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„Der Traum der Bibliothek“<br />

Eine Hommage an die Welt der Bücher im MGK<br />

Candida Höfer, „Pierpont Morgan Library“ New York IV 2001.<br />

In unserer digitalen Welt ist es schon ungewöhnlich, 2019<br />

im Museum für Gegenwartskunst in Siegen eine Ausstellung<br />

zum Thema Bücher zu durchwandern. Es ist eine Art<br />

Liebeserklärung an das Buch aus Papier, zum Blättern, Spüren,<br />

Anfassen, Riechen. Bücher belehren, verzaubern, unterhalten,<br />

beängstigen, schaffen Klarheit. Diese Ausstellung zeigt die<br />

zeitgenössische Auseinandersetzung von Künstlern mit dieser<br />

Thematik aus der Perspektive der Konzeptkunst. Diese Richtung<br />

wurde in den 1960er Jahren zuerst von amerikanischen<br />

Künstlern entwickelt. Der Gedanke für die Bedeutung eines<br />

Kunstwerkes ist vorrangig. In Siegen werden Malerei, Fotografien,<br />

Filme, Objekte und Installationen gezeigt. Die Betrachter<br />

sollen mit einbezogen werden. „Gewohnte Sichtweisen, Begriffe<br />

und Zusammenhänge werden hinterfragt. Es wird mit<br />

Kontexten, Bedeutungen und Assoziationen gearbeitet“ (Wikipedia) .<br />

Direktorin Dr. Eva Schmidt konzipierte den „Traum der<br />

Bibliothek“, der ihr ausgesprochenes Wunschprojekt war, zum<br />

Abschied in den Ruhestand. Denn schon als Kind war sie in der<br />

Buchhandlung ihres Großvaters unterwegs, der einen Druck<br />

von Spitzwegs kleinem Bild „Der Bücherwurm“ an der Wand<br />

hängen hatte. Hierauf nimmt auch der Österreicher Erwin<br />

Wurm Bezug. Mit seinem Werk lädt er die Besucher mit einer<br />

kleinen Anleitung dazu ein, mit zwölf ausgewählten philosophischen<br />

Schriften, die auf einem Sockel verteilt liegen, spielerisch<br />

und zufällig eine einmalige Skulptur zu formen. „You<br />

and me“, also Kunst zum Mitmachen. „Take your most loved<br />

Kultur<br />

philosophers!“, fordert er die<br />

Besucher auf. Diese Arbeit<br />

von 2002 steht im Dialog<br />

mit eben dem bekannten romantischen<br />

Bild des Malers<br />

Spitzweg „Der Bücherwurm“<br />

- um 1850 gemalt. Weltvergessen<br />

steht ein Gelehrter auf<br />

einer Leiter vor einer Bücherwand,<br />

einzelne Werke in den<br />

Händen, zwischen den Knien,<br />

unter dem Arm. Und vor<br />

der Nase schon wieder in ein<br />

anderes Buch vertieft. Noch<br />

eine Bewegung und der Bücherwurm<br />

vor dem Regal<br />

mit dem Titel „Metaphysik“<br />

verliert sein Gleichgewicht!<br />

Natürlich macht es Spaß, den<br />

Museumsbesuchern beim<br />

Nachbau dieser Figur beim<br />

Aufbau, Balancieren und<br />

Verweilen als Skulptur zuzuschauen,<br />

bis die „One Minute<br />

Sculpture“ das Gleichgewicht verliert und alles fallen lässt.<br />

Es gibt Gelächter und alle zücken ihr Smartphone, um diese<br />

Momente festzuhalten. Denn nur ein Foto beweist, dass die<br />

Skulptur für wenige Augenblicke existiert hat.<br />

Ganz anders ist Candida Höfers Beitrag: Sie zeigt monumentale<br />

Fotos von wunderbaren Bibliotheken aus barocken<br />

Klöstern oder traditionellen Universitäten, menschenleer. Etwa<br />

das Foto der „Pierpont Morgan Library New York“ (2001). Sie<br />

zeigt die Bibliothek als Ort, der das Wissen der Welt in einem<br />

perfekten Ordnungssystem bewahrt und überliefert. Candida<br />

Höfer wird der Düsseldorfer Fotoschule zugerechnet.<br />

Hier wird klar, dass das Wissen lange nur elitären Insidern<br />

zugänglich war, Gelehrten, Mönchen oder Wissenschaftlern.<br />

Erst der Buchdruck sowie Einführung der Schule – also Lesen<br />

und Schreiben für alle - machte allmähliche Demokratisierung<br />

und Bildung für alle möglich. „Denn der Zugang<br />

zum Lesen, zu Büchern, ist wichtiger denn je als Schlüssel<br />

für Teilhabe an der Gesellschaft“, wie Monika Willer in Ihrer<br />

Ausstellungsbesprechung schreibt. Lange gehörte der große<br />

Brockhaus mit seinen 24 Bänden zur Grundausstattung von<br />

bürgerlichen Familien, bis er mit Bedauern nicht mehr neu gedruckt<br />

wurde. Und von Wikipedia – nun für alle immer und<br />

überall nachschlagbar - als Standardlexikon abgelöst wurde.<br />

Der 31.03.2019 bleibt uns im Gedächtnis, weil die deutschsprachige<br />

Online Enzyklopädie 24 Stunden lang gesperrt war<br />

als Protest gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform.<br />

20 durchblick 2/2019<br />

Foto: Candida Höfer, Köln, VG Bild-Kunst, Bonn 2019<br />

Achim Bitters „Bücher-Zuhause“ von 2001/2019 zeigt ein<br />

anderes Extrem der Liebe zu Büchern. In einem improvisierten<br />

Arrangement, ja man könnte fast sagen einem Sperrmüll-<br />

Labyrinth, hat der Künstler eine Art Höhle gebaut mit einem<br />

verwinkelten Sofa, anderen Sitzgelegenheiten und Versatzstücken,<br />

die zum Verweilen, Ruhen, Nachdenken, Diskutieren<br />

oder Lesen einladen. Hier kann man sich total zurückziehen,<br />

auf Literatur einlassen und in Büchern verlieren. Verstreut im<br />

Durcheinander zeigt sich die Vorliebe Bittners: Werke über<br />

Design, Architektur oder Urbanität liegen herum.<br />

Ein anderes Labyrinth von mit Büchern vollgestopften Regalen<br />

zeigt der Maler Thomas Hartmann in seinen großformatigen<br />

Bildern von 2016/18. Der Einblick in einen „Büchertunnel“<br />

zeigt rechts und links überquellende Regale, Bücher<br />

zwischen Ordnung und Chaos. Wohin mit all den Stapeln?<br />

Weitere Künstler zeigen ästhetisch geordnete Buchsammlungen,<br />

alle mit rotem Rücken etwa. Oder Peter Wüthrich zeigt unter<br />

dem Titel „Die Wahrheit über meine Freunde“ (2005/2019)<br />

nur aufgeschlagene Bücher mit schwarzem Rücken, die oben<br />

im Ausstellungsraum auf Stangen scheinbar schweben und<br />

ihre flatternden Seiten erinnern an einen Vogelschwarm.<br />

Ebenso befassen sich Künstler in Videoarbeiten mit dem<br />

Thema der „Lost Libraries“, also den zerstörten Bibliotheken<br />

oder dem der Bücherverbrennung. Aber es werden Bücher<br />

und ganze Bibliotheken auch in die entlegensten Plätze der<br />

Erde gebracht. Eine Arbeit von Lutz Fritsch von 2005 heißt<br />

„Bibliothek im Eis“. Im Film wird ein grüner Container gezeigt,<br />

der speziell für die Forschungsstation Neumayer in der<br />

unwirtlichen Landschaft der Antarktis konzipiert wurde. 700<br />

Bücher wurden speziell von Künstlern und Wissenschaftlern<br />

für diesen Ort gestiftet und mit persönlicher Widmung verse-<br />

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Siegtalstr. 2 I 57080 Siegen-Eiserfeld I Tel. 0271.25 08 89 26<br />

Rathausstr. 1b I 57234 Wilnsdorf I Tel. 02739. 479 84 98<br />

www.gerland-panning.de<br />

Foto: Joachim Fliegner, VG Bild-Kunst, Bonn 2019<br />

Achim Bitter, „Ohne Titel“ (Bibliothek), 2001/2019<br />

Installationsansicht GAK Bremen.<br />

hen. Bis zu 50 Polarforscher leben und arbeiten zeitweise in<br />

dieser Station und wissen sicher den Zugang zu Kultur und<br />

Büchern in einem kleinen, aber feinen warmen und freundlichen<br />

Leseraum zu schätzen.<br />

Gerade ging eine Meldung im Fernsehen um die Welt, die<br />

auch zum Thema passt: Müllmänner in Ankara sammelten<br />

nach und nach weggeworfene Bücher und jetzt wurde aus<br />

dieser Sammlung eine öffentliche Bibliothek in einer früheren<br />

Ziegelfabrik. Ein heute beliebter Treffpunkt für alle, 24<br />

Stunden am Tag geöffnet. Die einen werfen Bücher als Ballast<br />

weg, die anderen bringen ihnen Wertschätzung entgegen. Wie<br />

gehen Sie mit ihren Büchern um? „Papier ist für die Ewigkeit“<br />

hieß 2016 eine Ausstellung im Gutenberg-Museum. Sieht<br />

man die Siegener Ausstellung, fragt man sich schon, was die<br />

Zukunft bringen wird.<br />

„Der Traum der Bibliothek“ ist noch bis zum 1. September<br />

2019 zu sehen. Tessie Reeh<br />

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