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Ein wahrer Superschurke<br />
Er spielte einen sexbesessenen<br />
Bürohengst in<br />
„Shame“, einen brutalen<br />
Plantagenbesitzer<br />
in „12 Years aSlave“ und die Titelrolle<br />
in „Steve Jobs“. Für das<br />
Comicdrama „X-Men: Dark<br />
Phoenix“, das am 6. Juni in die<br />
Kinos kommt, schlüpfte Michael<br />
Fassbender (42) zum vierten<br />
Mal in die Rolle des Mutanten<br />
Magneto. Im Soho House Berlin<br />
sprachen wir mit dem charismatischen<br />
Charakterdarsteller, der<br />
in Heidelberg geboren, in Irland<br />
aufgewachsen und mit seiner<br />
Kollegin Alicia Vikander verheiratet<br />
ist.<br />
KURIER :Haben Sie als Kind<br />
Comics gelesen? Hatten Sie<br />
einen Lieblings-Superhelden?<br />
Michael Fassbender: Als<br />
Junge habe ich mich hauptsächlich<br />
für Autos interessiert und<br />
so gut wie gar nichts gelesen.<br />
Aber ich besaß tatsächlich ein<br />
Superman-Outfit, das ich<br />
manchmal angezogen habe. Ich<br />
erinnere mich noch gut, wie ich<br />
immer versucht habe, von der<br />
Couch aus loszufliegen. Ich habe<br />
das Kostüm sogar zum Swimmingpool<br />
mitgenommen, weil<br />
ich dachte, das wäre der ideale<br />
Ort, um das Fliegen zu üben.<br />
Dann dürften Sie sich jadarüber<br />
freuen, dass Sie nun als<br />
Magneto auf der Kinoleinwand<br />
fliegen können.<br />
Im Prinzip ja, doch das bedeutet<br />
auch, dass ich am Set<br />
ewig an irgendwelchen Drähten<br />
hoch über dem Boden hängen<br />
muss, und das mag ich überhaupt<br />
nicht –esist unbequem,<br />
und ich entwickle<br />
mit zunehmendem<br />
Alter mehr und<br />
mehr Höhenangst.<br />
Sobald ich<br />
nach unten<br />
schaue, denke<br />
ich:<br />
„Was<br />
werde<br />
ich mir<br />
Der neue „X-Men“-Film und seine Helden. Kleines Foto oben rechts: Michael Fassbender als Mutant in dem Streifen.<br />
wohl brechen, wenn ich aus dieser<br />
Höhe abstürze? Beide Beine<br />
und das Becken?“ Man muss<br />
sein Hirn frei machen von solchen<br />
Gedanken, ähnlich, wie<br />
wenn man in einer Gegend<br />
surft, in der es Haie gibt.<br />
Schickt man Sie vor den Dreharbeiten<br />
zu einem Actionfilm<br />
erst einmal wochenlang ins<br />
Fitnessstudio?<br />
Da pilgere ich ohnehin regelmäßig<br />
hin. Ich liebe es, meinen<br />
Tag mit Training zu beginnen.<br />
Heute, mit über 40, kann<br />
ich Sport viel mehr genießen als<br />
mit 20. Das verdanke ich nicht<br />
zuletzt meiner Frau.<br />
Hat sie Sie mit dem Trainingsvirus<br />
infiziert?<br />
Sozusagen. Alice ist ein echter<br />
Fitness-Freak. Vor einiger<br />
Zeit hat sie mir die sogenannte<br />
„Bikini Body App“ gezeigt. Inzwischen<br />
habe ich mir selbst einen<br />
richtigen Bikini-Body antrainiert!<br />
(Lacht.) Am Sport mag<br />
ich vor allem die mentale Komponente.<br />
Nicht den körperlichen Effekt?<br />
Ein bisschen Eitelkeit ist bei<br />
mir sicher auch im Spiel. Aber<br />
das Training lüftet einfach mein<br />
Hirn durch. Wenn ich mich aus<br />
meiner Komfortzone reiße und<br />
an körperliche Grenzen führe,<br />
wenn massenweise Endorphine<br />
ausgeschüttet werden,<br />
bin ich den ganzen Tag<br />
wacher, präsenter und<br />
glücklicher – obwohl Fitnessstudios<br />
auch etwas Deprimierendes<br />
haben.<br />
Inwiefern?<br />
Ich finde es seltsam, wie<br />
dort jeder verbissen in seiner<br />
Ecke herumwerkelt. Der ideale<br />
Ort ist das nicht, aber auf Reisen<br />
gibt es für mich oft keine andere<br />
Möglichkeit zu trainieren. Ich<br />
mache das viel lieber in der Natur.<br />
Sobald ich in der Nähe eines<br />
Ozeans bin, gehe ich zweimal<br />
täglich surfen. In Lissabon, wo<br />
ich seit Jahren lebe, stürze ich<br />
mich morgens als erstes in die<br />
Fluten –der perfekte Start in<br />
den Tag!<br />
Wie hat sich Ihre Leidenschaft<br />
für Autos entwickelt?<br />
Mein Opa hat mit mir stets<br />
Formel-1-Rennen geguckt, seit<br />
ich elf war. Ayrton Senna und<br />
Michael Schumacher waren<br />
meine großen Vorbilder. Einige<br />
meiner frühesten Kindheitserinnerungen<br />
hängen mit Autos<br />
zusammen. Ich wollte schon<br />
immer ans Steuer. Und mein Papa<br />
hat mich sehr früh dafür begeistert.<br />
Wie das?<br />
Als ich noch klein war, ließ<br />
er mich im Auto bei sich auf dem<br />
Schoß sitzen und das Lenkrad<br />
anfassen. Mit 12 Jahren durfte<br />
ich unseren Wagen bereits auf<br />
Privatwegen selbst steuern. Ich<br />
konnte es kaum erwarten, 17 zu<br />
werden und mit meinem Führerschein<br />
auf Probe ganz legal<br />
auf öffentlichen Straßen herumdüsen<br />
zu dürfen. Schon als<br />
Knirps war ich scharf auf Gokarts.<br />
Bis heute fröne ich dieser<br />
Leidenschaft, so oft ich kann,<br />
denn Gokart-Fahren hat für<br />
mich etwas Meditatives: Es<br />
macht den Kopf frei. Man muss<br />
nur aufpassen, dass man sein<br />
Hirn nicht ganz ausschaltet –<br />
sonst ist es sehr schnell vorbei<br />
mit der Meditation! (Lacht.)<br />
Inzwischen fahren Sie sogar<br />
richtige Autorennen?<br />
Ja. In den vergangenen Jahren<br />
die Ferrari Challenge North<br />
America, derzeit den Porsche<br />
Carrera Cup. Am vergangenen<br />
Wochenende hatten wir ein<br />
Rennen in Hockenheim, und<br />
demnächst ist der Nürburgring<br />
an der Reihe.<br />
Wie schnell fahren Sie?<br />
Am schnellsten war ich in<br />
Daytona: rund 300 Stundenkilometer.<br />
Aber das ist doch wahrscheinlich<br />
viel gefährlicher als das<br />
Hängen an Drahtseilen bei<br />
den „X-Men“-Dreharbeiten.<br />
Stimmt, zumal ich am Set<br />
mit den besten Drahtseil-Experten<br />
der Welt zusammenarbeite.<br />
Trotzdem muss ich mich<br />
komplett in<br />
ihre Hände<br />
begeben.<br />
Imm Auto habe<br />
ich dagegen selbst die Kontrolle.<br />
Das ist mir einfach lieber.<br />
Ich hasse es sogar, auf dem Beifahrersitz<br />
zu hocken, während<br />
mein Trainer mit mir ein paar<br />
Runden auf einer Rennstrecke<br />
dreht. Nur, wenn ich selber fahren<br />
darf, habe ich keine Angst.<br />
Hockenheim liegt ganz in der<br />
Nähe von Heidelberg. Haben<br />
Sie, als Sie neulich auf der<br />
Rennstrecke waren, von dort<br />
aus einen Abstecher in Ihre<br />
Geburtsstadt gemacht? Oder<br />
sind Ihnen Ihre Wurzeln<br />
schnurz?<br />
Nein, im Gegenteil, meine<br />
Herkunft bedeutet mir sehr viel!<br />
Ich nutze jede Gelegenheit,<br />
nach Heidelberg zu kommen,<br />
und natürlich war ich auch jetzt<br />
wieder zu Besuch. Ich habe dort<br />
noch einen Haufen Verwandtschaft:<br />
Cousins, Onkel, Tanten<br />
und eine Großtante. Schön, dass<br />
ich meine Familie derzeit öfter<br />
sehen kann.<br />
Gibt es bei Ihnen typisches<br />
deutsches Essen?<br />
O ja! Ich liebe Schnitzel,<br />
Kartoffelsalat, Bratwürste und<br />
Sauerkraut. Und mein Vater<br />
macht beispielsweise fantastische<br />
Krautkrapfen. Das ist eine<br />
schwäbische Spezialität: Sauerkraut<br />
und Speck, umhüllt von<br />
Nudelteig.<br />
Müssen Sie danach vor Dreharbeiten<br />
auf Diät?<br />
Nein, ich habe Glück, denn<br />
mein Stoffwechsel ist exzellent.<br />
Ich kann also bedenkenlos alles<br />
essen –außer Knollensellerie.<br />
Dagegen bin ich nämlich allergisch.<br />
Haben Sie typische deutsche<br />
Eigenschaften?<br />
Ja, meine eiserne Disziplin<br />
bei der Arbeit. Mein Vater hat<br />
immer gesagt: „Mach eine Sache<br />
ordentlich, oder lass es bleiben.“<br />
Diese Haltung habe ich eindeutig<br />
von ihm geerbt. Andererseits<br />
bin ich kein großer Freund von<br />
Regeln –das kommt vermutlich<br />
von meiner irischen Mutter.<br />
Von ihr stammt wohl auch das<br />
Feier-Gen, das in mir steckt!<br />
(Lacht.)<br />
Das Interview führte Marco<br />
Schmidt<br />
Der Schauspieler in dem Action-Thriller<br />
„Das Gesetz der Familie“.<br />
Michael Fassbender als wortkarger Vagabund in<br />
dem Western „SlowWest“.