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Opfer eines Unwetters<br />

Dickste Eiche des Siegerlandes gefallen<br />

Es war Montag, der 15. Juli 1935, als ein schreckliches<br />

Unwetter über das Siegerland hinweg zog. Der<br />

Sturm war so heftig, dass er überall Dachpfannen und<br />

Schieferplatten herausriss. Er nahm alles mit, was nicht nietund<br />

nagelfest war. Zahlreiche Baumkronen wurden von<br />

dem Wirbelsturm einfach abgedreht und noch<br />

einige Meter mitgenommen. Die gewaltigen<br />

Regengüsse, verbunden mit heftigen, Hagelschauern,<br />

ließen seinerzeit viele Roggenfelder<br />

und andere Bepflanzungen wie plattgewalzt<br />

aussehen. In hochgelegenen Häusern zerschlug<br />

der Hagel sogar die Fensterscheiben.<br />

Der Orkan, der besonders das Ferndorftal<br />

heimsuchte, legte Bäume und Telegraphenmasten<br />

um. Er zerstörte elektrische Leitungen<br />

und ganze Ortschaften waren ohne<br />

Strom. Besonders in den großen Nutzgärten,<br />

die zur damaligen armen Zeit noch überall<br />

im Siegerland waren, wütete der Sturm heftig.<br />

Zahlreiche Bohnenstangen wurden abgeknickt,<br />

viele Obstbäume wurden umgerissen,<br />

besonders Kernobstbäume, deren Holz brüchiger<br />

ist, waren betroffen. Das Obst lag wie<br />

ausgesät in den Gärten. Aber auch Straßenbäume knickten<br />

um und blockierten so manche Straße. Es waren besonders<br />

Bäume mit großen dichten Kronen, die dem Sturm breite<br />

Angriffsflächen boten.<br />

Die Ferndorf, zuvor ein still vor sich hin mäanderndes<br />

Rinnsal, wurde in kurzer Zeit zu einem reißenden Fluss.<br />

Die dickste Eiche des<br />

Siegerlands fiel diesem<br />

gewaltigen Gewittersturm<br />

ebenfalls zum Opfer. Sie<br />

stand in Dahlbruch in der<br />

Winterbach auf dem Hofe<br />

Wurmbach, der 1932 in<br />

den Besitz der Familie<br />

Müller ging. Die Eiche<br />

war ein Wahrzeichen und<br />

das Aushängeschild des<br />

Gehöfts. In Brusthöhe<br />

gemessen hatte dieser<br />

gewaltige Baum einen<br />

Umfang von 5,40 Metern.<br />

(Die Maße wurden<br />

einst in Brusthöhe angegeben,<br />

da in dieser Höhe<br />

die Wurzelstärke eines<br />

Baums nicht mehr vorhanden<br />

war.)<br />

Foto: Archiv Bensberg<br />

Aus dem Siegerland<br />

Der mächtige Koloss, der neben dem Wohngebäude<br />

stand, brach am Nachmittag des Unglückstags einige Meter<br />

über der Erde ab und fiel über den Weg in den Garten des<br />

Anwesens. Das Brausen des Sturms war so heftig, dass die<br />

Bewohner des Hauses das Bersten dieses riesigen Baums<br />

gar nicht bemerkt hatten. Es war<br />

schon ein glücklicher Zufall, oder<br />

vielleicht auch Gottes Wille, dass er<br />

nicht auf das Wohnhaus oder auf das<br />

gegenüberliegende Stallgebäude fiel<br />

und Menschen und Tiere unter sich<br />

begrub. Beim Fallen riss er nur Wäscheleinen,<br />

Stromleitungen, Bäume,<br />

Zäune und Sträucher mit, wodurch<br />

sich der Schaden in Grenzen hielt.<br />

Diese dicke Eiche, ein wunderbarer<br />

Soltärbaum mit üppiger Baumkrone,<br />

war herrlich gewachsen und auf<br />

einer Länge von acht Metern astrein<br />

und gleichbleibend im Durchmesser.<br />

Sie ließ trotz ihrer geschätzten 600<br />

bis 700 Jahre eine ungebrochene Lebenskraft<br />

vermuten. Aber der Zahn<br />

der Zeit hatte doch schon an diesem Riesen genagt.<br />

Ihr Stamm war innen zum Teil hohl. Durch ein schmales<br />

Loch in Bodenhöhe hatte der Hofhund im Inneren des<br />

Baumes jahrelang Schutz gefunden. Das Ungetüm bot viele<br />

Tieren Schutz und Unterkunft. So hatten jahrelang Kauze in<br />

ihm genistet. Einen Starenkasten mit jungen unversehrten<br />

Vögeln fand man<br />

nach der Katastrophe<br />

in der Baumkrone,<br />

die jungen<br />

Die dickste Eiche des Siegerlandes,<br />

gezeichnet von H. Schneider.<br />

Es war nicht einfach die dickste Eiche des Siegerlandes<br />

mit Axt und Baumsäge, dem Werkzeug seinerzeit, zu verarbeiten.<br />

Graphik: Archiv Bensberg<br />

Stare machten<br />

noch vor den Aufräumarbeiten<br />

ihre<br />

ersten Flugversuche.<br />

In den Wirren<br />

der damaligen Zeit<br />

wurden Naturdenkmälern<br />

leider<br />

nicht die Beachtung<br />

geschenkt<br />

wie heute. Eine<br />

intensive Baumpflege<br />

durch Fachpersonal<br />

hätte das<br />

Überleben dieses<br />

Riesen vermutlich<br />

sichern können.<br />

Etliche Tage nach dem Unwetter kamen immer noch<br />

Naturfreunde, um diese uralte gefallene Siegerländer Eiche<br />

zu betrachten. Man hatte den Eindruck, dass sie diesem<br />

alten Baum zum Abschied das letzte Geleit geben wollten.<br />

Der unter Naturschutz gestandene Baumriese brachte den<br />

Besitzern etwa 20 Festmeter Holz.<br />

Den Ruhm, die dickste Eiche des Siegerlandes zu besitzen,<br />

verlor Dahlbruch am 15. Juli 1935. Die Nachfolge trat<br />

die Königseiche im Hochstätter Wald zwischen Salchendorf<br />

und Eisern an.<br />

Heinz Bensberg<br />

* Die Königseiche (oder Schäfer-Eiche) rechts im Bild, ist<br />

eine mindestens 300 Jahre alte Eiche und Naturdenkmal<br />

bei Salchendorf im Siegerland. Der Baum ist eine Stieleiche<br />

(Quercus robur) mit einem Stammumfang von 5,25 m<br />

(um 1900 4,7 m) bei 1 m Höhe. Er steht im Hofstätter Wald<br />

zwischen Salchendorf, Wilden und Eisern auf einer Höhe<br />

von ca. 374 m und wird wenigstens mehr als 300 Jahre<br />

alt sein, eventuell sogar 550–560 Jahre. Der Baum ist am<br />

Stammfuß auf einem Meter Höhe hohl und hat dort bereits<br />

mehrfach gebrannt. 1966 wurde der Baum als „sterbende<br />

alte Eiche in der Hochstätte“ bezeichnet.<br />

* wikipedia.org, Alfred Heinrichs<br />

Foto Ulla D'Amico<br />

Der Henkelmann war ein verschließbarer Behälter,<br />

meist aus Aluminium, der mit einem Tragebügel<br />

versehen war. Er war für den Transport von Essen<br />

gedacht und konnte ohne Umfüllen, im Wasserbad<br />

oder mit Wasserdampf erwärmt werden. Das Erwärmen<br />

war meist die Aufgabe der Lehrlinge in den Fabriken. Die<br />

Arbeiter aßen draußen vor den Fabrikhallen, oder direkt<br />

an ihrem Arbeitsplatz. Lag die Wohnung in der Nähe der<br />

Aus dem Siegerland<br />

Foto: wikimedia commons<br />

Das gibt es noch<br />

Arbeitsstelle, übergaben die Ehefrauen ihren Männern den<br />

Henkelmann mit dem frisch gekochten Essen am Fabriktor,<br />

sobald die Fabriksirene zur Mittagspause rief. Im<br />

Laufe der Jahre des sogenannten Wirtschaftswunders änderten<br />

sich auch die Essgewohnheiten der Arbeiter. Mit dem<br />

Aufkommen von Werkskantinen, Imbissbuden und gut bestückten<br />

Automaten auf den Werksgeländen verschwand der<br />

Henkelmann aus dem Arbeitsalltag.<br />

Heute sieht man den Henkelmann fast nur noch in Museen<br />

oder vielleicht in Privathaushalten, in denen Senioren leben.<br />

Ulla D’Amico<br />

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