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Berliner Kurier 09.06.2019

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SEITE25<br />

BERLINER KURIER, Sonntag, 9. Juni 2019<br />

Torsten Mattuschka als<br />

Union-Fan bei der<br />

großen Aufstiegsparty.<br />

spricht, dass diese ihn<br />

nahezu vergöttern. Auf<br />

ihren Jimmy lassen sie<br />

selbst in dessen schwerster<br />

Zeit nichts kommen<br />

und stehen wie ein<br />

Mann hinter und zu ihm.<br />

Hoge ist in der Alten<br />

Försterei geradezu der<br />

Vater aller Spaßvögel.<br />

Was ist da schon ein<br />

Trainer, der Bonbons an<br />

die Linienrichter verteilt,<br />

weil er mit diesem<br />

Späßchen einmal im<br />

Fernsehen aufgefallen<br />

ist? Oder einer, der aus dem<br />

Kofferraum seines Autos die<br />

Töppen mit den drei Streifen<br />

vertickert, als diese zu DDR-<br />

Zeiten nur als Bückware oder<br />

für Westgeld zu haben sind?<br />

Da kommt einer wie Peter<br />

Közle viel besser daher, weil er<br />

als Typ ganz einfach einer ist,<br />

auf den die Fans stehen. Er ist<br />

dermaßen unangepasst, dass<br />

die Anhänger in einem wie ihm<br />

auf Anhieb einen von sich erkennen,<br />

wenngleich sein Engagement<br />

letztlich nicht ganz<br />

unter einem guten Stern steht,<br />

weil es sich in der damals nur<br />

drittklassigen Regionalliga abspielt.<br />

Auf den ersten Blick aber<br />

ist Közle einer, den sie gut leiden<br />

mögen,weil der sich in keine<br />

Schublade stecken lässt. Sie<br />

lieben ihn für das, was er sagt<br />

Derby-Jubel pur.<br />

Mattuschka und Kollegen.<br />

und für das, was er tut, selbst<br />

wenn er lange nach dem Abschied<br />

vom aktiven Sport einmal<br />

zugibt, nicht ganz so malocht<br />

zu haben, wie es vielleicht<br />

angebracht gewesen wäre: „Ich<br />

hatte das Glück, dass ich keine<br />

Familie hatte und tun konnte,<br />

was ich wollte. Ich bin rumgereist,<br />

war zu oft besoffen, hab<br />

Party gemacht und gepennt.<br />

Ich habe im Alter von 33 bis 40<br />

die halbe Zeit geschlafen. Jeder<br />

hat mich gefragt, wie man so leben<br />

kann, doch ich war zufrieden.“<br />

Das ist zum Glück schon nach<br />

der Zeit in Köpenick gewesen,<br />

aber nur ganz kurz danach. Zuvor<br />

beschreibt er sein Gefühl<br />

so: „Ich war geil auf Fußball.<br />

Ich wollte auflaufen, ein super<br />

Spiel machen, mich ins Bett legen<br />

und glücklich sein.“<br />

Wenn das aber nicht geklappt<br />

hat mit dem super<br />

Spiel, dann hat Közle,<br />

auch nicht in Berlin,<br />

den ganzen Frust der<br />

Fans abbekommen.<br />

„Schneid dir die Haare,<br />

dann triffst du auch wieder“,<br />

haben sie ihm zum<br />

Beispiel in Duisburg zugerufen.<br />

Oder ihm vorgeschlagen,<br />

seine Tattoos<br />

zu entfernen, weil<br />

er wegen der durch die<br />

Stecherei zu schweren<br />

Arme nicht mehr schnell genug<br />

laufen könne.<br />

Diese Gefahr besteht bei<br />

Torsten Mattuschka nicht.<br />

Nicht im Geringsten. Ihren Tusche<br />

lieben die Fans ohne<br />

Wenn und Aber, selbst wenn<br />

der irgendwann nicht mehr<br />

hätte laufen können. Musste er<br />

ja auch nicht, weil die Aktionen,<br />

für die sie ihn am meisten<br />

verehren, eher mit ruhenden<br />

Bällen zu tun haben, mit Freistößen<br />

und Elfmetern. Für welchen<br />

Spieler lassen sich die<br />

Fans schon ein Lied einfallen,<br />

in dem sie ihrem Idol derart<br />

huldigen wie Tusche mit „Torsten<br />

Mattuschka, du bist der beste<br />

Mann. Torsten Mattuschka,<br />

du kannst, was keiner kann.<br />

Torsten Mattuschka, hau ihn<br />

rein für den Verein.“<br />

Das, ehrlich, kommt gleich<br />

nach Nina Hagens epischer<br />

Vereins-Hymne und dem „Immer<br />

weiter, ganz nach vorn!“.<br />

Wird ein Spieler derart vergöttert,<br />

dann kann, dann muss das<br />

wahre Liebe sein. Sogar Weltmeister<br />

Christoph Kramer, das<br />

ist derjenige, der im Finale 2014<br />

mit Brummschädel raus muss,<br />

weil er nicht mehr weiß, welches<br />

Spiel gerade läuft, hat ein<br />

Faible für Mattuschka. Tusches<br />

Union-Trikot hängt bei Kramer<br />

zu Hause neben den Leibchen<br />

der Bayern-Stars Arjen Robben,<br />

Franck Ribery und Javi Martinez.<br />

Noch Fragen?<br />

Morgen lesen Sie: Wenn das<br />

Herz vergeben ist<br />

Fotos: Imago/Koch (2), König, Schroedter,Höhne<br />

Torsten Mattuschka versenkt<br />

den Freistoß im Derby gegen Hertha.

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