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39<br />

Stadt & Utopie<br />

Stadt & Utopie<br />

Eine Utopie ist – so der allgemeine Sprachgebrauch – der Entwurf einer fiktiven<br />

Gesellschaftsordnung, die nicht an zeitgenössische historisch-kulturelle Rahmenbedingungen<br />

gebunden ist. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird davon ausgegangen,<br />

dass die Utopie eine zwar schöne, aber unausführbare Zukunftsvision ist. Ist<br />

also der Kompromiss der Weg zur Utopie?<br />

Text: Peter Reischer<br />

Politische Utopien, wie sie erstmals in Platons Politeia<br />

in Form der Idee eines ständisch-hierarchisch<br />

geordneten Idealstaats entworfen wurde, sind fiktive,<br />

jedoch in sich nachvollziehbare Alternativen. Bei<br />

Thomas Morus liegt Utopia nicht in der Zukunft, sondern<br />

in einer fernen Weltgegend, Robert Jungk verstand<br />

Utopien als Antrieb für soziale Erfindungen in<br />

einer wünschenswerten Zukunft. Ernst Bloch bezog<br />

die Utopie auf das „Denken nach vorn“ und dieser<br />

Wunsch nach dem „Besseren“ ist in der Menschheit<br />

tief verankert. Wenn man allerdings den Ursprung des<br />

Wortes betrachtet (altgriechisch outópos, der Nichtort<br />

oder Unort), so ist man sehr schnell beim Bauen,<br />

bei der Architektur und auch beim Städtebau angelangt.<br />

Ein kleiner Buchstabe vor dem Wort macht übrigens<br />

die Utopie zur Eutopie, dem „guten Ort“.<br />

Zu dem Themenbereich Stadt und Zukunft, auch<br />

Stadt und Utopie, ist eine der wichtigsten und auch<br />

interessantesten Veranstaltungen die „Urban Future<br />

Global Conference“. Zweimal fand sie bereits in Graz<br />

statt, 2018 in Wien und heuer wurde sie in Oslo abgehalten.<br />

Schwerpunkte waren in den letzten Jahren<br />

und natürlich heuer verstärkt der Klimawandel, seine<br />

Auswirkungen auf die Städte, die Verringerung des<br />

CO 2 Ausstoßes, Mobilität der Zukunft, Sharing-Konzepte,<br />

Steuerungsmodelle für die Stadt der Zukunft<br />

und Kollaborationen auf allen Ebenen. Dass in nicht<br />

allzu ferner Zukunft mehr als 75% der Menschheit<br />

in urbanen Gebieten leben werden, wird ja von den<br />

Medien und Forschern weltweit vorausgesagt. Man<br />

wird zwar sehen, wie weit diese Prognosen zutreffen,<br />

denn wenn man die Chaostheorie betrachtet, sind die<br />

Systeme, welche die Kriterien für derartige Prognosen<br />

liefern, derart komplex und auch sensibel, dass<br />

schon ein einziger Ausfall zum Zusammenbrechen<br />

der ganzen Theorie führen kann.<br />

Stadt und Urbanität stellen jedenfalls große Herausforderungen<br />

an unsere Architektur. Wir müssen versuchen,<br />

uns in jeder Hinsicht an die veränderten Rahmenbedingungen<br />

für das Bauen anzupassen – der<br />

Weg, der Gedanke und der Versuch, die Umwelt an<br />

uns anzupassen, ist sicherlich falsch und wird in einer<br />

Katastrophe enden. Stadt bedeutet nicht nur Neubau,<br />

Wachsen in horizontaler Richtung, sondern auch<br />

Umbau und Rekonstruktion, vertikale Verdichtung<br />

und Politik. Am Beispiel von Wien kann man Entwicklungen,<br />

in sowohl falsche wie auch richtige Richtungen,<br />

ablesen. Das zur Verfügung stellen von Bauland<br />

im Umfeld der Stadt, im sogenannten Speckgürtel ist<br />

falsch, wenn dabei nur Einfamilienhäuser entstehen.<br />

Verdichteter Wohnbau, der infrastrukturelle Kosten<br />

minimiert ist tolerierbar, nur wie lange noch? Reuse,<br />

urban mining, grüne Architektur – wie auch immer<br />

diese Schlagworte alle lauten – sind die Wege der<br />

Zukunft, wenn auch noch großteils Utopien.<br />

Die Stadt hat – aufgrund des demografischen Wandels<br />

– bei servicierten und kleinteiligen Wohnmodellen<br />

noch Aufholbedarf. Auch sollte dringend die<br />

Stellplatzverpflichtung (ein Überbleibsel aus der Zeit<br />

nach dem 2. Weltkrieg) überdacht und abgeschafft<br />

werden. Die in Wien bereits geführte Diskussion, inwieweit<br />

ein Bürgermeister für die Entwicklung einer<br />

Stadt notwendig ist, birgt (politischen) Zündstoff:<br />

Betrachtet man die Menschen einer Stadt mit ihren<br />

jeweiligen Potenzialen als ausschlaggebend für die<br />

Entwicklung, beschränkt sich nämlich die Rolle des<br />

Bürgermeisters auf die Rolle des Dirigierens. Er hätte<br />

dann nur noch die Bereiche Smart Government City,<br />

Creative City, Human City, Knowledge City, Nature<br />

City und Health City zu orchestrieren. An diesen Beispielen<br />

sieht man, dass sich Wien als Stadt bewegt<br />

– ständig, Diskussionen über Architektur, Politik und<br />

Klimawandel finden mittlerweile fast täglich statt.<br />

Die architektonische Entwicklung Wiens ist momentan<br />

von den neuen Stadtvierteln, die auf den ehemaligen<br />

Bahnhofsgeländen und in den Grüngürteln rund<br />

um Wien aus der Erde gestampft werden, dominiert.<br />

Inwieweit diese Entwicklung zu begrüßen ist, wird die<br />

Zukunft weisen. Der Spagat, den Architekten bei diesen<br />

Bauprojekten ausführen müssen, um die Schere<br />

zwischen Effektivität, Budget, lebenswertem Raum<br />

und Kreativität möglichst klein zu halten, ist allerorts<br />

sichtbar. Diese, für eine sinnvolle Architektur hinderlichen<br />

Kriterien und Rahmenbedingungen, diskreditieren<br />

leider viele der Projekte.<br />

Aber abseits dieser Großprojekte gibt es genügend<br />

sensible, kleinere, sich auch im Blockmaßstab bewegende<br />

Bauten und vor allem Sanierungen. Ein Beispiel<br />

ist das Projekt Neubaugürtel - Goldschlagstraße<br />

von den p.good Architekten.

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