wird zu stark reguliert.
Das betrifft auch die pharmazeutischen
Betriebe in Hessen, die dort sehr konzen-
triert sind.
Vor allem die mittelständischen Unter-
nehmen leiden unter den Regulierungen und
Eingriffen unseres Gesundheitssystems in
die freie Marktwirtschaft. Beispiel Rabatt-
verträge: Sie wurden vom Gesetzgeber ver-
anlasst; doch ihre Wirkung ist fatal. Seitdem
ist der Umsatz in bestimmten Segmenten
komplett eingebrochen.
Auch sind einige Produkte derzeit nicht
lieferbar, was wiederum zu Lasten der Ver-
braucher geht. Der Grund hierfür liegt in der
Verlagerung der Medikamentenherstellung
ins Ausland. Die Unternehmen sparen auf
diese Weise Kosten ein. Verständlich, aber
Ausfälle und Risiken sind damit vorpro-
grammiert. Vor allem die Risiken sind nicht
zu unterschätzen. Immer häufiger müssen
Chargen zurückgerufen werden, weil sie
EDITORIAL
Fatale Folgen für freie
Marktwirtschaft
lebensgefährlich sind. Bestes Beispiel hierfür
ist das verunreinigte Heparin aus dem asia-
tischen Raum. Vielfach kommen die Aus-
gangsstoffe für Antibiotika aus Entwick-
lungsländern – und das zu extrem günstigen
Preisen. Einst war Deutschland die „Apothe-
ke der Welt“, die Zeiten scheinen vorbei zu
sein.
Doch es gibt auch Vorteile unseres
Gesundheitssystems. Wir haben in Deutsch-
land und damit auch in Hessen eine
unglaublich gute und kostengünstige Ver-
sorgung. Die Schieflage der gesetzlichen
Krankenkassen entsteht eher durch viele
versicherungsfremde Leistungen, die sie
erbringen müssen. Ich will auf keinen Fall
eine Abkehr vom heutigen Solidarsystem
propagieren. Nur: Diese Schieflage bedingt
eine immer größere Regulierung, die der
freien Marktwirtschaft entgegensteht. Die
Schließung von Apotheken ist lediglich eine
Folge, die mich als Apotherkerin aber ganz
besonders traurig stimmt. Dadurch wird vor
allem die Versorgung in ländlichen Gebieten
immer schlechter. In Hessen stellen wir Apo-
theker rund 11 000 Arbeitsplätze. Sie gilt es
zu erhalten!
Mira Sellheim
WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 9/2012 3