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Berliner Kurier 07.07.2019

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SEITE17<br />

BERLINER KURIER, Sonntag, 7. Juli 2019<br />

Wo die Römer<br />

Rippenbraten<br />

speisen<br />

Rombirgt einige Überraschungen wie diese schlichte<br />

Fachwerkkirche aus dem 17.Jahrhundert. Links: Die<br />

Gaststätte „Zum Römer“, in der es deftige Küche gibt.<br />

Auf der Suche nach dem Sommer –wir starten in<br />

Berlin und reisen in den nahen Osten. Dasdritte<br />

Ziel unserer großen Serie: RominMecklenburg.<br />

Ein Name, der nach Urlaub klingt.Ein Dorf, wie<br />

man es sich als Großstädter erträumt,ist Rom<br />

aber nicht.Eine Bundesstraße führtmittendurch.<br />

Und die Haustüren sind aus Kunststoff.Für die<br />

Römer ist das allerdings ein Segen<br />

Es ist neun Uhr –Frühstückszeit<br />

in der Agrargenossenschaft<br />

Rom an<br />

der Straße der MTS,<br />

kurz für Maschinen-Traktoren-<br />

Station, ein Begriff aus LPG-Zeiten.<br />

In Berlin hätten sie die Straße<br />

umbenannt.<br />

Volker Toparkus, wichtigster<br />

Mann am Ort, klappt seinen Plastikbehälter<br />

auf, in dem ein belegtes<br />

Brot liegt. Dann schneidet er<br />

einen Apfel in Schnitze und reiht<br />

sie vor sich auf. „Kaffee?“, fragt<br />

er.<br />

Ersitzt am Kopfende eines langen<br />

Tischs, auf dem eine gelbliche<br />

Kunststoffdecke liegt.<br />

Volker Toparkus, blond, Metallbrille,<br />

kleiner Schnauzer, ist<br />

Chef der Agrargenossenschaft<br />

Rom, dem größten Arbeitgeber<br />

im Ort, auch wenn hier nicht<br />

mehr ein paar Hundert Leute arbeiten<br />

wie damals in der LPG,<br />

sondern 24 plus zwei Lehrlinge.<br />

Er ist zudem der Bürgermeister<br />

der Gemeinde Rom, zu der außer<br />

dem Dorf Rom mit seinen 220<br />

Einwohnern noch fünf weitere<br />

Dörfer gehören. Erist Bauer und<br />

Politiker.<br />

Und er scheint nur auf mich gewartet<br />

zu haben, so sprudelt es<br />

aus ihm heraus. Endlich jemand<br />

aus der Stadt, dem er erzählen<br />

kann, wie es wirklich ist. „Die<br />

Städter sind doch in ihrem<br />

Träumchen unterwegs“, hat er<br />

schon am Telefon gesagt.<br />

Jetzt erklärt er erst mal, wie die<br />

Genossenschaft funktioniert,<br />

denn der damalige Vorsitzende<br />

hätte die LPG nach der Wende ja<br />

auch in eine GmbH umwandeln<br />

können. So gibt es nun 30 Gesellschaftler,<br />

zehn ehemalige Mitarbeiter<br />

und 20 aktuelle, zu denen<br />

auch Volker Toparkus gehört.<br />

„Wir für uns“, sagt er. Diesen Gedanken<br />

habe er noch einmal<br />

richtig etabliert, als er im Jahr<br />

2000 die Leitung hier übernommen<br />

habe. Da war er 35, promovierter<br />

Agraringenieur, er<br />

stammt aus einer Familie, die<br />

seit Generationen in der Landwirtschaft<br />

arbeitet. Wenn auch<br />

nicht immer in Mecklenburg,<br />

wie der Familienname schon<br />

sagt. Die Toparkus waren einst<br />

in der Gegend um Königsberg zu<br />

Hause. Sie kamen als Flüchtlinge<br />

in die Region, wie viele hier.<br />

Wir für uns. Das bedeutet, dass<br />

der Gewinn ausgezahlt wird,<br />

wenn sie ihn nicht lieber doch<br />

investieren, etwa um Land zu<br />

kaufen, wie meistens in den vergangenen<br />

Jahren.<br />

Es bedeutet, dass es eine betriebliche<br />

Altersversorgung gibt<br />

und dass die großen Entscheidungen<br />

gemeinsam getroffen<br />

werden.<br />

Es scheint zu funktionieren, sogar<br />

als eine Art Familienbetrieb.<br />

Die Söhne einiger Mitarbeiter<br />

haben ihre Ausbildung hier gemacht.<br />

Und Toparkus’ Sohn hat<br />

vor, seinem Vater nachzufolgen,<br />

wenigstens im Moment. Gerade<br />

hat er Abitur gemacht.<br />

Nachwuchssorgen hat Volker<br />

Toparkus trotzdem. „Es rennen<br />

ja am liebsten alle mit Schlips<br />

rum.“<br />

Ein Mann im Arbeitsanzug betritt<br />

den Raum. „Es verabschiedet<br />

sich gerade der Computer<br />

von einem Regner. Warten wir<br />

noch oder kaufen wir gleich einen<br />

neuen“ ,fragt er.<br />

Daran, dass die Wassersprenger<br />

computergesteuert sein<br />

könnten, hatte ich nie gedacht.<br />

Dabei gilt diese Art von Steuerung<br />

für praktisch alles. Der<br />

Mähdrescher funktioniert per<br />

GPS. „Eigentlich müsste nicht<br />

mal ein Fahrer oben sitzen“, sagt<br />

Volker Toparkus. Und der<br />

Schlepperfahrer, der den Dünger<br />

ausbringt, schiebt vorher einen<br />

USB-Stick in den Rechner<br />

auf dem Fahrzeug, damit der<br />

Stickstoff dort hinkommt, wo er<br />

am meisten gebraucht wird.<br />

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