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24 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 131 · 8 ./9./10. Juni 2019<br />
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Sport<br />
Gefragter Mann: RobertKubica kehrtnach elf Jahren an seine SchicksalsstreckeinMontreal zurück.<br />
IMAGO-IMAGES<br />
Dann eben mit links<br />
Formel-1-Rennfahrer Robert Kubica hat hart dafür gekämpft, dass er elf Jahre nach seinem Sieg beim Grand Prix von Kanada noch einmal zurückkehren kann<br />
VonElmar Brümmer,Montreal<br />
Die rechte Hand, die<br />
scheinbar wichtigster,<br />
manchmal sogar ausschließlicher<br />
Bestandteil<br />
aller Betrachtungen über den Formel-1-Rennfahrer<br />
Robert Kubica ist,<br />
hat er vor den Körper und auf den<br />
Tisch gelegt. Sie dient am Vorabend<br />
des Großen Preises von Kanada als<br />
Sonnenbrillenhalter. Daran ist vermeintlich<br />
nichts Besonderes, auch<br />
wenn sie selbst im Ruhezustand seltsam<br />
steif wirkt. Unddas ist sie auch,<br />
jedenfalls für die Ansprüche, die für<br />
gewöhnlich ans Rennfahren gestellt<br />
werden.<br />
Aber dieser Kubica, der mit seinem<br />
unterlegenen Williams-Auto in<br />
der laufenden Saison stets nur hinterherfahren<br />
konnte, hat zumindest<br />
über alle Zweifler gesiegt, die nicht<br />
glauben wollten, dass man mit links<br />
Formel 1fahren könne. Man kann,<br />
sogar in Monte Carlo.Und dass seine<br />
Behinderung kein wirkliches Handicap<br />
ist, will er jetzt in Montreal beweisen,<br />
auf seiner Schicksalsstrecke.<br />
Im Jahr 2007, als er noch Werkspilot<br />
bei BMW-Sauber war, überlebte<br />
er auf dem Circuit de Gilles Villeneuveeinen<br />
der spektakulärsten Unfälle<br />
der jüngeren Renngeschichte,<br />
mit seitlichem Salto und ein paar<br />
Schrauben in der Luft. Das Auto war<br />
einWrack, ihm hingegen, bis auf eine<br />
leichte Gehirnerschütterung, einiger<br />
Prellungen und einem verstauchten<br />
Fuß, nichts passiert. Weil die Ärzte<br />
Kubica im nächstfolgenden Rennen<br />
dennoch nicht fahren lassen wollte,<br />
ermöglichte der Unfall wiederum einem<br />
gewissen Sebastian Vettel, damals<br />
noch BMW-Testpilot, das Formel-1-Debüt.<br />
Ein Jahr später, bei der Rückkehr<br />
nach Kanada, feierte Kubica jedoch<br />
einen fantastischen Sieg – seinen<br />
einzigen in der Formel 1, auch den<br />
einzigen für BMW.Doch das Schicksal<br />
wendete sich 2011 erneut für den<br />
Polen. Bei einem schrecklichen Rallye-Unfall<br />
in Italien, entrann er nur<br />
um Millimeter dem Tod, als sich eine<br />
Leitplanke in sein Cockpit bohrte<br />
und dabei seine rechte Körperhälfte ,<br />
besonders aber seine rechte Hand<br />
zerstörte. Sie konnte nur in einer<br />
Notoperation gerettet werden.<br />
Doch Kubica hat sich zurückgekämpft,<br />
das erscheint rückblickend<br />
noch immer unglaublich. Er will<br />
keine Sonderbehandlung, sondern<br />
einfach nur das tun, für das er immer<br />
schon gelebt hat. Wasfür ein Comeback,<br />
mit 34 Jahren und nach 3046<br />
Tagen Formel-1-Pause.<br />
Seine beste Platzierung seither:<br />
Zweimal Platz 16. Eine Witzfigur ist<br />
er trotzdem nicht, wirdernie sein. Er<br />
ist hoch geachtet, auch unter den anderen<br />
Fahrern–und das in einer solchen<br />
Neidbranche, wie sie die Formel<br />
1ist. VorzweiWochen bezwang<br />
Kubica die engen Straßen Monacos,<br />
belegte Rang 18 und machte beim<br />
Startsogar noch zwei Positionen gut,<br />
ehe ihn Rookie Antonio Giovinazzi<br />
mit seinem Alfa Romeo rammte.<br />
Und doch waren sich alle einig: Für<br />
den Rückkehrer ein toller Erfolg.<br />
Für den war das jedoch nichts Besonderes:<br />
„Ich glaube, es gab eine<br />
Menge Leute, die dachten, ich<br />
könnte nicht einmal das Lenkrad<br />
drehen. Aber ich wusste, dass ich<br />
klarkommen würde.“<br />
RobertKubica spricht, wie er denkt,<br />
wie er lenkt: Immer auf der Ideallinie.<br />
Stur.KlareKante bekommen auch die<br />
„Ich wünschte mir heute,<br />
es wäre mein schlimmster Unfall<br />
gewesen.“<br />
Robert Kubica über seinen Crash beim Grand Prix von Kanada 2007.<br />
Während er da fast unverletzt blieb, zerstörte ein Rallye-Unfall vier Jahre später<br />
seine rechte Hand.<br />
Frager,die dieser Tage den Unfall von<br />
2007 noch einmal geschildert haben<br />
wollen. Was damals war, das zähle<br />
doch nicht. Derkanadische Journalist<br />
fragt trotzdem noch mal nach, es sei<br />
doch ein schlimmer Crash gewesen.<br />
Kubica grinst, dann sagt er: „Ich<br />
wünschte mir heute, es wäre mein<br />
schlimmster Unfall gewesen.“<br />
Ernster wird ererst wieder, als es<br />
um Nicholas Latifi geht. Das ist ein<br />
kanadischer Millionärs-Zögling,<br />
dem er im ersten Training sein Cockpit<br />
überlassen musste. Es könnte<br />
schon ein Probelauf für die kommende<br />
Saison sein. Talent (Latifi) gegen<br />
Wille (Kubica) − das strauchelnde<br />
Williams-Team hat eigentlich<br />
beides nötig.<br />
Den Polen ärgert andem neuen<br />
Konkurrenten bislang nur,dass er wegen<br />
ihm wichtige Abstimmungsarbeit<br />
und ein paar SätzeReifen für die Qualifikation<br />
und das Rennen einbüßt. So<br />
pragmatisch ist er und so wird man<br />
wohl, wenn man einen solchen<br />
Schicksalsweg hinter sich hat: Er denkt<br />
immer nur an den nächsten Moment,<br />
das nächste Ziel. Während Weltmeister<br />
Lewis Hamilton, der sehr viel von<br />
Kubica hält, in Montreal auch davon<br />
spricht, dass man nicht weiß, wie viel<br />
Zeit man noch habe, umSpaß zu haben,<br />
hat der Williams-Pilot diesen<br />
Spaß einfach. Sich darüber Gedanken<br />
zu machen, ist für ihn Zeitverschwendung.<br />
Er will einfach nur fahren.<br />
Auch wenn das mit links natürlich<br />
nicht einfach ist. Doch George Russell,<br />
seinen von Mercedes geförderten<br />
Teamkollegen, endlich mal in der<br />
Qualifikation hinter sich zu lassen,<br />
das wäre jetzt erst mal am Wichtigsten.<br />
Kleine Ziele,aber eben seine.<br />
„Positives Momentum“ nennt er<br />
die Energie, die ihn immer wieder<br />
antreibt. Die Dinge zu emotional zu<br />
betrachten, das hat er während seiner<br />
Leidensgeschichte gelernt,<br />
bringe nichts. Deshalb regte er sich<br />
auch nicht darüber auf, dass der zum<br />
Alfa-Werksteam gewordene Sauber-<br />
Rennstall in dieser Woche verbreitete,dass<br />
Kubica beim Sieg in Montreal<br />
2008 vorlauter Freudevergessen<br />
habe, den Champagner zu verspritzen<br />
und die volle Flasche noch bei<br />
BMW in München stünde...<br />
Kubica konterte, wie es seine Art<br />
ist –erschickte einfach ein Foto,dass<br />
ihn dabei zeigt, wie er auf dem Podium<br />
den BMW-Sportchef Mario<br />
Theissen volle Pulle duscht. Und<br />
schickte beste Wünsche hinterher,<br />
dass Alfa bald mal wieder in den Genuss<br />
von Champagner kommen<br />
möge. Sie hätten ja –wie er selbst –<br />
eine Story voller Aufs und Abs. Seine<br />
Botschaft dahinter: Wenn schon Legende,dann<br />
will RobertKubicasie gefälligst<br />
selbst sein.<br />
Elmar Brümmer<br />
reist für die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
mit dem Formel-1-Tross.<br />
Singen für die Zukunft<br />
Die Füchse-Handballer haben am letzten Spieltag der Saison gegen Wetzlarnoch viel vor<br />
Kämpfen fürs Geschichtsbuch<br />
Wiedas Tennis-Doppel Kevin Krawietz und Andreas Mies ins Finale von Paris gelangt ist<br />
VonCarolin Paul<br />
Ungewohnte Klänge waren am in<br />
Füchse-Town zu vernehmen.<br />
Nicht das übliche Quietschen der<br />
Schuhe auf dem Parkettboden, Dribbelgeräusche<br />
oder Pfostentreffer,<br />
sondern schräge Gesänge.<br />
DerSchlager„Griechischer<br />
Wein“ zum Beispiel, der<br />
von Simon Ernst zum Besten<br />
gegeben wurde.<br />
Grund für die musikalische<br />
Darbietung war ein<br />
Gewinnspiel des Vereins,<br />
bei dem er Tickets für das<br />
Hochmotiviert:<br />
Bjarki Elisson<br />
letzte Heimspiel am Sonntag<br />
gegen die HSG Wetzlar<br />
(15 Uhr) verloste.Voller Inbrunst<br />
schmetterte deshalb auch<br />
Frederik Simak „Boom, Boom,<br />
Boom, Boom!“ von den Vengaboys,<br />
Bjarki MarElisson intonierte Haddaways<br />
„What is love“.<br />
Es war eine Woche, die sich für<br />
derartigen Schabernack anbot. Elf<br />
Tage spielfrei wollen überbrückt<br />
sein. Bei der hohen Belastung, mag<br />
sich mancher denken, war eine Ruhephase<br />
gern gesehen. Doch nichts<br />
dergleichen. Kurz vorEnde der Spielzeit<br />
bei brütender Hitze trainieren<br />
und dadurch eine kürzere Sommerpause<br />
in Kauf nehmen –das machte<br />
den Füchsen nicht wirklich Spaß.<br />
„Ich kann momentan kein Frei<br />
geben, selbst wenn die Jungs<br />
schimpfen“,<br />
IMAGO IMAGES<br />
sagte Trainer Velimir<br />
Petkovic. „Andere Mannschaften<br />
verbringen die<br />
Zeit auf Mallorca. Da ist es<br />
nicht leicht zu vermitteln,<br />
dass wir schwitzen müssen.<br />
Aber für uns geht es<br />
noch um etwas.“ Natürlich<br />
hätte er lieber den Saisonabschluss<br />
mit seinem<br />
Team gefeiert. Allerdings<br />
müssen die <strong>Berliner</strong> bei<br />
der Partie amWochenende<br />
Platz sechs in der Liga verteidigen,<br />
um sich einen Startplatz im EHF-<br />
Cup zusichern. Anschließend rufen<br />
schon wieder die Nationalteams.<br />
Da ist es an Petkovic, den richtigen<br />
Ton zu finden. „Man muss<br />
Künstler sein, um die Mannschaft<br />
bei Laune zu halten. Das ist nicht<br />
einfach. Doch ich versuche, ihnen<br />
beizubringen, dass wir müssen.<br />
Auch wenn Körper und Kopf nicht so<br />
wollen“, sagt der Coach.<br />
Gut für den Kopf ist die Gewissheit,<br />
es in der eigenen Hand zu haben.<br />
Siegen die <strong>Berliner</strong> gegen die<br />
Hessen, ist das internationale Geschäft<br />
für die nächste Saison gewiss,<br />
egal, was die Verfolger vom Bergischen<br />
HC gegen die SG Flensburg-<br />
Handewitt leisten. DieFüchse haben<br />
das deutlich bessere Torverhältnis.<br />
Zumal Platz fünf ebenso noch möglich<br />
ist, wenn die MT Melsungen zuhause<br />
gegen den TBVLemgo verliert.<br />
„Wir müssen alles geben. Wenn wir<br />
konzentriertbleiben, werden wir das<br />
schaffen und kriegen das hin.“, sagt<br />
Bjarki Mar Elisson zuversichtlich.<br />
Ebenso wie Erik Schmidt bestreitet<br />
der 29-Jährige am Sonntag sein letztes<br />
Spiel im Füchse-Trikot und ist daher<br />
besonders motiviert.<br />
„Das wird emotional. Ich habe<br />
sehr schöne Erinnerungen an die<br />
Zeit. Hier habe ich nicht nur Titel gewonnen,<br />
sondernauch Freunde fürs<br />
Leben“, erzählt der Rechtsaußen<br />
Elisson etwas wehmütig. Umso<br />
wichtiger ist es dem Isländer, sich<br />
mit einem Erfolg zu verabschieden<br />
und ein letztes Mal im Kreise der<br />
Mannschaft zu feiern –und zu singen.<br />
VonDoris Henkel, Paris<br />
Hätte man ihn vor Beginn des<br />
Turniers gefragt, wer amlängsten<br />
aus der deutschen Gruppe in Paris<br />
bleiben würde? Für die Antwort<br />
brauchte Kevin Krawietz nicht viel<br />
Zeit: „Dahätte ich natürlich auf Zverev<br />
getippt.“ Mit größerem Vergnügen<br />
irrte er sich vermutlich nie; Alexander<br />
Zverev verlor imViertelfinale.<br />
Krawietz hingegen wird andiesem<br />
Sonnabend mit Andreas Mies im Finale<br />
des Doppelturniers um einen<br />
der großen Titel des Tennis spielen.<br />
Als der Rheinländer Mies und der<br />
Franke Krawietz vor zwei Jahren bei<br />
einem Turnier in Meerbusch zum<br />
ersten Mal miteinander Doppel<br />
spielten, hatten sie das Gefühl, aus<br />
dieser Verbindung könne was werden.<br />
Als sie 2018 in Wimbledon nur<br />
knapp in fünf Sätzen gegen die späteren<br />
Sieger Mike Bryan und Jack<br />
Sock verloren, sahen sie darin einen<br />
Hinweis. Doch der Einzug ins Finale<br />
der French Open kommt ihnen nun<br />
doch irgendwie surreal vor.<br />
„Wie fühlst du dich?“, fragte der<br />
eine den anderen, als sie nach dem<br />
Sieg im Halbfinale gegen die Argentinier<br />
Pella/Schwartzman unter der<br />
Dusche standen.<br />
Mies sagt, er habe früher allen erzählt,<br />
wenn große Turniere übertragen<br />
wurden, eines Tages werdeerda<br />
mitspielen, dann werde auch er im<br />
Fernsehen zu sehen sein, und auf<br />
einmal sei das alles wahr.<br />
Verrückt.<br />
Aber irgendwie auch<br />
nicht. Er wolle jetzt wirklich<br />
nicht arrogant klingen, fuhr<br />
er fort, „aber wir waren von<br />
Anfang an überzeugt, dass<br />
wir das Zeug dazu haben,<br />
auch mal ein Grand-Slam-<br />
Turnier zu gewinnen und in<br />
die Weltspitze zukommen.<br />
Wir mussten einfach die<br />
Geduld aufbringen, bis wir die<br />
Chance dazu bekommen haben, in<br />
die ATP-Tour reinzukommen.“<br />
Am Anfang spielten sie bei Challenger-Turnieren,<br />
in Wimbledon<br />
nutzten sie die Chance, sich für das<br />
Hauptfeld im Doppel zu qualifizieren,<br />
und mit den Punkten, die sie<br />
später bei drei Siegen sammelten,<br />
öffneten sie sich die Tür zur nächsten<br />
Ebene. Mies entschied sich<br />
schon nach einer Knie-Operation,<br />
IMAGO IMAGES<br />
nur noch Doppel zu spielen, auch für<br />
Krawietz gilt, dass das Doppelspiel<br />
nun doppelt zählt.<br />
Im Februar gewannen sie beim<br />
einem Turnier der 250er-Kategorie<br />
den ersten Titel auf der ATP-Tour,ein<br />
großes Ziel haben sie schon erreicht:<br />
Mitden Punkten für das Finale<br />
im Stade Roland Garros<br />
werden sie ab Montag<br />
in der Doppel-Weltrangliste<br />
zu den besten 30 gehören.<br />
Mit dieser Position<br />
landen sie in jedem größerenTurnier.<br />
Krawietz, 27, und Mies,<br />
Fandes Doppels: 28, sind sich nun über die<br />
Andreas Mies historischen Dimensionen<br />
ihres Auftritts im Finale gegen<br />
die Franzosen Chardy und Martin<br />
im Klaren. Zuletzt spielten Marc-<br />
Kevin Göllner und David Prinosil<br />
1993 im Finale,der einzige deutsche<br />
Titelgewinn in Parisstammt aus dem<br />
Jahr 1937 von Henner Henkel und<br />
Gottfried von Cramm. Der bis dato<br />
letzte deutsche Sieger bei einem<br />
Grand-Slam-Turnier ist Philipp<br />
Petzschner, der mit Jürgen Melzer<br />
aus Österreich 2010 in Wimbledon<br />
und 2011 die US Open gewann.