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Berliner Zeitung 10.01.2020

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 8 · F reitag, 10. Januar 2020 17<br />

· ·<br />

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Gesundheit<br />

Wenn der Hals kratzt,<br />

hilft eine heiße Milch<br />

mit Honig. Das hat<br />

Oma schon gesagt. Bei<br />

einer Erkältung tut eine Tasse heiße<br />

Zitrone gut, bei Ohrenschmerzen<br />

können Zwiebelsäckchen Abhilfe<br />

schaffen. Das Wissen über Hausmittel<br />

wird von Generation zu Generation<br />

weitergegeben. Und sie werden<br />

häufig angewandt –einer Studie von<br />

2007 zufolge in Deutschland von<br />

rund der Hälfte der Bevölkerung.<br />

Doch helfen Honig, Zwiebel und Zitrone<br />

wirklich? Sicher ist das nicht.<br />

Denn: Hausmittel und ihreWirksamkeit<br />

sind weitgehend unerforscht.<br />

Pharmafirmen nicht interessiert<br />

„Hausmittel wurden eigentlich nie<br />

richtig untersucht“, sagt Stefanie<br />

Joos,Allgemeinmedizinerin und Leiterin<br />

des Instituts für Allgemeinmedizin<br />

am Universitätsklinikum Tübingen.<br />

Dassei sehr schade,denn„es<br />

sind ja Mittel, die teilweise wirklich<br />

sehr lange Tradition haben“. Es gebe<br />

nur wenige gut gemac*hte Studien,<br />

in denen die Wirksamkeit vonHausmitteln<br />

geprüft wurde.<br />

Warumist das so?„Wenn Pharmafirmen<br />

Forschung finanzieren, dann<br />

sind die nicht an Hausmitteln interessiert.<br />

Dafür bräuchte es dann eine öffentliche<br />

Forschungsförderung“, sagt<br />

Joos. Dazu seien Hausmittel aber<br />

nicht innovativ genug. Und: Hausmittel<br />

werden oft bei einfacheren,<br />

selbstlimitierenden Erkrankungen<br />

angewendet. Da sage der Fördermittelgeber:„Na<br />

ja, so eine Erkältung ist<br />

ja jetzt nicht so wichtig.“<br />

JörgMeerpohl, Leiter des Instituts<br />

für Evidenz in der Medizin am Uniklinikum<br />

Freiburg, bestätigt das.Die<br />

Industrie habe selten Interesse<br />

daran, in Hausmittel-Forschung zu<br />

investieren. Die Mittel müssten aus<br />

Unerforschte<br />

Wohltaten<br />

Salbeitee, Wadenwickel,<br />

Hühnersuppe: Jeder kennt Hausmittel,<br />

die angeblich etwa bei Erkältung<br />

Abhilfe schaffen. Ihr Nutzen ist<br />

wissenschaftlich meist nicht bewiesen<br />

VonKatharina Redanz<br />

öffentlicher Hand kommen. DieFörderrichtlinien<br />

des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung,<br />

Geldgeber für öffentliche Forschung,<br />

im Gesundheitsforschungsprogramm<br />

sind themenoffen, heißt es.<br />

An sich könnten auch Untersuchungen<br />

zur Wirksamkeit von Hausmitteln<br />

unterstützt werden.<br />

Tatsächlich seien aber bisher<br />

keine Forschungsanträge mit direktem<br />

Bezug dazu eingereicht worden.<br />

Auch demVerband Forschender Arzneimittelhersteller<br />

ist kein Projekt<br />

bekannt, bei dem bekannte Hausmittel<br />

auf ihre Wirksamkeit untersucht<br />

werden, sagt Verbandssprecher<br />

Rolf Hömke.<br />

Dass nicht zu Hausmitteln geforscht<br />

wird, findet der Kinderarzt<br />

Meerpohl schade.„Ausakademischwissenschaftlicher<br />

Sicht würde ich<br />

mir wünschen, dass man Menschen<br />

klar sagen kann, ob ein Hausmittel<br />

zum Beispiel bei Erkältung wirkt<br />

oder nicht.“ Aus medizinischer<br />

Sicht, denkt er, ist es vielleicht weniger<br />

wichtig. Viele Leute wendeten<br />

Hausmittel an und fühlten sich damit<br />

subjektiv besser. „Ob das Hausmittel<br />

dann viel geholfen hat, nur ein<br />

bisschen, oder lediglich ein Placebo-<br />

Effekt vorliegt, ist vielleicht nicht<br />

entscheidend zu wissen.“<br />

Medizinerin Joos bedauert die<br />

fehlende Forschung. „Hausmittel<br />

werden immer ein bisschen belächelt<br />

–undankbarerweise, denn das<br />

Zwiebelsäckchen kann in Einzelfällen<br />

besser wirken als die Schmerztablette.<br />

Umhier verlässliche Empfehlungen<br />

zu geben, brauchen wir<br />

GETTY IMAGES/MOMENT RF<br />

eigentlich Studien.“ Hausmittel einzusetzen<br />

sei aus verschiedenen<br />

Gründen sinnvoll, sagt Joos. Neben<br />

der tatsächlichen Wirkung sei es gut,<br />

dass der Patient selber etwas macht:<br />

„Diese Überzeugung, ich kann auch<br />

selbst etwas für mich tun, ich muss<br />

nicht immer gleich zum Arzt gehen.“<br />

Wenn man Hausmittel zu- und<br />

vorbereite, zum Beispiel Zwiebelsäckchen<br />

gegen Ohrenschmerzen<br />

bei Kindern, komme der Aspekt<br />

hinzu, dass man jemandem Zuwendung<br />

und Zeit schenke. Das sei ein<br />

wichtiger Punkt bei einem Hausmittel.<br />

Auch Berührungen etwa bei Wadenwickeln<br />

zum Fiebersenken lösten<br />

mit Sicherheit etwas aus.<br />

Vonihr selbst durchgeführte Studien<br />

hätten ergeben, dass vor allem<br />

ältere Menschen und auch eher<br />

Frauen Hausmittel anwenden. Das<br />

liege auch daran, dass das Wissen in<br />

den älteren Generationen noch stärker<br />

vorhanden sei als in den jüngeren.<br />

Hier gehe den Umfragen zufolge<br />

dasWissen eher verloren. Diebeliebtesten<br />

Hausmittel sind der Erhebung<br />

zufolge Hühnersuppe, heiße Milch<br />

mit Honig, das Inhalieren von etwa<br />

Salzwasser oder heiße Zitrone.<br />

Relativ neu: Ingwerwasser<br />

Dass noch einmal „neue“ Hausmittel<br />

entdeckt werden, hält die Ärztin<br />

für unwahrscheinlich. „Ich glaube<br />

eher, dass durch Globalisierung und<br />

Migration Hausmittel aus anderen<br />

Kulturen dazukommen.“ In anderen<br />

Ländern gebe es teilweise ganz andere<br />

Hausmittel. So spiele die Kartoffel<br />

in den Haus-Apotheken Russlands<br />

eine große Rolle, ebenso auch<br />

der Wodka. Ingwer sei ebenfalls ein<br />

Beispiel. Vor 15 Jahren hätte niemand<br />

in Deutschland Ingwertee für<br />

die Gesundheit getrunken – heute<br />

sehe das anders aus.<br />

Auch wenn es nicht viele Studien<br />

zu Hausmitteln gibt –ein paar helfen<br />

erwiesenermaßen. „Nasenspülungen<br />

sind relativ gut untersucht, die<br />

helfen definitiv“, sagt die Medizinerin<br />

Joos. Ebenso Wadenwickel zum<br />

Fiebersenken und Honig als<br />

Schleimlöser und Hustenstiller.<br />

„Man muss ganz klar sagen: Hausmittel<br />

sind eine symptomorientierte<br />

Behandlung. Sie lindern etwa<br />

Schmerz oder Husten, tragen aber<br />

wahrscheinlich nicht dazu bei, eine<br />

Krankheit zu verkürzen.“ (dpa)<br />

Zukunft im OP-Saal<br />

Am Sana-Klinikum wird jetzt mithilfe von Augmented-Reality-Brillen operiert<br />

VonFlorian Thalmann<br />

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Mi,15. JANUAR 2020 | 18.00 Uhr<br />

Bluthochdruck<br />

Das ist der Durchbruch!<br />

Von Nabel-, Narbenund<br />

Leistenbruch<br />

Referentin:<br />

Dr. med. Katharina Paul-Promchan<br />

Chefärztin Abteilung für Allgemeinchirurgie<br />

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.<br />

Wir freuen uns auf Ihren Besuch.<br />

krankenhaus<br />

bethel berlin<br />

Promenadenstraße 3–5<br />

12207 Berlin-Lichterfelde • Telefon 030/7791- 0<br />

www.krankenhaus-bethel-berlin.de<br />

Wer sieht, was derzeit hinter den<br />

Kulissen des Lichtenberger<br />

Sana-Klinikums entsteht, fühlt sich,<br />

als sei er in die Zukunft gereist. Experten<br />

tüfteln hier an einer neuen<br />

Technologie, die Operationen bald<br />

noch sicherer machen soll. Dabei<br />

helfen futuristische Augmented-<br />

Reality-Brillen.<br />

Werdurch die Scheibe in den OP-<br />

Saal blickt und Dr. Niki Spyrantis,<br />

Oberärztin in der Klinik für Innere<br />

Medizin, beobachtet, der wundert<br />

sich: Die Medizinerin steht am Operationstisch,<br />

vor ihr liegt der Patient,<br />

der einen neuen Herzschrittmacher<br />

eingesetzt bekommen soll. Doch ihre<br />

Hände hat die Medizinerin nicht am<br />

Patienten, sonderneinen halben Meter<br />

über ihm in der Luft –hier gestikuliert<br />

sie, als würde sie einen unsichtbaren<br />

Gegenstand hin- und herschieben,<br />

drehen und ausführlich von allen<br />

Seiten begutachten. Der Grund:<br />

Spyrantis trägt eine Augmented-Reality-Brille<br />

–mithilfe des Gerätes wird<br />

eine 3D-Aufnahme vom Patienten-<br />

Herz in ihr Blickfeld projiziert. Während<br />

des Eingriffs sieht sie das Bild,<br />

das bisher auf einem separaten Monitor<br />

im OP-Saal zu sehen war, direkt<br />

vor sich, kann es drehen und von allen<br />

Seiten begutachten. Unddadurch<br />

bei der Operation präziser und sichererarbeiten.<br />

DieTechnologie ist eine Neuheit.<br />

Das amerikanische Start-Up apoQlar<br />

entwickelte die Software für die<br />

Hololens-Brillen der Firma Microsoft.<br />

Dr. med. Olaf Göing, Chefarzt<br />

der Klinik für Innere Medizin II, hat<br />

das Projekt am Sana-Klinikum initiiert.„Wir<br />

sind die erste Klinik, bei der<br />

die Technologie im Bereich Kardiologie<br />

eingesetzt wird“, sagt der Mediziner.<br />

„Wir können bei Operationen<br />

dadurch besser sehen, wo einzelne<br />

Teile des Herzens verlaufen, beispielsweise<br />

die Herzscheidewand.<br />

Denn jedes Herz ist anders –esgibt<br />

kleine und große, manche haben<br />

vielleicht eine Narbe oder sind anatomisch<br />

verzogen, weil sie schon<br />

einmal operiertworden.“<br />

Hat ein Patient beispielsweise einen<br />

Tumor,können alle anderen Bestandteile<br />

des 3D-Bildes ausgeblendet<br />

werden, sodass nur das Geschwür<br />

selbst zu sehen ist, dieses<br />

kann dann von allen Seiten begutachtet<br />

werden. „Das kann auf lange<br />

Sicht sogar aufwendige Katheteranlagen<br />

überflüssig machen“, sagt Göing.<br />

Sogar eine Fusion der einzelnen<br />

Ebenen steht in bestimmten Bereichen<br />

kurz bevor –mithilfe von Markierungspunkten<br />

könnten das echte<br />

und das digitale Herz im Blickfeld<br />

bald übereinandergelegt werden,<br />

damit wärenoch präziseres Arbeiten<br />

möglich.<br />

Eine andere Rolle spielt die Ausbildung<br />

neuer Ärzte, auch dafür sei<br />

die Technologie spannend. „Und die<br />

Vernetzung von Medizinern auf der<br />

ganzen Welt wird dadurch vereinfacht.<br />

Mankann bei einer OP jetzt einen<br />

Fachmann hinzuschalten, der in<br />

Amerika sitzt, der sonst hätte eingeflogen<br />

werden müssen. Der Kollege<br />

kann zuschauen – und dann beispielsweise<br />

sagen: Achtung, noch<br />

zwei Millimeter, dann kommt die<br />

Aorta.“ Die Zeit, die gespart wird,<br />

könne letztlich in die Arbeit mit den<br />

Patienten fließen, sagt Göing. Am<br />

Freitag und Sonnabend wird das<br />

Projekt bei einem Kardiologen-Symposium<br />

im Hotel InterContinental<br />

vorgestellt. Dann wirdeine Ärztin einem<br />

Patienten einen Schrittmacher<br />

einsetzen; was sie durch die Brille<br />

sieht, wird zum Kongress übertragen.<br />

Es ist nicht das einzige Projekt,<br />

mit dem der Chefarzt beschäftigt ist<br />

– Göing beobachtet den Gesundheitsmarkt,<br />

der sich durch die Digitalisierung<br />

im Umbruch befindet,<br />

genau. Derzeit tauscht er sich auch<br />

mit Forschern der Universität Stanford<br />

aus, esgeht um eine neue Verwendung<br />

der Apple Watch, die bisher<br />

vor allem als Fitnesstracker eingesetzt<br />

wird. Mithilfe Künstlicher Intelligenz<br />

kann die Uhr bei Patienten<br />

Vorhofflimmernerkennen.<br />

FRIEDRICHSHAINER SPRECHSTUNDE<br />

15. Januar 2020<br />

17:00 –19:00 Uhr, Raum 15.0.008<br />

Der Kniegelenkersatz<br />

Behandlungsmöglichkeiten der Arthrose des Kniegelenkes<br />

Referent<br />

Cornel Kubacki<br />

Oberarzt<br />

Sektion Orthopädie<br />

Anmeldung<br />

erforderlich!<br />

Tel. 030 -<br />

130 231306<br />

Veranstalter<br />

Dr. Markus Steinmetz<br />

Leitender Arzt der Sektion Orthopädie<br />

Abteilungfür Wirbelsäulenerkrankungen<br />

undEndoprothetik<br />

Priv.-Doz. Dr. Thomas Fuchs<br />

Chefarzt desZentrums fürMuskuloskelettale<br />

Medizin,Klinik fürOrthopädie, Unfall-,HandundWiederherstellungschirurgie<br />

Bei Rückfragen: Tel. 030 130 23 1306<br />

LandsbergerAllee 49,10249 Berlin<br />

www.vivantes.de/kfh<br />

Titelfoto: ©Monique Wüstenhagen

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