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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 8 · F reitag, 10. Januar 2020 15<br />
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Berlin<br />
Problemfüße in Marzahn<br />
KATJA OSKAMP<br />
kommt gerade nicht zum Schreiben.<br />
Was für eine Schriftstellerin<br />
ungünstig ist. Sie freut sich über<br />
den Grund: Ihr aktuelles Buch ist<br />
einfach zu erfolgreich! Katja Oskamp<br />
wird oft eingeladen, daraus<br />
vorzulesen. Sie gibt Interviews.<br />
Undjeden Mittwoch und Donnerstag<br />
geht sie in den Kosmetiksalon<br />
MP20 in der Marzahner Promenade<br />
32. Die Autorin zieht es nicht<br />
zur Behandlung einer komplizierten<br />
Mischhaut so oft in den Salon,<br />
sondernweil sie dortanzweiTagen<br />
proWoche arbeitet. Das steht auch<br />
im Untertitel ihres Buches: In<br />
„Marzahn, mon amour –Geschichten<br />
einer Fusspflegerin“ erzählt sie<br />
über Kollegen und Stammkunden.<br />
Die Ausbildung zur Fußpflegerin<br />
hatte sie am 2. März 2015 begonnen,<br />
weil es mit der Schriftstellerei<br />
nicht so lief und ihr Leben<br />
nach Sinn und Struktur verlangte.<br />
Die Reaktionen auf diese berufliche<br />
Umorientierung gerieten oft<br />
mitleidig. Im Rückblick sagt Katja<br />
Oskamp heute: „Das war ein<br />
Schicksalstag.“ Und so lange, wie<br />
sie noch zu den Füßen ihrer Kunden<br />
runter und anschließend wieder<br />
hoch kommt, will sie das weitermachen.<br />
Auch wenn es jetzt mit<br />
der Schreiberei wieder besser läuft<br />
–aktuell hat sie es sich mit ihrem<br />
Buch auf dem 19. Platz der Spiegel-<br />
Bestsellerliste zwischen Peter<br />
Prange und Axel Hacke bequem gemacht.<br />
An einem Mittwoch oder Donnerstag<br />
passen bis zu neun Fußpflegetermine<br />
in Katja Oskamps Kalen-<br />
Katja Oskamp arbeitet zweimal die Woche<br />
als Fußpflegerin in Marzahn. CHRISTIAN SCHULZ<br />
von Andreas Kurtz<br />
ak@andreaskurtz.net<br />
Katja Oskamp landet<br />
mit den Geschichten aus<br />
ihrem zweiten Leben als<br />
Fußpflegerin einen Bestseller<br />
JörnKotzur in seiner Berufskleidung als<br />
Dungeon-Richter.<br />
CHRISTIAN SCHULZ<br />
der. Sie ist nicht böse, wenn es nur<br />
sechs oder sieben sind: „Dann<br />
bleibt auch Zeit für Pausen.“ Wenn<br />
Kunden sie herablassend behandeln,<br />
konzentriert sie sich stur auf<br />
die Füße: „Ich habe nichts gegen<br />
Problemfüße.Das Problem sind selten<br />
die Füße, das ist meistens der<br />
Kopf. Denen, die ich leiden kann,<br />
schaue ich auch in die Augen.“<br />
Frau Fischer,die im Buch anders<br />
heißt, kommt etwas zu früh zu ihrem<br />
10-Uhr-Termin. Das liegt an<br />
ihrer Dackeldame, die mal länger<br />
und mal kürzer für den Weg zum<br />
Salon braucht. Heute kürzer. Frauchen<br />
hat zu Hause ein signiertes<br />
Exemplar mit den Geschichten ihrer<br />
Fußpflegerin stehen. Den Stil<br />
umschreibt sie so: „<strong>Berliner</strong><br />
Schnauze“. Frau Fischer gefällt das.<br />
Seit dem Erscheinen des Buches<br />
kommen immer wieder Leser.<br />
„Auch ohne Termin und aus Ilmenau<br />
oder Nordhausen.“ Wenn<br />
Katja Oskamp dann nicht da ist,<br />
bekommen die Leser von der Chefin,<br />
die im Buch Tiffy heißt, eine<br />
Führung durch den Salon und dürfen<br />
das Buch zum Signieren dalassen.<br />
Es wird ihnen anschließend<br />
zugeschickt.<br />
Nachdem sich viele Marzahner<br />
durch die Comedy-Figur Cindy aus<br />
Marzahn nicht angemessen repräsentiert<br />
fühlten, rutscht Katja Oskamp<br />
gerade in die Rolle einer Marzahn-Botschafterin<br />
hinein: „Ich<br />
durfte schon hier und da über den<br />
Bezirk sprechen und ihm zum<br />
40. Geburtstag im Internet gratulieren.“<br />
VorWeihnachten war Katja<br />
Oskamp im Büro des CDU-Politikers<br />
Mario Czaja, um einen Stapel<br />
ihrer Bücher zu signieren, die er<br />
zum Fest verschenkte.<br />
Katja Oskamp lebt nicht in Marzahn,<br />
sondern in Friedrichshain:<br />
„Für mich ist es schön, dass ich<br />
zwischen meinen beiden Leben<br />
pendele und mich in die Straßenbahn<br />
nach Marzahn setzen kann,<br />
wenn ich von den Bio-Fuzzis die<br />
Schnauzevollhabe.“<br />
ROLF HENNIG<br />
weiß als Fahrer vom Kältebus der<br />
<strong>Berliner</strong> Stadtmission genau, wie<br />
dankbar frische Schlafsäcke bei<br />
den Obdachlosen aufgenommen<br />
werden. Er freute sichalso am Donnerstag<br />
über die Spende, die<br />
Schauspieler Jörn Kotzur, der im<br />
Berlin Dungeon den Richter spielt,<br />
an den Kältebus übergab. ImDezember<br />
waren Schlafsäcke und<br />
warme Wintersachen im Dungeon<br />
gesammelt worden, die Spender<br />
durften gratis ins Gruselkabinett<br />
an der Spandauer Straße inMitte.<br />
Barbara Breuer, Pressesprecherin<br />
der Stadtmission, lobt: „Jede<br />
Spende von Privatpersonen oder<br />
Firmen hilft.“ Wer etwas abgeben<br />
will, darf sich dazu gern animiert<br />
fühlen: „Wochentags von 8 bis<br />
18 Uhr nimmt der Pförtner der<br />
Stadtmission in der Lehrter Straße<br />
gernKleidung und Schlafsäcke an.“<br />
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