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Berliner Kurier 02.06.2019

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15<br />

Ein wahrer Superschurke<br />

Er spielte einen sexbesessenen<br />

Bürohengst in<br />

„Shame“, einen brutalen<br />

Plantagenbesitzer<br />

in „12 Years aSlave“ und die Titelrolle<br />

in „Steve Jobs“. Für das<br />

Comicdrama „X-Men: Dark<br />

Phoenix“, das am 6. Juni in die<br />

Kinos kommt, schlüpfte Michael<br />

Fassbender (42) zum vierten<br />

Mal in die Rolle des Mutanten<br />

Magneto. Im Soho House Berlin<br />

sprachen wir mit dem charismatischen<br />

Charakterdarsteller, der<br />

in Heidelberg geboren, in Irland<br />

aufgewachsen und mit seiner<br />

Kollegin Alicia Vikander verheiratet<br />

ist.<br />

KURIER :Haben Sie als Kind<br />

Comics gelesen? Hatten Sie<br />

einen Lieblings-Superhelden?<br />

Michael Fassbender: Als<br />

Junge habe ich mich hauptsächlich<br />

für Autos interessiert und<br />

so gut wie gar nichts gelesen.<br />

Aber ich besaß tatsächlich ein<br />

Superman-Outfit, das ich<br />

manchmal angezogen habe. Ich<br />

erinnere mich noch gut, wie ich<br />

immer versucht habe, von der<br />

Couch aus loszufliegen. Ich habe<br />

das Kostüm sogar zum Swimmingpool<br />

mitgenommen, weil<br />

ich dachte, das wäre der ideale<br />

Ort, um das Fliegen zu üben.<br />

Dann dürften Sie sich jadarüber<br />

freuen, dass Sie nun als<br />

Magneto auf der Kinoleinwand<br />

fliegen können.<br />

Im Prinzip ja, doch das bedeutet<br />

auch, dass ich am Set<br />

ewig an irgendwelchen Drähten<br />

hoch über dem Boden hängen<br />

muss, und das mag ich überhaupt<br />

nicht –esist unbequem,<br />

und ich entwickle<br />

mit zunehmendem<br />

Alter mehr und<br />

mehr Höhenangst.<br />

Sobald ich<br />

nach unten<br />

schaue, denke<br />

ich:<br />

„Was<br />

werde<br />

ich mir<br />

Der neue „X-Men“-Film und seine Helden. Kleines Foto oben rechts: Michael Fassbender als Mutant in dem Streifen.<br />

wohl brechen, wenn ich aus dieser<br />

Höhe abstürze? Beide Beine<br />

und das Becken?“ Man muss<br />

sein Hirn frei machen von solchen<br />

Gedanken, ähnlich, wie<br />

wenn man in einer Gegend<br />

surft, in der es Haie gibt.<br />

Schickt man Sie vor den Dreharbeiten<br />

zu einem Actionfilm<br />

erst einmal wochenlang ins<br />

Fitnessstudio?<br />

Da pilgere ich ohnehin regelmäßig<br />

hin. Ich liebe es, meinen<br />

Tag mit Training zu beginnen.<br />

Heute, mit über 40, kann<br />

ich Sport viel mehr genießen als<br />

mit 20. Das verdanke ich nicht<br />

zuletzt meiner Frau.<br />

Hat sie Sie mit dem Trainingsvirus<br />

infiziert?<br />

Sozusagen. Alice ist ein echter<br />

Fitness-Freak. Vor einiger<br />

Zeit hat sie mir die sogenannte<br />

„Bikini Body App“ gezeigt. Inzwischen<br />

habe ich mir selbst einen<br />

richtigen Bikini-Body antrainiert!<br />

(Lacht.) Am Sport mag<br />

ich vor allem die mentale Komponente.<br />

Nicht den körperlichen Effekt?<br />

Ein bisschen Eitelkeit ist bei<br />

mir sicher auch im Spiel. Aber<br />

das Training lüftet einfach mein<br />

Hirn durch. Wenn ich mich aus<br />

meiner Komfortzone reiße und<br />

an körperliche Grenzen führe,<br />

wenn massenweise Endorphine<br />

ausgeschüttet werden,<br />

bin ich den ganzen Tag<br />

wacher, präsenter und<br />

glücklicher – obwohl Fitnessstudios<br />

auch etwas Deprimierendes<br />

haben.<br />

Inwiefern?<br />

Ich finde es seltsam, wie<br />

dort jeder verbissen in seiner<br />

Ecke herumwerkelt. Der ideale<br />

Ort ist das nicht, aber auf Reisen<br />

gibt es für mich oft keine andere<br />

Möglichkeit zu trainieren. Ich<br />

mache das viel lieber in der Natur.<br />

Sobald ich in der Nähe eines<br />

Ozeans bin, gehe ich zweimal<br />

täglich surfen. In Lissabon, wo<br />

ich seit Jahren lebe, stürze ich<br />

mich morgens als erstes in die<br />

Fluten –der perfekte Start in<br />

den Tag!<br />

Wie hat sich Ihre Leidenschaft<br />

für Autos entwickelt?<br />

Mein Opa hat mit mir stets<br />

Formel-1-Rennen geguckt, seit<br />

ich elf war. Ayrton Senna und<br />

Michael Schumacher waren<br />

meine großen Vorbilder. Einige<br />

meiner frühesten Kindheitserinnerungen<br />

hängen mit Autos<br />

zusammen. Ich wollte schon<br />

immer ans Steuer. Und mein Papa<br />

hat mich sehr früh dafür begeistert.<br />

Wie das?<br />

Als ich noch klein war, ließ<br />

er mich im Auto bei sich auf dem<br />

Schoß sitzen und das Lenkrad<br />

anfassen. Mit 12 Jahren durfte<br />

ich unseren Wagen bereits auf<br />

Privatwegen selbst steuern. Ich<br />

konnte es kaum erwarten, 17 zu<br />

werden und mit meinem Führerschein<br />

auf Probe ganz legal<br />

auf öffentlichen Straßen herumdüsen<br />

zu dürfen. Schon als<br />

Knirps war ich scharf auf Gokarts.<br />

Bis heute fröne ich dieser<br />

Leidenschaft, so oft ich kann,<br />

denn Gokart-Fahren hat für<br />

mich etwas Meditatives: Es<br />

macht den Kopf frei. Man muss<br />

nur aufpassen, dass man sein<br />

Hirn nicht ganz ausschaltet –<br />

sonst ist es sehr schnell vorbei<br />

mit der Meditation! (Lacht.)<br />

Inzwischen fahren Sie sogar<br />

richtige Autorennen?<br />

Ja. In den vergangenen Jahren<br />

die Ferrari Challenge North<br />

America, derzeit den Porsche<br />

Carrera Cup. Am vergangenen<br />

Wochenende hatten wir ein<br />

Rennen in Hockenheim, und<br />

demnächst ist der Nürburgring<br />

an der Reihe.<br />

Wie schnell fahren Sie?<br />

Am schnellsten war ich in<br />

Daytona: rund 300 Stundenkilometer.<br />

Aber das ist doch wahrscheinlich<br />

viel gefährlicher als das<br />

Hängen an Drahtseilen bei<br />

den „X-Men“-Dreharbeiten.<br />

Stimmt, zumal ich am Set<br />

mit den besten Drahtseil-Experten<br />

der Welt zusammenarbeite.<br />

Trotzdem muss ich mich<br />

komplett in<br />

ihre Hände<br />

begeben.<br />

Imm Auto habe<br />

ich dagegen selbst die Kontrolle.<br />

Das ist mir einfach lieber.<br />

Ich hasse es sogar, auf dem Beifahrersitz<br />

zu hocken, während<br />

mein Trainer mit mir ein paar<br />

Runden auf einer Rennstrecke<br />

dreht. Nur, wenn ich selber fahren<br />

darf, habe ich keine Angst.<br />

Hockenheim liegt ganz in der<br />

Nähe von Heidelberg. Haben<br />

Sie, als Sie neulich auf der<br />

Rennstrecke waren, von dort<br />

aus einen Abstecher in Ihre<br />

Geburtsstadt gemacht? Oder<br />

sind Ihnen Ihre Wurzeln<br />

schnurz?<br />

Nein, im Gegenteil, meine<br />

Herkunft bedeutet mir sehr viel!<br />

Ich nutze jede Gelegenheit,<br />

nach Heidelberg zu kommen,<br />

und natürlich war ich auch jetzt<br />

wieder zu Besuch. Ich habe dort<br />

noch einen Haufen Verwandtschaft:<br />

Cousins, Onkel, Tanten<br />

und eine Großtante. Schön, dass<br />

ich meine Familie derzeit öfter<br />

sehen kann.<br />

Gibt es bei Ihnen typisches<br />

deutsches Essen?<br />

O ja! Ich liebe Schnitzel,<br />

Kartoffelsalat, Bratwürste und<br />

Sauerkraut. Und mein Vater<br />

macht beispielsweise fantastische<br />

Krautkrapfen. Das ist eine<br />

schwäbische Spezialität: Sauerkraut<br />

und Speck, umhüllt von<br />

Nudelteig.<br />

Müssen Sie danach vor Dreharbeiten<br />

auf Diät?<br />

Nein, ich habe Glück, denn<br />

mein Stoffwechsel ist exzellent.<br />

Ich kann also bedenkenlos alles<br />

essen –außer Knollensellerie.<br />

Dagegen bin ich nämlich allergisch.<br />

Haben Sie typische deutsche<br />

Eigenschaften?<br />

Ja, meine eiserne Disziplin<br />

bei der Arbeit. Mein Vater hat<br />

immer gesagt: „Mach eine Sache<br />

ordentlich, oder lass es bleiben.“<br />

Diese Haltung habe ich eindeutig<br />

von ihm geerbt. Andererseits<br />

bin ich kein großer Freund von<br />

Regeln –das kommt vermutlich<br />

von meiner irischen Mutter.<br />

Von ihr stammt wohl auch das<br />

Feier-Gen, das in mir steckt!<br />

(Lacht.)<br />

Das Interview führte Marco<br />

Schmidt<br />

Der Schauspieler in dem Action-Thriller<br />

„Das Gesetz der Familie“.<br />

Michael Fassbender als wortkarger Vagabund in<br />

dem Western „SlowWest“.

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