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Essay<br />
Buchbesprechung<br />
Kulturraum<br />
Lebenspläne<br />
Der elegant gekleidete Gast geht auf das imposante Gebäude<br />
zu und betätigt den schmiedeeisernen Türklopfer. Nach<br />
kurzer Zeit wird von innen die Tür geöffnet und ein Butler in<br />
tadelloser Livree begrüßt den Gast, nimmt ihm Mantel, Hut<br />
und Stock ab und sagt: „Darf ich Sie in die Bibliothek bitten,<br />
Sir, seine Lordschaft wird Sie dort empfangen.“<br />
Eine Szene, wie aus einem Jane-Austen-Roman oder<br />
einem englischen Film wie in der Serie „Downton<br />
Abbey“, auf jeden Fall ein Bild aus der Zeit der<br />
Herrschaftshäuser, Gutsherren und Grafen Englands, in<br />
der ein Raum eine besondere Bedeutung hatte: die häusliche<br />
Bibliothek, welche Repräsentationsraum sowie stilvolle<br />
Aufbewahrungsstätte für die gesammelte Literatur<br />
der herrschaftlichen Familie darstellte. Alten Bibliotheken<br />
inne ist die gediegene Ausstrahlung durch das Interieur,<br />
meist in dunklem Holz gehalten, sowie der persönliche<br />
Geschmack des Besitzers, dessen Kultur- und Bildungsgut<br />
sich in Form einer Vielzahl von buch-gestalterisch edlen<br />
Werken dem Betrachter offenbart.<br />
Neben diesen häuslichen Büchersammlungen faszinieren<br />
uns jene berühmten Bibliotheken wie zum Beispiel der<br />
Foto wikipedia commons<br />
Carl Spitzweg „Der Bücherwurm“, entstanden um 1850.<br />
Long Room im Trinity College in Dublin oder die Anna-<br />
Amalia-Bibliothek in Weimar. Mag die Vielzahl der Werke<br />
teilweise erdrückend wirken wie offensichtlich auf den<br />
„Bücherwurm“ von Carl Spitzweg (1808-1885), der sich<br />
auf einer hohen Leiter stehend bereits vier Bücher herausgesucht<br />
hat, aber den Eindruck vermittelt, er könne sich nicht<br />
für eins entscheiden. Auf jeden Fall nimmt er aber die Bibliothek<br />
in Gebrauch, nach dem Motto: „Seine Lordschaft<br />
beliebt gerade zu lesen.“<br />
Selbiges kann man von den Besitzern einer häuslichen<br />
Büchersammlung in der köstlichen Satire „Die Leser auf der<br />
Stör“ des Schweizer Schriftstellers Hermann Burger (1942-<br />
1989) nicht behaupten. Nein, sie lassen lesen! Dazu kommt<br />
quasi eine Servicefirma ins Haus, das Institut „Legissima“,<br />
dessen Aufgabe es ist, die Bücher zu lesen, Neuerscheinungen<br />
einzufügen und alle Werke neu zu sortieren. Darüber hinaus<br />
versehen sie die Bücher mit Gebrauchsspuren wie Flecke,<br />
Eselsohren sowie Kommentaren am Rand. Der Hausherr ist<br />
zufrieden, da er finanziell in der Lage sei, „seine Bücher noch<br />
lesen zu lassen“.<br />
„Einem Haus eine Bibliothek<br />
hinzuzufügen heißt,<br />
dem Haus eine Seele zu geben.“<br />
(Marcus Tullius Cicero)<br />
Zurück zum Leseort „Bibliothek“: Uns allen bleibt zu<br />
wünschen, dass die präsentierten Bücher nicht nur Deko<br />
sind, sondern gelesen werden, sei es von seiner Lordschaft<br />
im Herrenhaus oder ganz unspektakulär zu Hause, im<br />
Wohnzimmersessel zum Beispiel. Uli Hoffmann<br />
24 durchblick 2/2019<br />
Konfliktsituationen und Entscheidungen:<br />
Unser Redaktionsmitglied Uli Hoffmann legt<br />
mit seinem neuen Erzählband „Am Reißbrett“<br />
ein Buch vor, das den Leser mitnimmt in die Lebenswelt<br />
ganz unterschiedlicher Protagonisten. Es sind oft<br />
alltägliche, manchmal auch problematische, Situationen,<br />
in denen die vorgestellten Personen sich bewähren<br />
müssen. Dabei geht es auch um das Verhältnis zu<br />
ihren Mitmenschen, Kollegen oder Partnern. Das Buch<br />
beinhaltet 13 Erzählungen sehr unterschiedlicher Art.<br />
Da geht es zum Beispiel in der Erzählung „Entschleunigung“<br />
um ein Treffen zweier Freunde in einem Cafe´<br />
in der Altstadt oder in „In Gesellschaft“ die Schilderung<br />
eines einsamen Menschen im Theater, der sich in der<br />
„Gesellschaft“ wohlfühlt und den Konzertbesuch geradezu<br />
zelebriert.<br />
Eine längere Erzählung trägt den doppeldeutigen<br />
Titel „Zugzwang“ und führt uns in das Firmengebäude<br />
eines großen Unternehmens in der Hamburger Innenstadt.<br />
Ein Angestellter bricht aus seinem gewohnten Leben<br />
aus, obwohl ihm wie er selbst sagt, das Planen sehr<br />
wichtig war. „Unwägbarkeiten wollte ich auf jeden Fall<br />
vermeiden“. Er setzt sich in einen Zug, wobei ihm das<br />
Ziel eigentlich egal ist. Bei dieser Fahrt lernt er eine<br />
Frau kennen, mit der er sich auf Anhieb gut versteht.<br />
Sie scheinen auf der gleichen Wellenlänge zu funken.<br />
Sie verabreden sich<br />
nach der Erledigung<br />
der Geschäfte der<br />
Dame in Frankfurt.<br />
Während er auf sie<br />
wartet, stellt sich<br />
ein Mann vom BKA<br />
vor und es kommt<br />
alles ganz anders.<br />
Das Buch hat 172 Seiten und ist in<br />
drei Versionen im Verlag Tredition<br />
in Hamburg erschienen. Das Buch<br />
kostet als Taschenbuch 9,99 €<br />
(ISBN 9783748234586),<br />
als gebundenes Buch 18,99 €<br />
(ISBN 9783748234593), darüber<br />
hinaus als E-Book 4,99 €.<br />
durchblick 2/2019<br />
Die unterschiedlichen<br />
Situationen<br />
und die darin vorkommenden<br />
Menschen<br />
sind sehr fein<br />
mit einem großen<br />
Faible für Details<br />
erzählt. Dabei bedient<br />
sich der Autor<br />
einer geschliffenen<br />
Ausdrucksweise.<br />
Ich habe das Buch<br />
mit Genuss gelesen.<br />
Horst Mahle<br />
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