17.09.2019 Aufrufe

Die Wirtschaft Köln Ausgabe 06 / 2019

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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Sonderthema Recht & Steuern | Geld & Geschäft |<br />

Künftig besser vor Vertragsschluss: <strong>Die</strong> Honorarkalkulation<br />

die Idee des § 7 Abs. 1 HOAI, wonach sich<br />

die Parteien schriftlich und bei Vertragsschluss<br />

auf ein Honorar einigen sollen,<br />

ebenfalls weiterhin bestehen. Ferner dürfte<br />

es auch dabei bleiben, dass die Parteien<br />

sich nach der Fiktion des § 7 Abs. 5 HOAI<br />

auf den Mindestsatz geeinigt haben, sofern<br />

sie keine schriftliche Vereinbarung<br />

bei Vertragsschluss treffen.<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung des EuGH ermöglicht es<br />

jedoch nunmehr, dass die Parteien § 7 Abs.<br />

5 HOAI – auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

– wirksam ausschließen und<br />

das Honorar bei fehlender Vereinbarung<br />

jedenfalls dann nicht unmittelbar nach<br />

dem Mindestsatz nach § 7 Abs. 5 HOAI zu<br />

bestimmen ist. Einigen sich die Parteien<br />

in diesen Fällen auch nach Vertragsschluss<br />

nicht auf ein Honorar, ist die Höhe<br />

der Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB<br />

nach der taxmäßigen oder zumindest üblichen<br />

Vergütung zu bestimmen. Vor dem<br />

Hintergrund der Entscheidung des EuGH<br />

ist der Mindestsatz zwar nunmehr ungeeignet,<br />

als Taxe qualifiziert zu werden.<br />

Da der Mindestsatz aber zwangsläufig zumindest<br />

bisher die untere Grenze des Referenzrahmens<br />

einer üblichen Honorarhöhe<br />

darstellt, wäre die Höhe des üblichen<br />

Honorars jedenfalls derzeit wohl dennoch<br />

nicht unterhalb des Mindestsatzes zu bestimmen.<br />

die Ansicht vertraten, dass die Entscheidung<br />

des EuGH keine Auswirkungen auf<br />

aktuelle Verträge und Honorarprozesse habe,<br />

mehren sich nun bereits Urteile, welche<br />

die Entscheidung des EuGH dergestalt<br />

berücksichtigen, dass Art. 15 der <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie<br />

unmittelbare Wirkung<br />

entfaltet und somit auch bei sämtlichen<br />

bestehenden Verträgen (Vertragsschluss<br />

vor der Entscheidung des EuGH) bei Mindestsatzunter-<br />

bzw. Höchstsatzüberschreitung<br />

keine Honoraranpassung mehr verlangt<br />

werden kann (jüngst OLG Celle,<br />

Urteil vom 17.07.<strong>2019</strong> – 14 U 188/18). <strong>Die</strong>se<br />

Sichtweise wird auch von der Bundesarchitektenkammer<br />

geteilt und an ihre Mitglieder<br />

kommuniziert. Insoweit sind derzeit<br />

sog. „Aufstockungsklagen“ von Architekten<br />

bei Honorarvereinbarungen unterhalb<br />

der Mindestsätze mit einer Unsicherheit<br />

verbunden. Da zwischenzeitlich auch ein<br />

Oberlandesgericht – unter Zulassung der<br />

Revision – die Auffassung vertritt, dass die<br />

Bestimmungen der HOAI, auch zum Mindestpreischarakter,<br />

mangels Rückwirkung<br />

Foto: © AP – stock.adobe.com<br />

und direkter Auswirkung auf den einzelnen<br />

Unionsbürger weiterhin anwendbar<br />

sein sollen (OLG Hamm, Urteil vom<br />

23.07.<strong>2019</strong> – 21 U 24/18), kann erst die<br />

Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu<br />

den Auswirkungen der Entscheidung des<br />

EuGH für Rechtssicherheit sorgen.<br />

Ausblick in die Zukunft<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung des EuGH entkräftet<br />

zwar die Entscheidung des Gesetzgebers,<br />

Architekten und Ingenieuren eine Mindesthonorierung<br />

für ihre Leistungen zu ermöglichen.<br />

Es bekräftigt aber zugleich das<br />

vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 HOAI zum<br />

Ausdruck gebrachte Verständnis, dass die<br />

Parteien sich idealerweise vor dem Beginn<br />

der Leistungserbringung auf ein Honorar<br />

einigen sollen. Künftig liegt es – trotz des<br />

Umstandes, dass der Planer für den Fall<br />

seiner Beauftragung gemäß § 632 Abs. 2<br />

BGB in jedem Fall eine Vergütung für seine<br />

Leistungen erhält – verstärkt im Interesse<br />

von Architekten und Ingenieuren,<br />

sich auf die Honorierung ihrer Leistungen<br />

im Einzelnen bei Vertragsschluss zu einigen.<br />

Dabei dürfte es zumindest in Zeiten<br />

einer guten Baukonjunktur selten dazu<br />

kommen, dass Planer sich auf ein Honorar<br />

unterhalb der bisherigen Mindestsätze<br />

einlassen müssen. Soweit sie ihre Leistungen<br />

jedoch unterhalb des Mindestsatzes<br />

anbieten, sind sie nach Auffassung einiger<br />

Gerichte an eine derartige Vereinbarung<br />

künftig wohl gebunden. Sollte der BGH<br />

dies bestätigen, wird die Zukunft zeigen,<br />

ob eine Aufgabe der Mindest- und Höchstsätze<br />

somit insgesamt zu sinkenden oder<br />

vielmehr sogar zu steigenden Preisen führen<br />

wird. Dass es hingegen zu einem vermehrten<br />

Markteintritt von Anbietern von<br />

Architekten- und Ingenieurleistungen<br />

aus den anderen Mitgliedsstaaten mittels<br />

Preiswettbewerb kommt, darf indessen bezweifelt<br />

werden. W<br />

Fotos: Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH<br />

Auswirkungen<br />

auf vor dem Urteil<br />

geschlossene Verträge<br />

Nachdem während des Vertragsverletzungsverfahrens<br />

einzelne Gerichte noch<br />

Gastautoren: Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Jutta Wittler und Rechtsanwalt<br />

Dr. Georg Zander, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH<br />

www.diewirtschaft-koeln.de 33

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