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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 213 · F reitag, 13. September 2019 17<br />
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Gesundheit<br />
Vorbeugung gegen eine tödliche Gefahr<br />
VieleKrebserkrankungen könnten durch einen gesunden Lebensstil verhindert werden<br />
Jedes Jahr sterben in Deutschland<br />
rund 220 000 Menschen<br />
an Krebs. Fast 500 000 erkranken<br />
neu daran. Es gibt eine<br />
Reihe von Risikofaktoren, die die<br />
Krebsentstehung fördern können<br />
wie Rauchen und UV-Strahlen -–und<br />
die jeder selbst beeinflussen kann.<br />
Viele Krebsfälle könnten nach Angaben<br />
der Deutschen Krebshilfe und<br />
des Deutschen Krebsforschungszentrums<br />
(DKFZ) durch einen gesunden<br />
Lebensstil verhindert werden. Ein<br />
Überblick:<br />
WASSIND<br />
DIE RISIKOFAKTOREN?<br />
Dazu gehören zum Beispiel Übergewicht,<br />
Bewegungsmangel, hoher<br />
Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung<br />
oder Rauchen. Es gibt<br />
auch krebsauslösende Krankheitserreger<br />
– etwa Viren – und Einflüsse<br />
aus der Umwelt wie chemische<br />
Substanzen oder Strahlung.<br />
Auch chronische Entzündungen<br />
sind ein Risiko. Schätzungsweise<br />
fünf bis zehn von100 Krebserkrankungen<br />
entstehen aufgrund einer<br />
vererbbaren Veranlagung.<br />
Eine wichtige Rolle bei der<br />
Krebsentstehung spielen Zufall<br />
und Zeit: Beijeder Zellteilung wird<br />
die Erbsubstanz verdoppelt und<br />
auf Tochterzellen verteilt. Dabei<br />
kann es zu Fehlern kommen. Auch<br />
beim normalen Zellstoffwechsel<br />
entstehen Stoffe, die Schäden an<br />
der Erbsubstanz verursachen. Solche<br />
Fehler und Schäden sammeln<br />
sich im Laufe des Lebens an. Mit<br />
zunehmendem Alter steigt dann<br />
das Risiko, dass einige davon zu<br />
Krebs führen.<br />
WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT<br />
BEISPIELSWEISE DASRAUCHEN?<br />
Krebsforschern zufolge sind allein<br />
dem Rauchen als wichtigster<br />
Krebsrisikofaktor in Deutschland<br />
jährlich mehr als 85 000 Krebserkrankungen<br />
zuzuschreiben. Darunter<br />
sind 46 000 Lungenkrebserkrankungen,<br />
die nach wie vor eine<br />
schlechte Prognose haben. Insgesamt<br />
ist der Tabakkonsum für etwa<br />
ein Fünftel aller Krebserkrankungen<br />
direkt verantwortlich, aber<br />
auch Herzkrankheiten, Bluthochdruck<br />
oder Schlaganfälle lassen<br />
sich häufig darauf zurückführen.<br />
WASBEWIRKT EIN<br />
RAUCHSTOPP?<br />
Nach fünf Jahren Rauchstopp sinkt<br />
auch das Risiko für Krebserkrankungen<br />
in Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre<br />
und Harnblase auf die Hälfte.<br />
Zehn Jahre danach hat ein ehemaliger<br />
Raucher ein nur noch halb so hohes<br />
Risiko für Lungenkrebs,als wenn<br />
er dauerhaft weitergepafft hätte.<br />
Auch die Risiken für Kehlkopf- und<br />
Bauchspeicheldrüsenkrebs gehen<br />
zurück.<br />
Brustkrebs<br />
Häufigste Krebserkrankung bei Frauen<br />
Lymphknoten<br />
Tumor<br />
Milchdrüsen<br />
Milchgänge<br />
Brustwarze<br />
Lymphbahnen<br />
Bösartige Tumore<br />
Zellen verbreiten<br />
sich außerhalb<br />
der Milchdrüsen<br />
und -gänge<br />
Gutartige Tumore<br />
Brustmuskel<br />
Rippenknochen<br />
Zellen dringen<br />
nicht in das<br />
umliegende<br />
Gewebe ein<br />
BLZ/GALANTY; QUELLE: HARVARD GLOBAL EQUITY INITIATIVE/NATL CANCER INSTITUTE/NATLBREAST CANCERFOUNDATION/<br />
KOMEN/MAYO CLINIC/WHO/RKI, AFP<br />
WIE VIELE KREBSERKRANKUNGEN<br />
SIND VERMEIDBAR?<br />
DKFZ-Forscher ermittelten, dass<br />
in Deutschland mindestens 37<br />
Prozent aller Krebsneuerkrankungen<br />
auf das Konto von vermeidbaren<br />
Risikofaktoren gehen. Werden<br />
zusätzlich Früherkennungsuntersuchungen<br />
etwa gegen Darmkrebs<br />
berücksichtigt, wäre sogar die<br />
Hälfte aller Krebsfälle vermeidbar.<br />
Eine Erkrankung kann freilich nie<br />
mit hundertprozentiger Sicherheit<br />
ausgeschlossen, das Risiko aber<br />
deutlich minimiertwerden.<br />
WASKANN JEDER<br />
NOCH ZUR KREBSVORBEUGUNG<br />
TUN?<br />
Experten empfehlen eine Reduzierung<br />
von Übergewicht und regelmäßige<br />
Bewegung, möglichst 30<br />
Minuten täglich. Es gibt einen Zusammenhang<br />
zwischen einem hohen<br />
Körperfettanteil und dem Risiko<br />
für mindestens elf Krebsarten,<br />
etwa für Krebs des Dick- und<br />
Enddarms, der Leber, Niere und<br />
für Brustkrebs nach den Wechseljahren.<br />
Auch der Alkoholkonsum<br />
sollte begrenzt werden. Schätzungen<br />
zufolge ist hoher Alkoholkonsum<br />
für rund zehntausend Krebsneuerkrankungen<br />
in Deutschland<br />
verantwortlich.<br />
Auf dem Speiseplan sollten<br />
häufig Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte,<br />
Gemüse und Obst stehen<br />
und wenig kalorienreiche Lebensmittel,<br />
die viel Zucker und Fett<br />
enthalten. Der Anteil an verarbeitetem<br />
Fleisch und rotem Fleisch,<br />
beispielsweise vom Rind, Schwein<br />
oder Lamm, sowie an salzhaltigen<br />
Speisen sollte gering bleiben.<br />
Auch Stillen schützt Mütter vor<br />
Brustkrebs. Hormonersatztherapien<br />
erhöhen hingegen das Risiko<br />
für bestimmte Krebserkrankungen.<br />
WELCHE GEFAHR BIRGT<br />
UV-STRAHLUNG?<br />
UV-Strahlung ist das Hauptrisiko für<br />
Hautkrebs. Jedes Jahr erkranken in<br />
Deutschland mehr als 200 000 Menschen<br />
neu an solchen Krebsformen.<br />
Wichtig ist daher der Sonnenschutz<br />
und einVerzicht auf Solarienbesuche.<br />
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GIBT ES EINEN IMPFSCHUTZ?<br />
Impfungen gegen Humane<br />
Papillomaviren (HPV), die in<br />
Deutschland für Mädchen und Jungen<br />
empfohlen sind, senken das Risiko<br />
für Gebärmutterhalskrebs sowie<br />
Mund-, Rachen- und Analkrebs.<br />
Empfohlen wirddie Impfung im Alter<br />
zwischen neun und 14 Jahren. Säuglinge<br />
ab der neunten Lebenswoche<br />
sollten zudem gegen Hepatitis B<br />
geimpft werden. Die Viren können<br />
chronische Leberentzündungen auslösen,<br />
die zu Leberkrebs führen können.<br />
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PRIV.-DOZ. DR. MED. PATRICK HUNDSDÖRFER IM GESPRÄCH<br />
Die Kinderonkologie ist sein absolutes Herzblut<br />
Das Kinderkrebszentrum im Helios Klinikum<br />
Berlin-Buch ist Teil eines zertifizierten Onkologischen<br />
Zentrums, in dem Vertreter aller an<br />
der Krebsbehandlung beteiligten Fachrichtungen<br />
zusammenarbeiten. Mit einer Vielzahl von<br />
Zentren ist das Klinikum einer der führenden<br />
Standortebei der Behandlung von Krebs. Chefarzt<br />
der Kinder- und Jugendmedizin ist Priv.-<br />
Doz. Dr. med. Patrick Hundsdörfer. Im Interview<br />
erklärt er, warum erArzt geworden ist,<br />
wie er zu Helios kam und was esmit seinen<br />
Haaren auf sich hat.<br />
Priv.-Doz. Dr.med. Patrick Hundsdörfer ist Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin imHelios Klinikum Berlin-Buch. Wegen seiner Haarpracht gaben ihm seine kleinen Patienten den Spitznamen „Dr.Locke“.<br />
Wollten Sie schon immer Kinderarzt werden?<br />
Priv.-Doz. Dr. med. Patrick Hundsdörfer:<br />
Nein, ich wollte nie Arzt werden –das war<br />
eher reiner Zufall. Ich hatte einen Studienplatz<br />
für Elektrotechnik in Aachen, bin aber am Praktikum<br />
für Fräsen, Bohren, Drehen gescheitert und<br />
habe meine Ingenieurkarriere damit beendet.<br />
Ich habe dann Physik studiert, fand das Studium<br />
aber doof. Ich habe trotzdem weiterstudiert,<br />
wollte jedoch eigentlich Krankenpfleger werden.<br />
Die Bonner Krankenpflegeschule hat mich aber<br />
nicht zugelassen, weil damals nur Mädchen angenommen<br />
wurden. Dann hat mich meine damalige<br />
Freundin zum Medizinertest mitgeschleift –<br />
sie wollte nicht alleine hingehen. Deshalb habe<br />
ich mich angemeldet und bin mit hingegangen.<br />
Und wie man es so kennt, wenn man keinen<br />
Druck hat (ich wollte schließlich nicht Medizin<br />
studieren), bekommt man immer alles ziemlich<br />
gut hin und schlussendlich war ich unter den<br />
Besten in Deutschland bei diesem Medizinertest.<br />
Naja und dann haben meine Eltern solange<br />
auf mich eingeredet, bis ich ein Medizinstudium<br />
angefangen und mich so langsam in die Medizin<br />
reingefunden habe. Aber ich wollte nie Kinderarzt<br />
werden, es sollte immer die Onkologie sein.<br />
Ich habe schon als 15-Jähriger in der Schule Referate<br />
über Rauchen, Lungenkrebs oder andere<br />
Krebserkrankungen gehalten. Das war ein häufig<br />
wiederkehrendes Thema in unserer Familie.<br />
Ich bin dann im Praktischen Jahr am Kinderspital<br />
in Zürich gelandet. Dort wurde mir bewusst,<br />
dass ich mit Kindern arbeiten will.<br />
Nach Abschluss des Studiums habe ich mich<br />
sowohl auf kinderonkologische als auch erwachsenonkologische<br />
Stellen beworben. Meine erste<br />
Stelle habe ich dann in der Kinderonkologie<br />
der Charité bekommen. Ich habe über 15 Jahre<br />
in der Kinderonkologie gearbeitet, das ist mein<br />
absolutes Herzblut. Mir macht das Spaß und<br />
ich glaube, ich komme mit den kleinen Patienten<br />
sehr gut klar. Sie merken, dass ich sie ernst<br />
nehme und dass ich Freude mit ihnen habe. Und<br />
wenn die Kinder einen mögen, dann klappt das<br />
auch mit den Eltern. Ich bin mir sicher, dass ich<br />
nur dann eine vernünftige Medizin machen kann,<br />
wenn ich mich gut mit den Kindern und den<br />
Eltern verstehe.<br />
Wie sind Sie denn zum Helios Klinikum Berlin-<br />
Buch gekommen?<br />
Ich wurde angefragt, ob ich mir eine Chefarztposition<br />
vorstellen könnte. Ich bin jetzt 48 Jahre alt.<br />
Für mich war klar, entweder entscheide ich mich<br />
in naher Zukunft nochmal für eine andere Position<br />
oder bleibe für den Rest meiner Zeit dort, wo ich<br />
bin. Und dann bekam ich die Chance auf eine Klinik,<br />
die eine große Kinderonkologie hat und die in<br />
Berlin ist –das Helios Klinikum in Berlin-Buch. Ich<br />
habe mir zunächst trotzdem nicht recht vorstellen<br />
können, zu wechseln. Die Gespräche verliefen für<br />
mich vielleicht gerade deshalb so gut, weil ich aus<br />
genau diesem Grund keinen Druck verspürte.<br />
Und dann habe ich die Klinik hier gesehen und<br />
dachte mir: Was ist das denn? Das gibt es doch<br />
nicht, das hier so eine fantastische Klinik steht mit<br />
so vielen Möglichkeiten. Ich wohne zehn Minuten<br />
entfernt und bin Kinderarzt und Kinderonkologe.<br />
Ich wusste, dass es eine Kinderklink und Kinderonkologie<br />
in Buch gibt, aber nicht das hier soein<br />
„Raumschiff“ steht. Dazu habe ich dann die Leute<br />
hier kennengelernt und meine Stimmungslage<br />
kippte. Ich konnte mir plötzlich doch vorstellen<br />
„meine“ Charité zu verlassen. Am 20.12.18 habe<br />
ich unterschrieben.<br />
NachdemSie dann unterschrieben haben, hatten<br />
Sie gewisse Erwartungen an die neue Position?<br />
Meine Erwartung ist, nicht den ganzen Tag<br />
am Schreibtisch zu sitzen. Die neuen Aufgaben<br />
lasse ich auf mich zukommen. Mein Wunsch ist<br />
es, in Zukunft eine gemeinschaftliche Versorgung<br />
der onkologischen Patienten in Berlin durch die<br />
Charité und das Helios Klinikum Berlin-Buch zu<br />
etablieren. Ich bin mir sicher, dass sowohl die<br />
Patienten als auch die Kliniken von einer engen<br />
partnerschaftlichen Zusammenarbeit enorm profitieren<br />
werden.<br />
Ich habe gehört, Sie schneiden Ihre Haare nur<br />
alle sechs Monate. Stimmt das?<br />
Manchmal auch nur einmal im Jahr ... Ich<br />
lasse sie solange wachsen, bis mich das morgendliche<br />
„Waschen, Kämmen, Legen“ ausreichend<br />
nervt. Dann kommen sie ab, so kurz wie<br />
möglich. Da bin ich ziemlich uneitel und es ist<br />
mir ziemlich egal, ob kurze oder lange Haare.<br />
Ich will auch nicht zum Friseur, denn ich mag es<br />
nicht, wenn man mir in den Haaren rumwurschtelt.<br />
Mit der Maschine auf 8oder 9mmrunter<br />
und dann ist gut. Das dauert 5Minuten. Nach<br />
so einem radikalen Haarschnitt habe ich mich<br />
beim Fahrradfahren aber auch schon vor meinem<br />
eigenen Schatten erschreckt, weil die Kopfform<br />
nach dem Schneiden soganz anders als<br />
gewohnt war.<br />
Ihre kleinen Patienten sollen ja besonders auf<br />
den Haarschnitt reagieren ...<br />
Die sind dann sauer: „Was hast du mit deinen<br />
Haaren gemacht?“ Gerade in der Onkologie<br />
spielen Haare eine große Rolle, weil unsere<br />
Patienten ihre Haare durch die Chemo verlieren<br />
und in der Regel über Monate keine Haare<br />
haben. Dass ich so einfach auf meine „schönen<br />
Locken“ verzichte, stößt daher dann auf<br />
Unverständnis. Die Kinder verlieren ihre Haare<br />
unfreiwillig und ich schneide meine Haare einfach<br />
so ab.<br />
Aber das ist ja auch ein bisschen mein Markenzeichen<br />
und es bricht manchmal das Eis,<br />
wenn man vor den Kindern steht und man so<br />
eine Mähne hat. In der Charité wurde ich von<br />
vielen Patienten „Dr. Locke“ genannt oder auch<br />
nur „der Arzt mit den Locken“ –das hatte auch<br />
nach Jahren ein hoher Wiedererkennungswert.<br />
KREBS-INFOTAG<br />
THOMAS OBERLÄNDER/HELIOS KLINIKEN<br />
Am Samstag, den 9. November sprechen<br />
Spezialisten von 9bis 15 Uhr im Helios<br />
Klinikum Berlin-Buch in Seminaren mit<br />
Interessierten über moderne Krebsmedizin.<br />
Arzt und TV-Moderator Dr. Carsten<br />
Lekutat moderiert eine Expertenrunde<br />
zur fachübergreifenden Krebsbehandlung.<br />
Interessierte können sich über die Website<br />
anmelden, aber auch spontane Teilnehmer<br />
sind herzlich willkommen:<br />
www.helios-gesundheit.de/<br />
krebs-weiter-leben