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Telefonische Odyssee<br />

Was man bei einem Fehleinkauf so alles erleben kann<br />

Neulich wollte ich wieder einmal einer Erkältung<br />

entgegenwirken und suchte in meinem<br />

Lieblings-Discounter nach Ingwertee. Ich fand<br />

ihn nicht. Also ging ich in den nächsten Drogeriemarkt,<br />

dort fand ich ein ganzes Regal voll mit zig verschiedenen<br />

Teesorten. Unter der Vielzahl der Geschmacksrichtungen<br />

entdeckte ich ganz unten meinen Tee. Mit abgezähltem<br />

Geld ging ich an die Kasse. „Es fehlen noch 30<br />

Cent“, monierte die Kassiererin. Inzwischen warteten<br />

hinter mir weitere Kunden, etwas kopflos suchte ich die<br />

noch fehlenden Münzen und packte alles ein.<br />

Hatte ich mich geirrt? War ich nun auch schon auf<br />

dem Wege zur Altersschusseligkeit? An dem Regal stand<br />

doch 1,65 Euro! Was ich übersehen hatte: statt simplen<br />

Ingwertee hatte ich „Ingwer mit Zitrone“ gegriffen.<br />

Kein Problem dachte ich, kann ich ja umtauschen.<br />

Da hatte ich aber nicht mit den Verkaufsvorschriften<br />

gerechnet. Die Kassiererin buchte mürrisch die Packung<br />

zurück, rief nach der Filialleiterin, die mir den Differenzbetrag<br />

von 30 Cent aushändigte. Weil ich so viel<br />

Ungemach bereitet hatte, bot ich höflich an, die falschgegriffene<br />

Packung wieder ins Regal zu bringen. Doch<br />

ich wurde kompromisslos belehrt: „Das geht nicht!“ Der<br />

Strichcode wurde ungültig gemacht und die Packung<br />

FACHBERATER<br />

für Testamentsvollstreckung<br />

und Nachlassverwaltung<br />

(DStV. e.V.)<br />

Vorsorgevollmacht,<br />

Patientenverfügung,<br />

Testament<br />

„Möchten Sie auf diesen<br />

Gebieten beraten werden und<br />

brauchen Unterstützung, um<br />

die Dinge zu regeln, die Ihren<br />

Nachlass betreffen? Sollte es<br />

Ihnen schwerfallen, mich aufzusuchen,<br />

komme ich auch<br />

gerne zu Ihnen und berate Sie<br />

in Ihrer vertrauten Umgebung<br />

oder in einem Heim. Bei Bedarf<br />

melden Sie sich bitte.“<br />

Klaus Ißling<br />

c/o Advisio Im Elzgarten (früher: Ißling 10 ·57234 &Partner Wilnsdorf Steuerberater)<br />

Telefon 02739-470884·Mobil An der Alche 15, 57072 Siegen 0171-2166475<br />

Telefon: E-Mail: 02 71 /23657-81, klaus.issling@web.de<br />

Mobil 01 71-2 16 64 75<br />

Termine bitte E-Mail: vorher klaus.issling@web.de<br />

telefonisch vereinbaren!<br />

Gesellschaft<br />

wanderte in die Tonne. Ich gebe zu, ich war ziemlich<br />

schockiert und fand das Verhalten sehr empörend.<br />

Die verschlossene und zusätzlich mit Folie verklebte<br />

Pappkartonage sowie deren Inhalt, die 20 verschlossenen<br />

Teebeutel, hatten ja komplett ihren Originalzustand behalten.<br />

Ich hatte das Päckchen nur an die Kasse getragen<br />

und für wenige Minuten in meiner Tasche aufbewahrt.<br />

Es ließ mir keine Ruhe. Ich fragte in anderen Läden<br />

nach und erfuhr, dass es gängige Praxis sei. So sagte man<br />

mir, dass sich z.B. eine junge Mutter in einer Packung Babynahrung<br />

geirrt hatte, was sie erst bemerkte, als sie den<br />

Laden verlassen wollte. Die Ware wurde umgetauscht<br />

(was schon als sehr kulant gilt) und die teure Babynahrung<br />

anschließend auch in der Mülltonne entsorgt.<br />

Ein paar Tage später sah ich just unsere Bundesministerin<br />

für Ernährung und Landwirtschaft, Frau Julia Klöckner,<br />

in der Tagesschau. Gezeigt und sehr kritisch beurteilt<br />

wurden in diesem Zusammenhang mehrere Mülltonnen, in<br />

denen sich entsorgtes Obst und Gemüse, verpackte Wurst<br />

und Molkereiprodukte befanden. Dass in dem gezeigten<br />

Fall Lebensmittel und Plastikverpackungen mit Inhalt bunt<br />

durcheinander entsorgt waren, muss einen jeden mitdenkenden<br />

Verbraucher arg verwundert haben. Wurden wir<br />

doch seit Einführung des „Dualen Systems“ zum Trennen<br />

erzogen. Außerdem zeigte man uns Kunden in den vergangenen<br />

Monaten mit erhobenem Zeigefinger, wie wir mit<br />

all unserem Plastikabfall den Fischen in den Weltmeeren<br />

das Überleben erschweren. Egal ob Papier, ob Plastik<br />

oder Hausmüll – die Berge dessen, was zu entsorgen ist,<br />

wachsen stetig. Obwohl die große Mehrheit bemüht ist,<br />

die Mengen minimal zu halten, überall zu trennen und zu<br />

sortieren, gehört die Müllproblematik zu unserem Alltag.<br />

Als mein Mann noch einmal pro Woche mit zum Einkaufen<br />

kam, reagierte er oftmals recht provozierend. Es störte<br />

mich mächtig, wenn er beim Beladen des Rollbandes stets<br />

sehr laut und gut hörbar meckerte: „Wieder alles fürs Klo“,<br />

oder: „Die Kanalisation wird vor Freude jubilieren“, oder:<br />

„Alles in Pappe und die Bäume singen einen Trauermarsch.“<br />

Aber – um beim Thema zu bleiben – auf welcher<br />

Vorschrift basiert mein Erlebnis im Drogeriemarkt? Das<br />

ließ mir keine Ruhe und vorweggesagt: Ich erlebte eine<br />

telefonische Odyssee. Die in Süddeutschland ansässige<br />

Geschäftsleitung der Filiale stellte sich ganz auf die Seite<br />

der Verkäuferin: „Lebensmittel, Reform-Artikel, Bonbons,<br />

Babynahrung, Tiernahrung und Arzneimittel müssen<br />

nach einer Warenrückgabe entsorgt werden. Dies ist<br />

auch der Fall, wenn die Ware optisch völlig unbeschädigt<br />

zu sein scheint.“ Welches Gesetz oder welche Verordnung<br />

hierbei maßgebend ist, konnte man mir nicht sagen. Immerhin<br />

bestätigte man mir, dass es eine gute Frage sei.<br />

Mit dem Gedanken: „Die müssen es doch wissen“,<br />

rief ich danach die Verbraucherzentrale an<br />

und erfuhr, dass es sich bei meinem Ingwertee<br />

um ein „freiverkäufliches Arzneimittel“ handelt,<br />

das einer besonderen Bestimmung und Sorgfaltspflicht<br />

unterliegt. Aber wo bitte ist dieses festgelegt?<br />

Gibt es darüber ein Gesetz oder ähnliches,<br />

wollte ich weiterwissen. „Ja, das ist eine gute<br />

Frage“, bekam ich auch hier zur Antwort. „Fragen<br />

sie mal in unserer Düsseldorfer Hauptstelle<br />

nach.“ Gesagt, getan. Deren Antwort war genau<br />

so unbefriedigend. Hier verwies man mich an das<br />

Bundesinstitut für Arznei- und Medizinprodukte<br />

in Bonn. Erneut mein Erlebnis mit dem Tee vortragend,<br />

hieß es auch dort: „Gute Frage, aber hier<br />

sind sie ganz falsch.“ So richtig in Fahrt, versuchte<br />

ich mein Glück beim Ministerium für Ernährung<br />

und Landwirtschaft in Berlin. Nicht mehr erstaunt hörte<br />

ich wieder: „Gute Frage, warten sie mal, ich verbinde weiter.“<br />

Das hörte ich nun tatsächlich vier weitere Male. Niemand<br />

wusste etwas von einem Gesetz, einer Bestimmung oder einer<br />

Rechtsvorschrift im Umgang mit Teerückgaben.<br />

Nachdem ich mit vielen zum Teil wirklich sehr netten<br />

Menschen kommuniziert und einen ganzen Nachmittag<br />

verbracht hatte, landete ich schließlich im Wirkungsbereich<br />

unseres Gesundheitsministers Jens Spahn. Von der<br />

Zentrale über die Poststelle wurde ich nach dreimaligem<br />

Weiterverbinden mit der Rechtsabteilung des Ministeriums<br />

verbunden. Ein Herr Goldmann konnte mir endlich<br />

erklären, wie alles zusammenhängt.<br />

Das Zauberwort lautet: HACCP-Konzept. Dies ist die<br />

Abkürzung von: Hazard Analysis and Critical Control<br />

Points, was auf Deutsch bedeutet: Gefahrenanalyse und<br />

kritische Kontrollpunkte.<br />

Dieses Konzept wurde für die Produktion von Lebensmittel<br />

und dem Umgang mit diesen entwickelt. Im deutschen<br />

Recht wurde es 1998 erstmals in der Lebensmittelhygiene-Verordnung<br />

verankert. Auch in der gesamten<br />

EU ist die Verordnung verpflichtend vorgesehen. Ziel des<br />

HACCP-Konzeptes ist mögliche Risiken zu vermeiden.<br />

Das also war die Erklärung der rechtlichen Zusammenhänge<br />

meines simplen Teeumtauschs. Mein Gesprächspartner<br />

erläuterte sehr geduldig: „Auf dem Weg von der<br />

Ihr Profi für<br />

Komplettbad - Lösungen<br />

und regenerative Energien<br />

Foto Rita Petri<br />

Zertifizierter Fachbetrieb<br />

für senioren- und<br />

behindertengerechte<br />

Installationen<br />

Theke in Ihre Handtasche könnten Sie ja den Tee mit einer<br />

z.B. Giftspritze vergiften! Erinnern Sie sich, dass es sowas<br />

ja schon einige Male gegeben hat. Da sind Lebensmittelkonzerne<br />

erpresst worden. Aber sie hätten sich doch den<br />

ganzen Umstand ersparen können, wenn sie beide Teesorten<br />

gekauft und eine Packung verschenkt hätten.“<br />

„Sehen sie“, antwortete ich abwägend, „das hätte ich<br />

wohl auch gemacht, wenn ich geahnt hätte, dass durch den<br />

Umtausch der Müllberg noch größer geworden ist. Aber,<br />

es gibt ja einen Unterschied zwischen uns beiden. Sie verfügen<br />

als Staatsbeamter über ein stattliches Salär, und ich<br />

als Rentnerin muss meine Groschen zusammen halten.“<br />

Einige Tage nach dem letzten Gespräch erreichte mich<br />

dann doch noch eine Stellungnahme meines Drogeriemarkts.<br />

Hier schrieb man: Im Umgang mit retournierten Lebensmitteln<br />

lassen wir vor dem Hintergrund von Produktionssicherheit<br />

und Verbraucherschutz besondere Vorsicht walten.<br />

Wir handeln hier gemäß der EG-Verordnung Nr.<br />

178/2002, deren Ziel es ist die Gesundheit des Menschen<br />

und die Verbraucherinteressen bei Lebensmitteln zu schützen.<br />

Hierzu zählt selbstverständlich auch, dass Lebensmittel,<br />

bei denen Grund zur Annahme besteht, dass diese nicht<br />

mehr sicher sind, gemäß Art. 14 dieser Verordnung nicht<br />

wieder in den Verkehr gebracht werden dürfen. Auf dieser<br />

Grundlage liegt es im Ermessen des Händlers, wie mit der<br />

Ware umgegangen wird.“ Eva-Maria Herrmann<br />

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