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20 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 131 · 8 ./9./10. Juni 2019<br />
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Schönes Wochenende<br />
WEINKUNDE<br />
FUNDSTÜCKE<br />
VonKirsten Herrmann<br />
Haben Sie auchetwas Neues in derStadtentdeckt?<br />
Bitte schreiben Sie uns an: berlin.fundstuecke@dumont.de<br />
VonRomana Echensperger<br />
IMAGO<br />
La vie<br />
en Rosé<br />
Wer sich für einen Rosé entscheidet, lässt sich oft vonÄußerlichkeiten<br />
leiten: vomWetter,vom Etikett, vonder<br />
Farbe desWeins.Woher kommt, was in der Flascheist, ist zweitrangig.<br />
Undoft stimmt die Annahme ja, dass der Geschmack<br />
vonRosé mehr vonder Weinbereitung abhängt als vonBoden<br />
und Klima. Dabei gibt es auch für Rosé großartige Terroirs,vor<br />
allem in Südfrankreich. Über 30 Prozentder Roséproduktion<br />
weltweit kommt aus Frankreich, und genauso hoch ist laut<br />
dem FachmagazinWeinwirtschaft auch der Anteil am Konsum.<br />
Rosé ist fest mit der französischen Seeleverbunden.<br />
Im Süden des Landes finden sich die spannendsten Anbaugebiete<br />
für Rosé. Hier gedeihen mediterrane Rebsorten wie<br />
Grenache,Syrah, Cinsault oder Mourvèdre, die in der Wärme<br />
zuverlässig ausreifen. Reife und gesunde Trauben sind auch<br />
beim Rosé Voraussetzung für Qualität. DerRosé aus der Provence<br />
ist inzwischen sogar so beliebt, dass 90 Prozent der<br />
Weine aus dieser Region roséfarben sind. DieWinzer können<br />
sich deshalb noch mehr auf die Erzeugung spezialisieren. Sie<br />
pflanzen die Reben in verschiedenen Höhen und auf unterschiedlichen<br />
Bodenformationen –die Weine vonSchieferböden<br />
schmecken würziger,während die vonKalkstein über<br />
mehr Säureverfügen. Unddas wiederum gibt dem Winzer<br />
mehr Möglichkeiten beim Verschnitt.<br />
Inmitten der Provence liegt die Appellation Bandol, ein<br />
Landstrich direkt an der Küste,auf dessen Kalksteinhügeln die<br />
dickschalige Rebsorte Mourvèdreheimisch ist. Bandol ist berühmt<br />
für seine tanninschweren und würzigen Rotweine,aber<br />
eben auch die Heimat vonganz außergewöhnlichem Rosé –<br />
wie dem vomBioweingut Tempier.Die Trauben werden aus<br />
verschiedenen Parzellen geerntet, kurzeingemaischt und<br />
schonend abgepresst. DieVergärung findet mit natürlichen<br />
Hefen in großen Eichenholzfässernstatt –zuden knall-fruchtigen<br />
Weinen gehörtdieser Rosé also nicht. Spannend ist die<br />
Cuvée aus Mourvèdre, der dem Rosé Kraft, Struktur und<br />
dunkle Fruchtaromen bringt. Hinzu kommt eine Portion Grenache,die<br />
ihreunbekümmerte Kirschfrucht beisteuert, und<br />
Cinsault, die für florale Aromen und frische Säuresorgt.<br />
Dieser Rosé ist ein prächtiges,komplexes Gewächs,das<br />
man nicht nur im Sommer trinken kann. Er läuft lachsfarben<br />
und mit silbernen Reflexen ins Glas.Der erste Eindruck ist floralund<br />
fruchtig, hinzukommen Aromen vonKirschen, Pflaumen,<br />
getrockneten Kräutern, Pfeffer und Lavendel. Am Gaumenzeigt<br />
sich der Wein dann trocken ausgebaut, mit feinem<br />
Biss undmoderater Säure, dafür hat er einen kraftvollen Körper<br />
und ein herzhaft-herbes Finish.<br />
2018Bandol Rosé, DomaineTempier,Provence, 24,50 Euro,zukaufenimPassion<br />
Vin, KöpenickerStraße18–20, Kreuzberg<br />
Workshops<br />
Selbst ist<br />
der Großstädter<br />
Bewusst konsumieren, nachhaltig produzieren, kreativer<br />
leben –gerade in den großen Städten scheint der Trend<br />
immer mehr zum Selbermachen zu gehen. Haus und Hof haben<br />
die wenigsten von uns Städtern, maximal einen Balkon,<br />
den wir bepflanzen können. Wasuns aber bleibt, ist Zeit, die<br />
wir in neue Fähigkeiten investieren können. Die<strong>Berliner</strong> PlattformThe<br />
Makery will uns wissbegierigen Städtern dabei helfen,<br />
unser Können miteinander zu teilen. KreativeKöpfe können<br />
dortKurse aller Art–vom Töpfernüber Seifenherstellung<br />
und Bienenhaltung bis zu Weben, Einrichten, Kochen und Backen<br />
–anbieten und Interessierte können sich für ab etwa 20<br />
Euro aufsteigend einen Platz darin sichern. An diesem Wochenende<br />
stehen unter anderem die Herstellung veganer Pralinen<br />
und Proteinkugeln in Prenzlauer Berg oder Aquarell malen<br />
in Schönebergzur Auswahl.<br />
The Makery,kreativeKurse in ganz Berlin ab etwa 20 Euro,Buchungen über<br />
www.themakery.de<br />
Restaurant<br />
Frankreich<br />
in Berlin<br />
Zugegeben: Muscheln und Pommes sind nun wirklich nicht<br />
typisch Berlin. Doch es gibt da ein kleines gemütliches wie<br />
elegantes Restaurant in Prenzlauer Berg, das es geschafft hat,<br />
die französische Küche und den <strong>Berliner</strong> Charme zu verbinden.<br />
An ein paar Tagen im Monat werden dortwunderbar gesellige<br />
Muscheldinner angeboten. Für 24 Euro proPerson gibt<br />
es einen Salat, Muscheln und Pommes,soviel Siewollen, und<br />
ein Dessert. Ist eine Schüssel mit den Schalentieren leer,<br />
kommt auch schon die nächste. Die nächsten Muschelessen<br />
finden vom 24. bis 27. Juni statt, doch ich gebe Ihnen lieber<br />
schon jetzt Bescheid, denn die Plätze sind begrenzt und begehrt.<br />
Natürlich können Sie auch vorher schon im „Der Hahn<br />
ist tot“ speisen. Das angebotene 4-Gang-Menü wechselt wöchentlich<br />
und es gibt auch immer eine vegetarische Variante.<br />
DerHahn ist tot,Zionskirchstraße40, Mitte, Di–So 18.30–1 Uhr, nächste Muscheldinner<br />
24.6.bis 27.6. 18.30-20.50 Uhr oder ab 21 Uhr,24Euro<br />
IMAGO<br />
Umweltschutz<br />
Mehr fürs<br />
Meer<br />
World Oceans Day, Diadel Maroder auch Tagdes Meeres –<br />
bereits seit 1992 ist der 8. Juni der TagimJahr, andem<br />
sich weltweit zahlreiche Menschen mit Aktionen den Meeren,<br />
ihrem Schutz und ihrer Erhaltung widmen –auch in Berlin. Im<br />
Freiluftkino Insel im Cassiopeia wirdbeispielsweise der Dokumentarfilm„Albatross“<br />
gespielt. Macher Chris Jordan und sein<br />
Team zeigen darin, wie eine Insel, auf der jährlich Tausende Albatrosse<br />
nisten, vonMüllmassen bedroht ist. Im Dr.Bronner’s<br />
Laden im Weinbergsweg geht es um das Clean River Project<br />
und seine Mitmachaktionen. Unddie Runbase Berlin lädt zum<br />
Runfor the Oceans,bei dem Nutzer der Lauf-App Runtastic einen<br />
Dollar pro gelaufenem Kilometer für die Parley Ocean<br />
School sammeln können, um kommende Generationen im<br />
Umgang mit den Weltmeeren zu bilden.<br />
AlbatrossVorführung,Revaler Straße 99, Sa ab 20.30 Uhr,Eintritt frei,Anmeldung:<br />
albatrossfreetour.eventbrite.de, CleanRiver Project,Weinbergsweg2,Sa<br />
14.30-19 Uhr, Runfor the Oceans,Schleusenufer4,Sa17-21 Uhr<br />
Flohmarkt<br />
Darf’s noch<br />
ein Service sein?<br />
Teller und Tassen vonIkea kann jeder.Wer aber auf Einzelstücke<br />
und individuelle Keramik steht, könnte auf dem<br />
großen Benefiz-Keramik-Trödel des Keramik-Museums Berlin<br />
(KMB) in Charlottenburg fündig werden. Dort wird Pfingsten<br />
wieder Porzellan und Keramik en masse angeboten. Ob Teeservice,<br />
buntes oder schlichtes Gebrauchsgeschirr, ausgefallene<br />
Vasen, Nippes oder sogar Teile vonnamhaften Künstlern<br />
oder aus bekannten Manufakturen –wer hier stöbert, stößt<br />
mit Sicherheit auf ein Stück, das ihm gefällt –oder zumindest<br />
auf Skurrilitäten. Und ein kleines Fachgespräch gibt es noch<br />
gratis oben drauf. Die Einnahmen des zweitägigen Garten-<br />
Verkaufs kommen dem Förderverein KMB zugute und für die<br />
zwei Euro Eintritt können die Keramik-Shopper außerdem die<br />
drei aktuellen Ausstellungen des Museumsbesuchen.<br />
Benefiz-Keramiktrödel,Keramik-Museum Berlin,Schustehrusstraße 15, Charlottenburg,Sonntagund<br />
Montag 11-17 Uhr,Eintritt 2Euro<br />
IMAGO /BRUNO KICKNER<br />
WOHIN AM WOCHENENDE<br />
Die Oase im<br />
Südwesten<br />
Berlins<br />
Die Ufa-Fabrik<br />
in Tempelhof feiert in<br />
diesem Jahr ihr<br />
40-jähriges Bestehen<br />
VonIda Krenzlin<br />
Als alles begann: der Zirkus der Ufa-Fabrik 1979. UFAFABRIK (3)<br />
Klar gibt es in Berlin Oasen, in die<br />
man flüchten kann, wenn einem<br />
der Verkehrslärminden Straßen oder<br />
das Kindergeschrei auf Spielplätzen<br />
zu laut wird. Die Zufluchtsorte sind<br />
mal kleiner, mal größer.Von ruhigen<br />
Hinterhöfen bis zu unterschiedlich<br />
großen Parkanlagen reicht das Angebot.<br />
Eine der größten Oasen im Südwesten<br />
Berlins, autofrei, naturnah,<br />
ökologisch, ist das Gelände der Ufa-<br />
Fabrik in Tempelhof. Auf18000 Quadratmetern<br />
wohnen um die 35 moderne<br />
Kommunarden, die Tiere des<br />
Kinderbauernhofes. Esbefindet sich<br />
eine Freie Schule auf dem Gelände,<br />
ein Café, eine Bäckerei und viele Kultureinrichtungen.<br />
An die 200 Menschen<br />
verdienen hier ihr Geld. Die<br />
Oase wird dieses Jahr 40, an diesem<br />
Wochenende beginnen die Jubiläumsfeierlichkeiten.<br />
1979 wurde dort<br />
ein Gesellschaftsexperiment gewagt,<br />
welches in Berlin seinesgleichen<br />
sucht. Vor40Jahren besetzten engagierte<br />
junge Menschen das Gelände,<br />
um alternative Formen des Zusammenlebens<br />
auszuprobieren. Das Besondere<br />
ander UFA-Fabrik war von<br />
Anfang an, dass die Kommunarden<br />
die Nachbarschaft mit einbezogen.<br />
Ein freundliches „Willkommen“<br />
stand auf dem ersten Plakat nach der<br />
Besetzung, keine krawalligen Losungen.<br />
Dies ist so geblieben. 200 000<br />
Menschen besuchen im Jahr die verschiedenen<br />
Angebote, darunter<br />
junge Eltern, dadas Nachbarschaftszentrum<br />
viele Kurse anbietet, von<br />
Krabbelgruppen über Schülernachhilfe<br />
bis zu generationsübergreifenden<br />
Kochkursen mit Senioren und<br />
jungen Familien. DasProjekt Ufa-Fabrik<br />
ist einzigartig, wegen seiner<br />
Größe und weil es bisheute nicht nur<br />
überdauerthat,sonderngerade auch<br />
erfolgreich den Generationswechsel<br />
meistert.<br />
Zwischen Viktoriastraße und Teltowkanal<br />
liegt das weiträumige Gelände<br />
der Ufa-Fabrik. Bis 1956 wurden<br />
in dem ehemaligen Kopierwerk<br />
der Ufa Filme auf Zelluloid gebannt.<br />
DerU-Bahnhof Ullsteinstraße ist um<br />
die Ecke. Der Ausflug in die Ufa-Fabrik<br />
lohnt sich zwar auch ohne Kinder,<br />
aber selten ist essounkompliziert,<br />
Kinder mitzunehmen. Spielplätze,<br />
der Bauernhof mit Tieren<br />
zum Streicheln und Fütternund viel<br />
Platz zum Tobenund Kletternbieten<br />
Abwechslung. Die Kinder verschwinden<br />
einfach auf dem Gelände<br />
und tauchen höchstens auf, wenn<br />
sie Hunger haben. Dann sitzen die<br />
erwachsenen Besucher vielleicht<br />
schon im Sommergarten vom Café<br />
Olé und beißen inein Stück selbst<br />
gebackenen Apfelkuchen.<br />
Bekannt ist die Ufa-Fabrik für<br />
Jazzkonzerte, Varieté-Programme<br />
und den ufaFabrik-Circus mit eigener<br />
Schule. Aber auch Theateraufführungen,<br />
Feste und Festivals finden<br />
regelmäßig statt. Kabarettgrö-